sehr verdienten Geheimen Kommerzienrats Langen,
Hedwig Langen. Aber die Zeit der Ruhe war
nur kurz, denn bereits im Jahre 1895 erging der Ruf
an Wissmann, seine bewährte Kraft abermals in
Deutschostafrika als Gouverneur im Dienst des
Reiches zu verwenden. Im wesentlichen in fried-
licher Arbeit war hier der die Araber, Inder und
Eingeborenen aufs genaueste kennende Forscher
zum Segen des Ganzen thätig. Insbesondere ist aus
der Zeit seines Gouvernements die Vorbereitung der
Hüttensteuer, einer gewaltigen tief einschneidenden
Massnahme, zu erwähnen. Die Gesundheit Wissmanns
hatte aber durch den langen, an Aufregungen reichen
Tropenaufenthalt derart gelitten, dass unser Forscher
um Enthebung von seinem Posten bitten musste.
Er wurde daher im Jahre 1896 in Genehmigung
seines Gesuches zur Disposition gestellt.
Seitdem unternahm Wissmann zum Studium
der Kolonisierung, angeregt durch sein Interesse
für die dortige Natur- und Tierwelt, Reisen nach
Sibirien und Südafrika, wie vordem schon nach Indien.
Endlich neuerdings hat der unermüdliche
Reisende in Weissenbach bei Liezen in Steiermark
ein herrliches Waldgut, vom Thal der Enns bis
hoch in die steirischen Alpen hinaufragend, er-
worben, wo er, sein Glück an der Seite seiner Gattin,
die ihm zwei Kinder schenkte, findend, in der Be-
wirtschaftung seines Besitzes und auf der Jagd Er-
holung von den Einflüssen eines fast 20 jährigen,
rauhen, zum grossen Teil in der tropischen Wildnis
verbrachten an Mühe, Arbeit und Lorbeeren über-
reichen Lebens sucht, dabei regen Anteil an den
grossen, unsere Nation bewegenden überseeischen
Fragen nehmend. Seine Teilnahme an der von ihm
selbst angeregten, den afrikanischen Wildschutz be-
treffenden Londoner Konferenz als Delegierter der
deutschen Regierung sei noch besonders erwähnt.
Von den Werken Dr. Hermann von Wissmanns
sind in erster Linie anzuführen: „Unter deutscher
Flagge quer durch Afrika“, „Im Innern Afrikas, die
Erforschung des Kassai“, „Meine zweite Durch-
querung Aequatorialafrikas“, „Afrika, Schilderungen
und Ratschläge zur Vorbereitung für den Aufenthalt
und den Dienst in den deutschen Schutzgebieten“;
schliesslich das zur Zeit erscheinende Jagdwerk: „In
den Wildnissen Afrikas und Asiens“.
Rochus Schmidt.
Gerhart Hauptmann.
(Geb. am t5. November 1862 zu Salzbrunn in Schlesien.)
(Hierzu Bildnis No. 497.)
Wie hoch man die Bedeutung Gerhart Haupt-
manns für die Entwickelung der deutschen
Litteratur auch einscbätzen mag, das steht unbedingt
fest: von den Dichtern, die aus der naturalistischen
Schule emporstrebten, ist er allein zur Vollendung
und Meisterschaft gediehen. Er ist der Klassiker
des Naturalismus.
Worin liegen nun die Vorzüge, die ihn über
mitstrebende Genossen so hoch emporgehoben haben?
Die Wesenheit des Naturalismus liegt in der un-
mittelbaren Anschauung der Natur und der objek-
tiven Wiedergabe der natürlichen Verhältnisse in
Situationen und Charakteren. Hauptmann besitzt
in der That als Künstler eine weitgehendste Objek-
tivität, eine vollkommenste Hingabe der Persönlich-
keit an die Natur und das aus der Natur zu ab-
strahierende Kunstwerk; er besitzt Seelenweite und
Seelenruhe, alles in allem das, was Schopenhauer
so schön die „Meeresstille des Gemüts“ genannt hat.
Mit solchen Eigenschaften wäre seine Seele aber
doch nicht mehr als ein kostbarer, vollkommen
ebener Spiegel, der getreulich widerspiegelte, was
er von aussen aufgenommen hat. Solch ein Spiegel
ist klar, aber kalt. Der Dichter indes hat noch das
Mitgefühl, das Mitleiden mit den von ihm erschauten
Geschöpfen. Durch dieses Mitleiden kommt er erst
zum Verständnis ihres innersten Lebens und zur
Möglichkeit, dieses Leben in seiner Eigenart vor
uns hinzustellen. Kein Künslter kann ohne jenes
Mitgefühl irgend ein Wesen vor uns stellen, so dass
wir mit ihm fühlen und es darum begreifen. Wenn
nun aber Hauptmann die Gabe hat, seine Wesen
ganz besonders deutlich und greifbar zu gestalten,
so liegt das an einer merkwürdigen und vorzüg-
lichen Zweiheit seiner künstlerischen Fähigkeit.
