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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 6.1906/​1907

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Künstler und Unternehmer
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https://doi.org/10.11588/diglit.52068#0125
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Die Werkstatt der Kunst


sseäakleur: Hemrick Stemback.

VI. Jakrg. Helt 9. * 26. I^ov. 1906.


In cliesern ^eile unserer Leits^rttt erretten wir Zeckern Rünstier «iss freie Mort. Mir sorgen ciafür, ckas tunUckrst keinerlei
Rngrisfe auf Personen ocler Genosssnscbsften sbgeckrucki wercken, okne ckass vorker cker Angegriffene ckie Wögiickrkeit geksbt
Kälte, in ckernselben yefte zu erwidern. Oie keckaktton käit sick voiistLnÄig unpÄrteiisck unck gibt ckurckr ctsn ^bckruck keineswegs
- eine ttebereinstirnrnung niit cken auf cliese Meise vorgetragenen Meinungen ;u erkennen. - —


Rünstlsr unä ^lnternebmer.

Zu dein Streit um den Bau des Neuen Schau-
spielhauses in Berlin — der Berliner Architekt Albert
Frölich erklärt, das von der Firma Boswau 6c Knauer
errichtete „Neue Schauspielhaus" sei durchaus seine
künstlerische Arbeit; er werde sein Recht durch
einen Prozeß zu erstreiten suchen, — der als einzelner
Fall wie als Beispiel von grundsätzlicher Bedeutung
die allgemeine Beachtung beansprucht, wird der „Na-
tional-Zeitung" ein Schriftstück mitgeteilt, das ein
grelles Licht aus die Art wirft, in welcher die Bau-
unternehmer mit den ihnen verpflichteten Künstlern
„Zusammenarbeiten". Ls ist ein Vertragsformular,
das folgenden Wortlaut hat:
„Bedingungeu, unter welchen von der
Firma Boswau 6c Knauer, G. m. b. p., die
Anfertigung von Architekturaufgaben, tech-
nischen, künstlerischen und malerischen Ar-
beiten übertragen wird.
bserr erkennt an, daß das Urheber-
recht an allen von ihm für die Firma Boswau
6c Knauer ausgeführten Arbeiten, Zeichnungen,
Modellen, Lntwürfen, Teilen von Zeichnungen
oder Lntwürfen und dergleichen ausschließlich der
Firma Boswau 6c Knauer zusteht, dergestalt, daß
die Firma Boswau 6c Knauer allein als
Verfertigerin der Arbeiten gilt und aus-
schließlich berechtigt ist, die vou perrn
hergestellten Zeichnungen, Entwürfe und
dergleichen mit ihrer Firma zu versehen, sie
zu vervielfältigen und gewerblich zu verwenden.
bserr verzichtet ausdrücklich auf
die Anbringung seinesNamens oder seiner
Firma auf den von ihm gefertigten Plänen,
Lntwürfen und dergleichen.
Ls ist perrn bekannt, daß alle Ver-
handlungen, welche wegen Ausführung der oben
bezeichneten Arbeiten mit dein Bauherrn oder dessen
Vertretern oder anderen Personen zu führen sind,
ausschließlich durch die handelsgerichtlich einge-
tragenen Vertreter der Firma Boswau 6c Knauer
gezeichnet werden dürfen, sofern nicht im einzelnen
Falle bserr einen besonderen schriftlichen
Auftrag dazu erhält.
Berlin, den
Die „National-Zeitung" bemerkt dazu: „Man
traut seinen Augen nicht, wenn man diese .Bedin-
gungen' liest, wir bemerken übrigens ausdrücklich,

daß dem Architekten Frölich, von dessen Streit mit
Boswau 6c Knauer wir schon berichtet, dieser Nevers
nicht zur Unterschrift vorgelegt worden ist. Wohl
aber ist dies bei mehreren Malern und Bild-
hauern geschehen, von denen ein Teil auch tat-
sächlich unterschrieben hat! Schließlich war man dann
klug genug, mit den Namen der anderen Künstler
doch auch die dieser allzu Gefügigen in der Fest-
schrift zu nennen. Man könnte sagen, daß eine Unter-
nehmerfirma, welche so überraschendes Entgegen-
kommen findet, sich leicht berechtigt fühlen wird,
solche befremdliche Forderungen an ihre künstlerischen
Mitarbeiter zu stellen. Aber das hindert dann doch
nicht, gegen dies Vorgehen den schärfsten Protest
einzulegen. Die Künstler müßten sich zusammen-
schließen, um derartige Dinge für die Zukunft un-
möglich zu machen. Man stellt sich wohl in den Dienst
einer Firma, aber man verkauft sich ihr doch
nicht mit Namen und Künstlerehre! Und immer
wieder muß gefragt werden: wie können Unter-
nehmerfirmen — von allem anderen einmal abge-
sehen — so kurzsichtig sein, zu übersehen, daß ihnen
aus dem Bekauntwerden der Namen ihrer Mit-
arbeiter oder künstlerischen .Angestellten' nur Vor-
teil erwachsen kann? Glaubt man damit der Kon-
kurrenz seine pelfer verheimlichen zu können? Ach
du lieber Gott, als wenn die fene Namen nicht doch
mit Leichtigkeit erführe! Ober glaubt man dadurch
allen Ruhm auf .die Firma' zu häufen? welch' ein
törichter und vergeblicher Ehrgeiz! Ls ist absolut
notwendig, daß in diesen Dingen ernst und energisch
gründlicher Wandel geschaffen werde!"
Die „Vereinigung Berliner Architekten" hat sich
kürzlich mit dieser Angelegenheit beschäftigt. Ls
wurde, dem „Dresd. Anz." zufolge, eine Kundgebung
gegen den Unternehmer angeregt, der sich, ohne eine
fachwissenschaftlich-baukünstlerische Ausbildung zu be-
sitzen, der Oeffentlichkeit gegenüber als Architekt be-
zeichnet und die bei seinen Bauten mitwirkenden,
hervorragenden baukünstlerischen Kräfte zu schrift-
lichem Verzicht auf eine Namensnennung veranlaßt.
Die Besprechung führte zur Trennung dieser beiden
Fragen. Die erste wurde einstimmig durch Uebergang
zur Tagesordnung erledigt. Die zweite bleibt späterer
Beratung vorbehalten. Ls sollen durch eine Kund-
gebung die in solche Lage kommenden Architekten
zur schärferen Beachtung der Standesehre
veranlaßt werden.
 
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