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der Künstler sein stilles, behagliches Heim auf, um sich sodann im
Jahre 1866 mit Fräulein Emilie Marenzeller zu verheiraten, mit welcher
ihm eine gar liebe und treue Lebensgefährtin erwuchs, welche ihn auch
mit einem Sohne und einer Tochter beglückte. Leider traf den Künstler
in seiner letzten Lebenszeit das schwere Unglück, diesen einzigen Sohn
zu verlieren, an dem er mit der ganzen Vaterliebe hing. Die Tochter
Kratzers ist in Lemberg an den k. und k. Major von Tarangul glück-
lichst verheiratet.

Die Früchte der vielfachen Reisen erblicken wir heute ganz voll-
zählig, da sich Herr von Kratzer nur selten entschloß, eine oder die
andere seiner Studien wegzugeben. Dieselben sind ungemein fleißig und
gewissenhaft ausgeführt und bestehen zumeist aus Aquarellen, worin er auch
einen gewissen altwienerischen Zug nicht verleugnen konnte. Hie und da
sieht man den Einfluß des Thomas Ender, der als Aquarellist bekannt-
lich eine besondere Bedeutung gewonnen hatte, dagegen die Genre-
darstellungen an Valerio, Passini u. A. erinnern, während jene Studien
aus Ungarn am deutlichsten den Einfluß seines Freundes und geliebten
Vorbildes August von Pettenkofen, sogar stellenweise dessen Mit-
arbeiterschaft erkennen lassen. Die Freundschaft Pettenkofens war ja so
zu sagen sein Stolz und mit vollem Rechte, denn eine so gewandte und
konziliante Persönlichkeit Pettenkofen auch gewesen ist, so wenig zu-
gänglich war er für Annäherungen intimerer Art. Das mochte auch
Kratzer wissen, und es war daher nachgerade rührend, wahrzunehmen,
mit welcher Liebe und Verehrung er von diesem seinem illustren
Freunde zu sprechen pflegte. Wenn er seinen Besuchern all' die Skizzen
und Bilder zeigte, welche im Laufe der Zeiten in Kratzers Eigentum
übergegangen sind, so konnte man wahrnehmen, wie er dieselben als
seine kostbarsten und heiligsten Schätze bewahrte. Wohnung und Atelier
des Verstorbenen sah ich noch vor kurzer Zeit ganz intakt, so wie der
Inhaber derselben für die Ewigkeit aus diesen so lieben und behaglichen
Räumen schied. Es ist selbstverständlich, daß es sich die Witwe in
ihrer Behausung kleiner gestalten will und daher trachtet, die vorhan-
denen Sammlungen, für die bisher so reichlich Platz war, zu adstrin-
gieren. Aber nicht bloß die Arbeiten des Künstlers selbst sind es, die

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