Es Hegt eine Art von Tragik in dem Entschlüsse, sich
seines Lebensschatzes zu entäussern, und was einst dem Wiener-
maler der älteren Schule seine Studien galten, davon habe ich
schon gelegentlich an anderer Stelle erzählt. Und wahrhaftig,
so sehen wir auch jetzt vor unseren Blicken einen solchen, ein
langes Künstlerleben voll Fleiss und Geschick umfassenden
Studienschatz ausgebreitet, der aus aller Welt erzählt, und oft sehr
schön und poesievoll zugleich. Freilich pflegen wir heute in gar
mancher Beziehung anders zu sehen, als sich da ergibt und das
da in überraschender Fülle aus den Mappen des Altmeisters
herausquoll. Doch betrachtet nur auch, dass der, welcher all die
Dinge geschaffen hat, einst gerade so viel galt, wie heute Einer
von Euch gilt, und wer da jetzt mitleidsvoll auf diese Kunst
herabschauen wollte, der beachte gefälligst, dass das, was er vor
Augen geführt erhält, wie so viel anderes eher bestehen und
durchlebt werden musste, ehe das Bild von heute zu erscheinen
vermochte. Es handelt sich ja um nichts, als das Wörtchen
„war" oder „ist gewesen" und das was „war" und „was ge-
wesen ist", das hat auch bestanden, so gut wie heute was
besteht. Die Zeiten und ihre bestimmenden Verhältnisse sind es
ja, welche die Kunst und deren Begriffe unaufhaltsam ändern,
daher halte Einer nicht zu viel darauf, wenn er in einem an-
deren Bildungs-Intervall zu stehen glaubt, das ihn grösser als
den Anderen erscheinen lässt. Wie lange kann es dauern, so
deckt auch ihn die treibende Woge.
Jedes Kunstwerk, aus was immer für einer Culturepoche muss
angesehen werden in seiner Zeit, in seinem Raum, in seiner
sonstigen culturellen Umgebung, soll es richtig erkannt und voll-
gütig in seinem Werthe erwogen werden. Wenn ich daher die
Studien eines Georg Geyer ansehe, so muss ich mir jene Tage
ins Gedächtniss rufen, nachdem die Kunst nicht nur bei uns in
Wien, sondern überall in der Welt zur Wende des 18. in das
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seines Lebensschatzes zu entäussern, und was einst dem Wiener-
maler der älteren Schule seine Studien galten, davon habe ich
schon gelegentlich an anderer Stelle erzählt. Und wahrhaftig,
so sehen wir auch jetzt vor unseren Blicken einen solchen, ein
langes Künstlerleben voll Fleiss und Geschick umfassenden
Studienschatz ausgebreitet, der aus aller Welt erzählt, und oft sehr
schön und poesievoll zugleich. Freilich pflegen wir heute in gar
mancher Beziehung anders zu sehen, als sich da ergibt und das
da in überraschender Fülle aus den Mappen des Altmeisters
herausquoll. Doch betrachtet nur auch, dass der, welcher all die
Dinge geschaffen hat, einst gerade so viel galt, wie heute Einer
von Euch gilt, und wer da jetzt mitleidsvoll auf diese Kunst
herabschauen wollte, der beachte gefälligst, dass das, was er vor
Augen geführt erhält, wie so viel anderes eher bestehen und
durchlebt werden musste, ehe das Bild von heute zu erscheinen
vermochte. Es handelt sich ja um nichts, als das Wörtchen
„war" oder „ist gewesen" und das was „war" und „was ge-
wesen ist", das hat auch bestanden, so gut wie heute was
besteht. Die Zeiten und ihre bestimmenden Verhältnisse sind es
ja, welche die Kunst und deren Begriffe unaufhaltsam ändern,
daher halte Einer nicht zu viel darauf, wenn er in einem an-
deren Bildungs-Intervall zu stehen glaubt, das ihn grösser als
den Anderen erscheinen lässt. Wie lange kann es dauern, so
deckt auch ihn die treibende Woge.
Jedes Kunstwerk, aus was immer für einer Culturepoche muss
angesehen werden in seiner Zeit, in seinem Raum, in seiner
sonstigen culturellen Umgebung, soll es richtig erkannt und voll-
gütig in seinem Werthe erwogen werden. Wenn ich daher die
Studien eines Georg Geyer ansehe, so muss ich mir jene Tage
ins Gedächtniss rufen, nachdem die Kunst nicht nur bei uns in
Wien, sondern überall in der Welt zur Wende des 18. in das
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