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C. J. Wawra <Wien> [Editor]
Versteigerung einer hervorragenden Sammlung von modernen Ölgemälden und Aquarellen aus dem Besitze des Herrn Dr. Georg Albert und aus dem Nachlasse eines bekannten Wiener Sammlers: Versteigerung: Samstag den 14. März 1908 (Katalog Nr. 211) — Wien, 1908

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https://doi.org/10.11588/diglit.20762#0012
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— 8 —

Noch erwähnen wir ein kleines Aquarell desselben Meisters „Das Rendez-vous",
welches einen Bauernjungen mit seinem Mädchen darstellt.

Ein seltener Gast auf Auktionsausstellungen ist Alois Schönn, einer unserer
frühesten österreichischen Orientmaler. Er hat seine Studien an der Wiener Akademie
im Jahre 1846 unter Führ ich begonnen, doch die Ereignisse des Jahres 1848 riefen
ihn zu den Waffen. Er zog als Tiroler Schütze nach Italien und focht bei Ponte tedesco,
Lodrone und Cassano. Nach Wien zurückgekehrt, malte er als sein erstes größeres Bild:
„Heimkehr aus dem Gefechte bei Ponte tedesco", welches vielen Beifall fand und um
einen für damals bedeutsamen Betrag von dem Verein für bildende Kunst angekauft
wurde. Im Jahre 1850 begab sich Schönn nach Paris, wo er besonders Horace Vernet
studierte und viele Skizzen aus dem Pariser Volksleben vollendete. Die kaiserliche Ge-
mäldegalerie besitzt unter anderen Bildern des Meisters das in Paris vollendete Gemälde:
„Die Erstürmung des verschanzten Lagers von Lodrone am 22. Mai 1848." Nach seinem
Pariser Aufenthalte wandte er sich dem Orient zu, wo er in Syrien, Egypten, Nubien,
Arabien usw. Studien machte. Sein hier zur Versteigerung gelangendes Bild: „Der
Märchenerzähler" ist eines der vielen Resultate dieser interessanten Studienreise und
namentlich durch die warme Tiefe der Abendbeleuchtung und den stimmungsvollen
Ernst der Komposition bemerkenswert.

Schönns Freund und Studiengenosse Pettenkofen begegnen wir ebenfalls in
diesen beiden Kollektionen. „Der Markt in Szolnok", „Stallinterieur", „Strohtriften an einem
Tümpel" sind interessante Skizzen, wie sie in rascher empfindungsvoller Wiedergabe
der Natur häufig der Künstlerhand Pettenkofens entsprossen sind. Vollendeter ist
der lebenatmende weibliche Akt, eine Rückenstudie von feinem Inkarnat. Wie alle Werke
Pettenkofens werden auch die hier genannten das lebhafteste Interesse der Kunst-
kenner hervorrufen.

Der Wiener Akademieprofessor Franz Rumpier, der den Wienern durch das
reizende Genrebildchen in der kaiserlichen Gemäldegalerie „Der kleine Patient", ebenso
wie durch seine vor wenigen Jahren bei Miethke stattgehabte Kollektiv-Ausstellung
seiner Werke bestens bekannt ist, erscheint mit einem lieblichen Bildchen „Das Ange-
binde", ein junges Mädchen in einem Interieur darstellend, wie es ein Armband anlegt
und sich des Schmuckes erfreut. Wie bei Rumpler nicht anders möglich, ist das Bild
von einer delikaten malerischen Behandlung und liebenswürdigen Auffassung.

Ein kleines Bild von ähnlich feiner präziser Pinselführung ist Eduard Charle-
rn onts Atelier — Interi eur des Malers Wilhelm van de Velde, bezeichnet und datiert 1884.
Es stellt den holländischen Meister bei seiner Staffelei sitzend in Gedanken versunken dar,
das einfallende Licht belebt den farbig dunkeln Raum und die Figur des Malers. Eduards
Bruder, Hugo Charlemont, ist mit zwei allerliebsten kleinen Bildern „Teich mit Ge-
flügel" und „Geflügelhof" in anmutigster Weise bei dieser Sammlung vertreten.

Auch die Familie Blaas treffen wir auf dieser Auktion an, so den Vater, Pro-
fessor Karl von Blaas, mit einer Aquarellstudie, einem sehr hübschen Mädchenkopf mit
tief dunklem Haar, weiters seine beiden Söhne Eugen von Blaas mit einem sehr inter-
 
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