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Walden, Herwarth
Die neue Malerei — Berlin, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.26391#0007
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Der Expressionismus ist keine Mode. Er
ist eine Weltanschauung. Und zwar
eine Anschauung der Sinne, nicht der
Begriffe. Und zwar eine Anschauung der Welt,
von der die Erde ein Teil ist.

Soweit man in der Kunst zurückblicken kann,
und man kann es mindestens bis sechzigtausend
vor Christi Geburt, übersieht man in stän-
diger Wiederholung zwei Kunstabschnitte-,
den Impressionismus und den Expressionismus.
Die erste Form der Kunst ä u s s e r u n g aller
Völker ist stets der Impressionismus gewesen.
Sie ist eben eine Aeusserung, nicht eine Offen-
barung. Die Kunstäusserung entsteht aus
dem Willen zur Nachahmung äusserer Ein-
drücke und zur optischen oder akustischen Fest-
haltung innerer Eindrücke. Es fehlt also das
entscheidende Moment der Kunst: die Offen-
barung. Denn der sogenannte Wille und jeder
äussere und innere Eindruck ist an die Person
gebunden. Jede Person, auch wenn sie sich
Persönlichkeit nennt, ist ein Einzelfall. Näm-
lich ein Produkt der Geburt, der Erziehung,
der Bildung, der Umgebung, der Rasse und der
Nation. Die Aeusserungen der Person sind zu-
fällig, nämlich aus dem entstanden, was eben
der Person zufällt. Oder was ihr einfällt. Hier-
aus ergibt sich die Gemeinverständlichkeit der
impressionistischen Kunst. Viele Menschen
haben dieselben Zufallsbediingungen und kön-
nen sich daher leicht unter sich verständigen.
Nun wird aber niemand behaupten wollen, dass
 
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