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Die Werkkunst — 1.1905/​1906

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https://doi.org/10.11588/diglit.57914#0302
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VON DER STUTTGARTER KÜNSTLERKOLONIE

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wundern wird, daß gerade diesem Künst-
ler trotz seiner Jugend eine so wichtige
Mission anvertraut werden konnte. Und
man muß gleich hinzufügen, daß dies ein
glücklicher Griff war, denn inPankok ver-
einigt sich,wie sonst nur selten,jugendliche
Phantasie und überschäumende Künstler-
kraft mit zielbewußtem Ernst und red-
lichstem Streben. Vor vier Jahren ist der
gebürtige Westfale nach langen Lehr- und
Wander jahren nach der schwäbischen Re-
sidenz gekommen und hat es auf einem
Boden, der von Haus aus für künstlerische
Neuerungen wenig vorbereitet war, rasch
verstanden, gleichstrebende Genossen zu
finden, und heute steht bereits die von
ihm begründeteAnstalt Achtung gebietend
da, wetteifert in den Ateliers der Schrei-
nerei, Keramik und Metallbehandlung er-
folgreich mit manchen älteren Anstalten
und läßt für dieZukunft das Beste hoffen.—
Norddeutsche und Süddeutsche arbeiten
hier Hand in Hand, und es ist gewiß ein
glücklicher Zug der Regierung, die in
Württemberg selbst die Sache in dieHand
genommen hat, daß keine Rücksicht auf
kleinliche Kirchturmpolitik genommen
wird, sondern jeder willkommen ist, der
aufrichtig seine besten Kräfte dem Lande
widmen will.
Die StuttgarterKünstlerkolonie liebt es
nicht,mit mächtigerReklame großeSchau-
stellungen gleichsam vor den Augen von
Europa in Szene zu setzen. Wenn man
trotzdem von Zeit zu Zeit die Früchte an-
gestrengter Arbeit weiteren Kreisen vor-
zuführen veranlaßt wird, so geschieht dies
nicht einmal kombiniert, damit die Quan-
tität gar nicht mitzusprechen hätte, son-
dern getrennt, wie eben vor kurzem.
Bernhard Pankok hat eine Serie seiner
Werke in der Gemäldegalerie vor geführt,
Paul Haustein gleichzeitig im Landesge-
werbemuseum.
Der Ausstellungsort kann bei Pankok
nicht überraschen; handelt es sich doch
vorwiegend um Gemälde, die fast die ganze
Entwicklung, die der Künstler von 1892
an bis in unsere Tage genommen, vor-
führen, sowohl kraftvolle Landschafts-
bilder, als auch namentlich charakteris-
tische Porträts, denen der große Vorzug
eigen ist, daß sie auch dann zu interes-
sieren vermögen, wenn man die Darge-


stellten nicht persönlich kennt. Wir wollen
aber hier dasSchwergewichtauf dasKunst-
gewerbliche legen und daher besonders
dem Bilderrahmen unsere Aufmerksam-
keit zuwenden. In dieser Beziehung hat
Pankok imV erein mit demGaleriedirektor
und derzeitigen Tübinger Universitäts-
rektor, Professor Dr. KONRAD LANGE,
schon früher einensehr interessantenVer-
such gemacht. Der geschätzte Ästhetiker
und Kunsthistoriker Lange nämlich, der
bekanntlich nichts weniger als ein welt-
abgeschiedener Stubengelehrter ist, viel-
mehr schon bei seinem eigenen Villenbau
bewiesen hat, wie wichtig ihm der innige
Zusammenhang mit dem Kunstschaffen
der Gegenwart ist,hat mit Pankok bereits
früher den konservativenKr eisen unerhört
erscheinenden Versuch unternommen, be-
rühmte Galeriegemälde alter Meister mit
ausgesprochen modernen Rahmen zu um-
geben. Ob es als besonders glücklich be-
zeichnet werden darf, einen primitiven
Meister der Frühzeit in einen hochele-
ganten, modernen, polierten Intarsiarah-
men von Pankok zu stecken, darüber kann
man verschiedener Meinung sein; aber
Konrad Lange gab das als richtig erkannte
Prinzip nicht auf undwählte einen,von ihm
entdeckten, glänzenden Gainsborough, für
welchen Pankok einen ganz vortrefflichen
Rahmen schnitzte. Das flechtenartige Mo-
tiv, nicht unähnlich den krallenden Wellen
eines Hokusai, wirkt apart und originell
und hebt sich in vorteilhafterWeise von
den üblichen Galerierahmen ab, die be-
kanntlich nicht zu den erfreulichsten
kunstgewerblichen Objekten zählen.
Noch viel wichtiger als diese vom mu-
seumstechnischen Standpunkte bedeut-
samen Versuche ist die in einer alten
Galerie ebenfalls zum ersten Male unter-
nommene moderne Raumgestaltung, die,
wie man gleich hinzufügen muß, über-
raschend gut gelungen ist. Schon auf der
Dresdener Kunstausstellung vom Jahre
1904 hatte man Gelegenheit, in der Stutt-
garter Abteilung die Wirkung des Pankok-
schen Interieurs kennen zu lernen, die
nun hier im großen Maßstabe für die
Dauer gesichert ist; der lichtgraubraune
Ton des naturfarbenen Stoffes mit den
zarten Rankenrapporten schafftimVerein
mit dem polierten hellen Naturholz, aus
 
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