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I. Der neue Kaiser.
Doch zurück zur Frage der Adoption. Die Gewißheit, daß die
Worte der vita 4, 1 richtig sind, erfüllt uns mit Vertrauen auch ihren
andern Angaben gegenüber. Das designatus est (4, 1) verlegt den In-
halt der Stelle auf die Zeit vor dem Ausbruch des Kriegs, in das
Jahr 11392), als Traian von Rom aufbrach93). Hierher oder auch
schon 11294) gehört auch v. 4, 2: qua quidem tempestate utebatur
Hadrianus amicitia Sosi Papi et Platori Nepotis ex senatorio ordine,
ex equestri autem Attiani, tutoris quondam sui, et Liviani et Turbonis.
Der Verfasser der vita will offenbar auch diese als Beweis für die
Stellung Hadrians in der römischen Gesellschaft und für die prae-
sumptio verwenden, aber mit wenig Glück95). Favor Plotinae ist der
allein maßgebende Faktor, der ihm zu seiner Stellung verhelfen kann.
Hadrian war erst 37 Jahre alt, als er in den Partherkrieg zog. Es
gab sicher ältere Generale, trotzdem ist Hadrian in diese Stellung
gekommen. Traian aber hat es nicht getan, weil er ihm etwa die
praesumptio damit geben wollte. — Das ergibt sich zur Genüge aus
allem bisherigen. Somit hat er seine rasche Beförderung seiner Ver-
92) Dies ist die einzig mögliche Datierung, da nach v. Domaszewski 1. 1. 185
im Jahr 114 schon der erfolgreiche Feldzug in Mesopotamien den Abschluß er-
reicht hat.
93) Daher sind die Münzen mit profectio Aug. (Coh. Trai. 309 u. 310, cfr.
oben adn. 11, Gr. 1. u. 2.) ins Jahr 113 zu fixieren. Dio 68, 17, 2 wird mit Recht
von Boissevain in dies Jahr gesetzt.
94) „qua quidem tempestate" ist zu allgemein, als daß man schärfer inter-
pretieren könnte, falsch daher Kornemann p. 14, inhaltslos Schulz p. 26. Das
Exzerpt hat wahrlich eine gute Quelle.
95) Dies ist zweifellos, wenn er es auch nicht sagt, da dies ja seine Ten-
denz ist. Aber wer sind die Freunde? Sosius Papus (Pros. I. R. III, 255, n. 559)
ist unbekannt. Das 'possis cogitare excidisse quaedam et intellegi Sosium Sene-
cionem et nescio quam Papum' geht, wie mir Herr Prof. v. Domaszewski bemerkt,
nicht an, s. unten. Platorius Nepos (P. I. R. III, 43 n. 337; auf unsere Stelle
wird zurückverwiesen v. 23, 4 in summa detestatione habuit P. N., quem tanto-
pere ante dilexit, etc. cfr. 15, 2.) ist in diesen Jahren Praetorier, 119 erst Konsul,
als Freund Hadrians zusammen mit ihm. Aber 112 ist er sicher nicht sehr einfluß-
reich. Desgl. Marcius Turbo (P. I. R. II, 339 n. 179), der erst in den letzten
Tagen Traians hervortritt und von Hadrian als Freund ausgezeichnet und als
Stütze seiner Macht geehrt wird. Claudius Livianus als einziger hat schon einen
großen Namen, muß aber wesentlich älter sein. Denn auch Attian ist in seiner
hohen Stellung erst in der letzten Zeit Traians; bei diesem ist die Freundschaft
begreiflich, aber den Erfolg seiner Freundschaft lehrt d. Interpretation des Re-
liefs. Die Namen, die der Verfasser in seinen Quellen fand, hat er für seine
Beweisführung verwendet, weil die meisten in der hadrianischen Epoche hoch-
berühmte Männer waren. Der Verfasser hat daher in das vorgefundene Stück
der Quelle von seiner Kenntnis der Zeit nachher einen Scheingrund hinein inter-
pretiert. Die Güte auch dieses Satzes ist nicht geringer als die des vorher-
gehenden.