Neben der «»oetischen Begabung besitzt er die
plastische. Es ist kein Zufall, dass Hauptmann
zunächst wähnte, zum Bildhauer berufen zu sein
und mehrere Jahre dieser Kunst nachging. Vermöge
dieser plastischen Begabung verfällt der Dichter,
wenigstens von der Zeit seiner Reife an, niemals in
tönenden und abstrakten Wortschwall, sondern er
wirkt stets durch ein deutliches Bühnenbild eindrucks-
voll auf unsere Augen, oder — richtiger ausgedrückt
741
Hedwig Langen. Aber die Zeit der Ruhe war
nur kurz, denn bereits im Jahre 1895 erging der Ruf
an Wissmann, seine bewährte Kraft abermals in
Deutschostafrika als Gouverneur im Dienst des
Reiches zu verwenden. Im wesentlichen in fried-
licher Arbeit war hier der die Araber, Inder und
Eingeborenen aufs genaueste kennende Forscher
zum Segen des Ganzen thätig. Insbesondere ist aus
der Zeit seines Gouvernements die Vorbereitung der
Hüttensteuer, einer gewaltigen tief einschneidenden
Massnahme, zu erwähnen. Die Gesundheit Wissmanns
hatte aber durch den langen, an Aufregungen reichen
Tropenaufenthalt derart gelitten, dass unser Forscher
um Enthebung von seinem Posten bitten musste.
Er wurde daher im Jahre 1896 in Genehmigung
seines Gesuches zur Disposition gestellt.
Seitdem unternahm Wissmann zum Studium
der Kolonisierung, angeregt durch sein Interesse
für die dortige Natur- und Tierwelt, Reisen nach
Sibirien und Südafrika, wie vordem schon nach Indien.
Endlich neuerdings hat der unermüdliche
Reisende in Weissenbach bei Liezen in Steiermark
ein herrliches Waldgut, vom Thal der Enns bis
hoch in die steirischen Alpen hinaufragend, er-
worben, wo er, sein Glück an der Seite seiner Gattin,
die ihm zwei Kinder schenkte, findend, in der Be-
wirtschaftung seines Besitzes und auf der Jagd Er-
holung von den Einflüssen eines fast 20 jährigen,
rauhen, zum grossen Teil in der tropischen Wildnis
verbrachten an Mühe, Arbeit und Lorbeeren über-
reichen Lebens sucht, dabei regen Anteil an den
grossen, unsere Nation bewegenden überseeischen
Fragen nehmend. Seine Teilnahme an der von ihm
selbst angeregten, den afrikanischen Wildschutz be-
treffenden Londoner Konferenz als Delegierter der
deutschen Regierung sei noch besonders erwähnt.
Von den Werken Dr. Hermann von Wissmanns
sind in erster Linie anzuführen: „Unter deutscher
Flagge quer durch Afrika“, „Im Innern Afrikas, die
Erforschung des Kassai“, „Meine zweite Durch-
querung Aequatorialafrikas“, „Afrika, Schilderungen
und Ratschläge zur Vorbereitung für den Aufenthalt
und den Dienst in den deutschen Schutzgebieten“;
schliesslich das zur Zeit erscheinende Jagdwerk: „In
den Wildnissen Afrikas und Asiens“.
Rochus Schmidt.
Gerhart Hauptmann.
(Geb. am t5. November 1862 zu Salzbrunn in Schlesien.)
(Hierzu Bildnis No. 497.)
Wie hoch man die Bedeutung Gerhart Haupt-
manns für die Entwickelung der deutschen
Litteratur auch einscbätzen mag, das steht unbedingt
fest: von den Dichtern, die aus der naturalistischen
Schule emporstrebten, ist er allein zur Vollendung
und Meisterschaft gediehen. Er ist der Klassiker
des Naturalismus.
Worin liegen nun die Vorzüge, die ihn über
mitstrebende Genossen so hoch emporgehoben haben?
Die Wesenheit des Naturalismus liegt in der un-
mittelbaren Anschauung der Natur und der objek-
tiven Wiedergabe der natürlichen Verhältnisse in
Situationen und Charakteren. Hauptmann besitzt
in der That als Künstler eine weitgehendste Objek-
tivität, eine vollkommenste Hingabe der Persönlich-
keit an die Natur und das aus der Natur zu ab-
strahierende Kunstwerk; er besitzt Seelenweite und
Seelenruhe, alles in allem das, was Schopenhauer
so schön die „Meeresstille des Gemüts“ genannt hat.
Mit solchen Eigenschaften wäre seine Seele aber
doch nicht mehr als ein kostbarer, vollkommen
ebener Spiegel, der getreulich widerspiegelte, was
er von aussen aufgenommen hat. Solch ein Spiegel
ist klar, aber kalt. Der Dichter indes hat noch das
Mitgefühl, das Mitleiden mit den von ihm erschauten
Geschöpfen. Durch dieses Mitleiden kommt er erst
zum Verständnis ihres innersten Lebens und zur
Möglichkeit, dieses Leben in seiner Eigenart vor
uns hinzustellen. Kein Künslter kann ohne jenes
Mitgefühl irgend ein Wesen vor uns stellen, so dass
wir mit ihm fühlen und es darum begreifen. Wenn
nun aber Hauptmann die Gabe hat, seine Wesen
ganz besonders deutlich und greifbar zu gestalten,
so liegt das an einer merkwürdigen und vorzüg-
lichen Zweiheit seiner künstlerischen Fähigkeit.
Neben der «»oetischen Begabung besitzt er die
plastische. Es ist kein Zufall, dass Hauptmann
zunächst wähnte, zum Bildhauer berufen zu sein
und mehrere Jahre dieser Kunst nachging. Vermöge
dieser plastischen Begabung verfällt der Dichter,
wenigstens von der Zeit seiner Reife an, niemals in
tönenden und abstrakten Wortschwall, sondern er
wirkt stets durch ein deutliches Bühnenbild eindrucks-
voll auf unsere Augen, oder — richtiger ausgedrückt
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