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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 6.1906/​1907

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Inhalt / Arbeitskalender / Mitteilungen der Allgemeinen Deutschen Kunstgenossenschaft / Mitteilungen des Künstlerverbandes Deutscher Bildhauer
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Die Geschichte des Entwurfes zu einem Kaiser Wilhelm-Denkmal für Lübeck
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https://doi.org/10.11588/diglit.52068#0389
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Die Werkstatt der Kunst

keäaklem: fritz heUwag.

VI. Jakrg. O Heft 28. 8. )4pril 1907.

In clieseni ^eilo unserer Leiiscbi-ifl erteNsn -wir jeäern «ünstier clas freie Morl. Mir sorgen äasür, clsss tuniicksl keinerlei
Angriffe auf Personen octer Senossensciiafien sbgeäruckt wercien, okns class vorder cler Angegriffene clie Möglickkeit gekabl
kstte, in äeniselben yefle zu erwiclern. Oie ReclskUon Kali sicb voilslLnciig unparreiiscd uncl gibt clurcd clen Abclruck keineswegs
- eine rlebereinstininiung rnil clen suf ciiese Meise vorgetrsgenen Meinungen ;u erkennen. -. .

Alle Sendungen für die Redaktion
der „Werkstatt der Kunst" sind an Fritz Hellrvag in
Berlin-Iehlen-orf (Wannseebahn), Gertran--
stratze 10, zu richten.
Sprechstunden in Berlin 8FV., König-
grätzerstr. 22, im „Askanischen Hof", Dienstag und
Sonnabend Nachmittag 5—7 Uhr.
(Das Briefporto von Berlin nach Zehlendorf be-
trägt 1« j>fg., nicht 5 Pfg.)

Oie Gesckickte cles Entwurfes zu einem
Kaiser Milkelm-Denkmal für Lübeck
soll im nachstehenden der Künstlerschaft mitgeteilt
werden zur Warnung und als Mahnung, sich
nicht ohne genügende Sicherheit auf kostspielige Ver-
handlungen und Arbeiten einzulassen.
Am 22. März (89? ist gelegentlich der (Zen-
tenarfeier in Lübeck der Grundstein zu einem Denk-
mal Kaiser Wilhelms I. gelegt worden, nachdem
schon im Zahre (888 die Errichtung dieses Denk-
mals beschlossen worden war. Am 22. März sind
also zehn Jahre seit jener Grundsteinlegung ver-
stossen, und noch immer entbehrt Lübeck des Denk-
mals, das noch nicht über den Grundstein hinaus-
gekommen ist! Der Lokalwitz läßt den Fremden in
staunender Ehrfurcht vor dem Lübecker „Kaiser
Wilhelm-Denkmal" stehen, das aus einer in den
Bürgersteig auf dem Markt, in einer Ecke vor dem
Rathaus eingelassenen Steinplatte besteht, auf der
die inhaltsschweren Ziffern zu lesen sind: 22. 3. (897.
Ein schlichteres Denkmal als dieses läßt sich schwer-
lich finden; wahrhaft republikanisch einfach und an-
spruchslos, wie es einer Republik wie der freien
und Hansestadt Lübeck geziemt.
Bei der Betrachtung der Frage der Errichtung
dieses Denkmals ist man versucht, dem Lübeckischen
Staat die Devise: Zminer langsam voran! über das
Wappen zu schreiben. Ls ist doch wohl, abgesehen
von dem Denkmal für Heine, noch niemals für ein
Denkmal so lange nach einem passenden Platz gesucht
worden.
Zuerst sollte (889 nach einer Farbenskizze von
Anton von Werner ein Mosaikbild Wilhelms I.
in dem ehrwürdigen Lübecker Rathause angebracht
werden; nachdem man diesen plan hatte fallen lassen,
wurde ein Platz auf dem Markte vor dem Postamt
für ein Denkmal des großen Kaisers bestimmt, für

das Professor Volz in Karlsruhe die Modelle lieferte.
Sodann wurde auch dieser Platz und plan aufgegeben
und der Platz des jetzigen Grundsteins an einer
anderen Stelle des Marktes gewählt. Hier fand,
wie gesagt, am 22. März (89? die feierliche Grund-
steinlegung statt.
Erst danach wurde eine Konkurrenz aus-
geschrieben, an der sich 36 Künstler beteiligten;
Preisträger waren vier, darunter der Berliner Pro-
fessor Luno von Uechtritz. Zm Herbst (898 ent-
schied man sich auf den Bericht der gemeinsamen
Kommission, die im Dezember (89? neu konstituiert
war, für einen neuen Platz vor dem Burgtor. Die
neue Kommission fand den Marktplatz mit dem
Grundstein für ganz ungeeignet. Sie verhandelte
nun fünf Zahre lang bis (902 mit dem Künstler,
und man schloß mit Professor von Uechtritz am
3. August (902 einen Vertrag, der alle Einzelheiten
für die Errichtung des Denkmals nach dem gemäß
den Wünschen der Kommission abgeänderten Ent-
würfe bestimmte. Vertragschließender war der
Staat Lübeck, vertreten durch einen Senator, der
„unter Vorbehalt der verfassungsmäßigen Geneh-
migung", d. h. der Genehmigung durch Senat und
Bürgerschaft paktierte.
Als die Bürgerschaft einzelne Abänderungen
wünschte, ehe sie den Vertrag genehmigen wollte,
reichte der Künstler neue Entwürfe ein. Aber in-
zwischen war die Meinung aufgekommen, auch der
Platz vor dem Burgtor (der vierte in der Reihe der
Plätze!) sei nicht geeignet, das Denkmal müsse vor
das Holstentor kommen. Line besondere Kommission
von drei Geheimräten stellte sich auch auf diesen
Standpunkt, mit der Bemerkung, daß der letzte
Denkmalsentwurf, welcher den Kaiser im Mantel
mit Helm und Haarbusch darstellt, unverändert vor-
dem Holstentor zur Ausführung kommen könne. Die
große Kommission beschloß nunmehr dementsprechend,
ließ den Künstler nach Lübeck kommen und tätigte
mit ihm am 2ch November (903 einen neuen
Vertrag durch zwei Kommissionsmitglieder „in
besonderem Auftrage der gemeinsamen Kom-
mission für das Denkmal weiland Kaiser Wilhelms I.
in Lübeck". Dem Künstler wurde für den Fall der
endgültigen Uebertragung des Denkmals eine Ab-
findung von 3000 Mk. für seine Auslagen und
Arbeiten zur Projektierung oder eine Abfindung von
7000 Mk. versprochen, falls Senat und Bürger-
schaft die Genehmigung nicht erteilen würden.
 
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