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22. Anatom ifc he s Museum. ,
$• 59»
Gesezt nun, man nähme auch an, dass die allerkleinsten Venen und Saugadern
wirklich irritabel wären, wie dieser Fall gewiss im widernatürlichen Zustande eintrift, so
ist die Irritabilität bei ihnen in ganz und gar kein Verhältniss zu sezzen, mit der Irritabi-
lität der Arterien; weil die Irritabilität bei den Venen nur eine hinzugekommene Eigen-
schaft ist, die eigentlich nicht in ihnen selbst liegt. Die Arterien hingegen haben ersthch,
wie ich eben bewiesen habe, eine eigene Irritabilität, und zweitens eine, denen Venen
ähnliche, Neben-Irritabilität, die sie durch ihre Vasa vasorum erhalten; die wiederum,
weil sie bei den Arterien zahlreicher, wie bei den Venen sind, die Neben-Irritabilität der
Arterien vergrössern mussen.
§. 60.
Ich komme jezt auf die Frage: Was ist Entzündung? und wo hat sie ih-
ren Grund? Sobald durch irgend eine Ursache, sie komme von innen her, oder
sie werde von aussen beigebracht, die natürliche Irritabilität der Gefässe mehr entwikkelt
oder vielmehr vergrössert wird, so werden die Arterien dadurch auch mehr entwikkelt
und vergrössert; dasheisst, sie werden ansehnlicher und sichtbarer. Die allerkleinsten
können dadurch so gross werden, dass in sie das Blutkügelchen bequem hineintreten
kann.
Um dieses besser einzusehen, will ich nur folgende Wahrheit ins Gedächtniss brin-
gen. Es ist ein Gesez des thierischen Körpers, so lange der Mensch gesund ist, und
folglich auch alle Absonderungen gehörig geschehen, dass die Bewegung des Bluts in den
kleinsten Gefässen langsam und gleichförmig geschiehet. Dieses sezt einen Puls der Ar-
terien, dasheisst, eine Zusammenziehung und Ausdehnung der Arterien, zum voraus,
die dem Alter und dem Temperamente eines Menschen angemessen ist. Alles, was da-
her diesen gleichen Gang der Arterien stöhrt, hemmt auch die Absonderung.
Eine vermehrte Irritabilität ist die Ursache der Stöhrung der gleichen Bewegung
der Arterien. Sie kann nemlich eine Arterie aus ihrem ruhigen Gange bringen, und sie,
nach Maas der mehr oder weniger verstärkten Irritabilität, bald in eine mehr oder weni«
ger plözliche und heftige Bewegung versezzen; hiernach muss sich aber auch die Abson-
derung richten.
So lange also die Arterie ruhig schlägt, geschehen alle mögliche Arten von Abson-
derungen auch gehörig. Der schwerere Theil des Blutes wird in der Axe der Arterie be-
wegt, und gehet endlich in die Venen über. Der leichtere Theil des Bluts bewegt sich in
die Seiten-Aeste, und macht die Verschiedenheit der Absonderung aus.
 
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