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I. Der neue Kaiser.
Doch zurück zur Frage der Adoption. Die Gewißheit, daß die
Worte der vita 4, 1 richtig sind, erfüllt uns mit Vertrauen auch ihren
andern Angaben gegenüber. Das designatus est (4, 1) verlegt den In-
halt der Stelle auf die Zeit vor dem Ausbruch des Kriegs, in das
Jahr 11392), als Traian von Rom aufbrach93). Hierher oder auch
schon 11294) gehört auch v. 4, 2: qua quidem tempestate utebatur
Hadrianus amicitia Sosi Papi et Platori Nepotis ex senatorio ordine,
ex equestri autem Attiani, tutoris quondam sui, et Liviani et Turbonis.
Der Verfasser der vita will offenbar auch diese als Beweis für die
Stellung Hadrians in der römischen Gesellschaft und für die prae-
sumptio verwenden, aber mit wenig Glück95). Favor Plotinae ist der
allein maßgebende Faktor, der ihm zu seiner Stellung verhelfen kann.
Hadrian war erst 37 Jahre alt, als er in den Partherkrieg zog. Es
gab sicher ältere Generale, trotzdem ist Hadrian in diese Stellung
gekommen. Traian aber hat es nicht getan, weil er ihm etwa die
praesumptio damit geben wollte. — Das ergibt sich zur Genüge aus
allem bisherigen. Somit hat er seine rasche Beförderung seiner Ver-
92) Dies ist die einzig mögliche Datierung, da nach v. Domaszewski 1. 1. 185
im Jahr 114 schon der erfolgreiche Feldzug in Mesopotamien den Abschluß er-
reicht hat.
93) Daher sind die Münzen mit profectio Aug. (Coh. Trai. 309 u. 310, cfr.
oben adn. 11, Gr. 1. u. 2.) ins Jahr 113 zu fixieren. Dio 68, 17, 2 wird mit Recht
von Boissevain in dies Jahr gesetzt.
94) „qua quidem tempestate" ist zu allgemein, als daß man schärfer inter-
pretieren könnte, falsch daher Kornemann p. 14, inhaltslos Schulz p. 26. Das
Exzerpt hat wahrlich eine gute Quelle.
95) Dies ist zweifellos, wenn er es auch nicht sagt, da dies ja seine Ten-
denz ist. Aber wer sind die Freunde? Sosius Papus (Pros. I. R. III, 255, n. 559)
ist unbekannt. Das 'possis cogitare excidisse quaedam et intellegi Sosium Sene-
cionem et nescio quam Papum' geht, wie mir Herr Prof. v. Domaszewski bemerkt,
nicht an, s. unten. Platorius Nepos (P. I. R. III, 43 n. 337; auf unsere Stelle
wird zurückverwiesen v. 23, 4 in summa detestatione habuit P. N., quem tanto-
pere ante dilexit, etc. cfr. 15, 2.) ist in diesen Jahren Praetorier, 119 erst Konsul,
als Freund Hadrians zusammen mit ihm. Aber 112 ist er sicher nicht sehr einfluß-
reich. Desgl. Marcius Turbo (P. I. R. II, 339 n. 179), der erst in den letzten
Tagen Traians hervortritt und von Hadrian als Freund ausgezeichnet und als
Stütze seiner Macht geehrt wird. Claudius Livianus als einziger hat schon einen
großen Namen, muß aber wesentlich älter sein. Denn auch Attian ist in seiner
hohen Stellung erst in der letzten Zeit Traians; bei diesem ist die Freundschaft
begreiflich, aber den Erfolg seiner Freundschaft lehrt d. Interpretation des Re-
liefs. Die Namen, die der Verfasser in seinen Quellen fand, hat er für seine
Beweisführung verwendet, weil die meisten in der hadrianischen Epoche hoch-
berühmte Männer waren. Der Verfasser hat daher in das vorgefundene Stück
der Quelle von seiner Kenntnis der Zeit nachher einen Scheingrund hinein inter-
pretiert. Die Güte auch dieses Satzes ist nicht geringer als die des vorher-
gehenden.