DER VEDHA IN DER VASUDEVAHINDI
Von L. Alsdorf, Hamburg
Wie ich schon in einem Aufsatz über die Sprache der Vasudevahindi1 festgestellt
habe, tritt zu den zahlreichen sprachlichen Zeugnissen für das hohe Alter dieses
Textes ein nicht minder gewichtiges, ja vielleicht noch bedeutsameres formales in
der (von den indischen Herausgebern nicht bemerkten) Verwendung des Vedha,
jenes eigentümlichen Mitteldings zwischen normalem Vers und rhythmischer Prosa2,
das wir sonst nur als schmückende Einlage in gewissen Werken des Jaina-Kanons
kennen3. Da ja der Vedha — genau wie die übrigen Metren — selbstverständlich
nicht für diese kirchlichen Texte geschaffen ist, sondern diese sich für ihre ganz
anderen Zwecke nur eines Kunstmittels der gleichzeitigen weltlichen Prosa bedienen,
so tritt uns in der Vh., der Jaina-Version der Brhatkathä, der Vedha zum ersten
Male in sozusagen originaler Verwendung entgegen; und da es sich keineswegs um
ein paar vereinzelte Stellen handelt, sondern die Vedhas der Vh. sich quantitativ
denen der klassischen Vedha-Texte des Kanons — also vor allem Samosarana und
Jinacariya — ebenbürtig an die Seite stellen, so wird eine Vorführung und Unter-
suchung dieses neuen Materials auch vom Kanon her gesehen nicht ohne Interesse,
vor allem wertvoll, ja unerläßlich aber sein für die kritische Analyse der Vh. und
deren mindesten relative Datierung.
Meine ,,Bohrversuche“ (mit Jacobi zu reden) haben bis jetzt in der Vh. rund
260 Vedhas zutage gefördert4, doch ist die wirkliche Zahl wohl noch höher, weil mir
manches entgangen sein mag und, wie sich zeigen wird, vielleicht noch manche
1 BSOSVIII (Grierson-Festschrift, 1936) S. 319ff.
2 Entdeckt und zuerst beschrieben von Jacobi: „Indische Hypermetra und hypermetrische
Texte“, Ind.Stud. 17, 389—441. Vgl. weiter außer der in der folgenden Anm. zu nennenden
Literatur: W. Schub ring, Worte Mahaviras, S. 3—5; A. C. Sen, A Critical Introduction to
the Panhävägaranäim, S. 8ff.
3 Von der vereinzelten gelehrten Verwendung bzw. Wiederbelebung in zwei mittelalterlichen
Slotras, Nandisenas Ajiyasantithaya und Sänticandras Rsabhavirastava (ed. Schubring,
Z I I 2, S. 17 8ff.) darf dabei abgesehen werden. Über dem Vedha verwandte, aber nicht damit
gleichzusetzende „Nachfolge-Metren“ im Apabhramsa vgl. meinen Aufsatz über Puspadantas
Mahäpuräna OLZ XLII (1939) S. 602f. Die von Leumann (Übersicht über die Avaäyaka-
Literatur, S. 4 a Anm.) nachgewiesenen drei Stellen in der Prosa von Jätaka 536 sind zwar in
der Tat mit ihrem von der sonstigen, und auch der unmittelbar umgebenden, Jätaka-Prosa
aufs schärfste sich abhebenden Stil erstaunlich genaue Parallelen zu den Varnakas des Jaina-
Kanons, auch sind sie durch ihre Kommentierung mit den Gäthäs auf eine Stufe gestellt; aber
ihre metrische Beschaffenheit ist so, daß man eigentlich nur mehr von Reminiszenzen an den
Vedha sprechen kann und es schwer fällt, eine vollständige, korrekte Vedha-Zeile zu finden.
4 Demgegenüber hat Jacobi Ind.Stud. 17 (weiterhin „Jac.“) aus dem Samosarana 288, aus
dem Jinacariya 109 Vedhas ausgehoben.
