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Schubert, Johannes [Editor]; Weller, Friedrich [Honoree]
Asiatica: Festschrift Friedrich Weller, zum 65. Geburtstag gewidmet von seinen Freunden, Kollegen und Schülern — Leipzig, 1954

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https://doi.org/10.11588/diglit.51766#0163

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NEUERE CHINESISCHE ARBEITEN
ZUR GESCHICHTE DER FRÜHEN MING-ZEIT
Von Wolfgang Franke, Hamburg
Die im Abendlande wie auch in China und Japan unternommenen Forschungen
auf dem Gebiete der chinesischen Geschichte haben sich bis in die letzten Jahrzehnte
vorwiegend auf das Altertum bis zur Han-Zeit einerseits und auf die Ch‘ing-Zeit,
insbesondere das 19. Jahrhundert, andrerseits konzentriert. Die dazwischen liegenden
Perioden von rund fünfzehnhundert Jahren haben weit weniger Beachtung gefunden.
Vor allem ist die Geschichte der Ming-Zeit (1368—1644) stark vernachlässigt worden.
Es soll hier nicht auf die Gründe dafür im einzelnen eingegangen werden, aber in
diesem Zusammenhang scheinen doch die folgenden drei Faktoren erwähnenswert:
1. Die chinesischen Gelehrten der Ch‘ing-Zeit zeigten eine große Zurückhaltung
oder vermieden sogar möglichst die Behandlung der vorangegangenen chinesischen
Ming-Dynastie aus Furcht, in einen Fall literarischer Inquisition verwickelt zu wer-
den, die zur Kienlung-Zeit ihren Höhepunkt erreichte1. Wenn auch diese Gefahr seit
dem Ende des 18. Jahrhunderts zusehends abnahm, blieb doch das verhältnismäßig
geringe Interesse chinesischer Gelehrter an der Ming-Zeit bestehen. Diese Haltung
des chinesischen Gelehrtentums beeinflußte auch die abendländischen Forscher;
denn es ist ja bekannt, daß die traditionelle chinesische Wissenschaft in der Betrach-
tungsweise der chinesischen Vergangenheit wie auch in der Wahl der bearbeiteten
Themen die abendländische Sinologie nicht unwesentlich beeinflußt hat, und auch
heute ist dieser Einfluß noch nicht restlos überwunden2.
2. Die außerordentliche Menge des vorhandenen Quellenmaterials für die Ming-
Zeit und die große Schwierigkeit, ja oft Unmöglichkeit, aller in Frage kommender
Quellen zu einem bestimmten Thema überhaupt habhaft werden zu können, ent-
mutigt verständlicherweise viele Forscher, sich überhaupt ernsthaft mit dieser Zeit
zu beschäftigen. Die für die älteren Perioden der chinesischen Geschichte noch vor-
handenen Quellen sind in ihrer Menge stark begrenzt und meist leicht zugänglich.
Das Material für die neueste Zeit ist zwar kaum weniger umfangreich als das für die
Ming-Zeit, aber es ist wesentlich leichter erreichbar und zum Teil sogar in westlichen
Sprachen geschrieben.
1 Die literarische Inquisition ist eingehend dargestellt in dem Buche von L. C. Goodrich:
The Literary Inquisition of Ch'ien Lung. Baltimore 1935.
Die in den folgenden Anmerkungen gebrauchten Abkürzungen von Zeitschriften-Titeln ent-
sprechen dem im Harvard Journal of Asiatic Studies angegebenen Schema.
2 Näheres hierüber siehe in den N achrichten der OAG No. 72, Hamburg 1952, pp. 8ff.

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