1 Asiatica
Von L. Alsdorf, Hamburg
Wie ich schon in einem Aufsatz über die Sprache der Vasudevahindi1 festgestellt
habe, tritt zu den zahlreichen sprachlichen Zeugnissen für das hohe Alter dieses
Textes ein nicht minder gewichtiges, ja vielleicht noch bedeutsameres formales in
der (von den indischen Herausgebern nicht bemerkten) Verwendung des Vedha,
jenes eigentümlichen Mitteldings zwischen normalem Vers und rhythmischer Prosa2,
das wir sonst nur als schmückende Einlage in gewissen Werken des Jaina-Kanons
kennen3. Da ja der Vedha — genau wie die übrigen Metren — selbstverständlich
nicht für diese kirchlichen Texte geschaffen ist, sondern diese sich für ihre ganz
anderen Zwecke nur eines Kunstmittels der gleichzeitigen weltlichen Prosa bedienen,
so tritt uns in der Vh., der Jaina-Version der Brhatkathä, der Vedha zum ersten
Male in sozusagen originaler Verwendung entgegen; und da es sich keineswegs um
ein paar vereinzelte Stellen handelt, sondern die Vedhas der Vh. sich quantitativ
denen der klassischen Vedha-Texte des Kanons — also vor allem Samosarana und
Jinacariya — ebenbürtig an die Seite stellen, so wird eine Vorführung und Unter-
suchung dieses neuen Materials auch vom Kanon her gesehen nicht ohne Interesse,
vor allem wertvoll, ja unerläßlich aber sein für die kritische Analyse der Vh. und
deren mindesten relative Datierung.
Meine ,,Bohrversuche“ (mit Jacobi zu reden) haben bis jetzt in der Vh. rund
260 Vedhas zutage gefördert4, doch ist die wirkliche Zahl wohl noch höher, weil mir
manches entgangen sein mag und, wie sich zeigen wird, vielleicht noch manche
1 BSOSVIII (Grierson-Festschrift, 1936) S. 319ff.
2 Entdeckt und zuerst beschrieben von Jacobi: „Indische Hypermetra und hypermetrische
Texte“, Ind.Stud. 17, 389—441. Vgl. weiter außer der in der folgenden Anm. zu nennenden
Literatur: W. Schub ring, Worte Mahaviras, S. 3—5; A. C. Sen, A Critical Introduction to
the Panhävägaranäim, S. 8ff.
3 Von der vereinzelten gelehrten Verwendung bzw. Wiederbelebung in zwei mittelalterlichen
Slotras, Nandisenas Ajiyasantithaya und Sänticandras Rsabhavirastava (ed. Schubring,
Z I I 2, S. 17 8ff.) darf dabei abgesehen werden. Über dem Vedha verwandte, aber nicht damit
gleichzusetzende „Nachfolge-Metren“ im Apabhramsa vgl. meinen Aufsatz über Puspadantas
Mahäpuräna OLZ XLII (1939) S. 602f. Die von Leumann (Übersicht über die Avaäyaka-
Literatur, S. 4 a Anm.) nachgewiesenen drei Stellen in der Prosa von Jätaka 536 sind zwar in
der Tat mit ihrem von der sonstigen, und auch der unmittelbar umgebenden, Jätaka-Prosa
aufs schärfste sich abhebenden Stil erstaunlich genaue Parallelen zu den Varnakas des Jaina-
Kanons, auch sind sie durch ihre Kommentierung mit den Gäthäs auf eine Stufe gestellt; aber
ihre metrische Beschaffenheit ist so, daß man eigentlich nur mehr von Reminiszenzen an den
Vedha sprechen kann und es schwer fällt, eine vollständige, korrekte Vedha-Zeile zu finden.
4 Demgegenüber hat Jacobi Ind.Stud. 17 (weiterhin „Jac.“) aus dem Samosarana 288, aus
dem Jinacariya 109 Vedhas ausgehoben.
1 Asiatica