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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 6.1906/​1907

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Rothe, Friedrich: Das neue Kunstschutzgesetz, [3]
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Die Ziele eines kleineren Kunstvereins
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https://doi.org/10.11588/diglit.52068#0503
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heft 36.

Die Werkstatt der Kunst.

andere Maßregeln da zu ersetzen, wo das Interesse
des Verletzten dies gestattet. — So sind die Exem-
plare und Vorrichtungen stets in anderer weise
als durch Vernichtung unschädlich zu machen, wenn
das möglich ist und der Eigentümer die Kosten
übernimmt. — Lerner hat der Verletzte das Recht,
zu verlangen, daß ihm an Stelle der Vernichtung
die Exemplare und Vorrichtungen gegen eine vom
Gericht festzusetzende, angemessene, höchstens dem Be-
trage der Herstellungskosten gleichkommende Ver-
gütung zugesprochen werde. — Endlich kann das
Gericht dem Eigentümer eines Sammelwerkes,
das nur zum Teil der Vernichtung unterliegen würde,
die Befugnis zusprechen, den Verletzten durch Geld
zu entschädigen und damit die Vernichtung abzu-
wenden. Voraussetzung hierfür ist aber, daß einer-
seits der Eigentümer die ausschließliche Befugnis
des Urhebers nicht vorsätzlich oder fahrlässig ver-
letzt hat, und daß ihm andererseits durch die Ver-
nichtung ein unverhältnismäßiger Schaden er-
wachsen würde.
Der Anspruch auf Vernichtung unterliegt
keiner Verjährung, kann vielmehr so lange er-
hoben werden, als die betreffenden Exemplare und
Vorrichtungen vorhanden sind. Dagegen unterliegt
der Anspruch auf Schadensersatz und die Straf-
verfolgung einer dreijährigen Verjährung,
die bei der widerrechtlichen Vervielfältigung mit ihrer
Vollendung, oder, wenn eine Verbreitung bezweckt
wird, mit dieser, im übrigen aber mit dem Tage
beginnt, an welchem die widerrechtliche Handlung
zuletzt stattgefunden hat. Erfährt also der Künstler,
wie cs häufig geschehen wird, von der Verletzung
seines Urheberrechts erst nach Ablauf von drei
Jahren, indem er dann z. B. zufällig das Buch
oder die Zeitung oder die Kopie zu Gesicht be-
kommt, so bleibt ihm nur die Möglichkeit, die Ver-
nichtung zu fordern. Anspruch auf Strafe, Buße
oder Schadensersatz sind aber erloschen.
Bei der Schwierigkeit der urheberrechtlichen
Fragen wird das Gericht in den meisten Fällen dar-
auf angewiesen sein, Sachverständige zuzuziehen. Zu
diesem Zwecke sollen in allen Bundesstaaten Sach-
verständigenkammern eingerichtet werden, die sich
aus Vertretern der verschiedenen Kunstzweige und
Verlegerkreise zusammensetzen werden. Neben ihrer
gutachtlichen Tätigkeit sind die Sachverständigen-
kammern berufen, auf Antrag der Beteiligten über
Ansprüche auf Schadensersatz und Vernichtung als
Schiedsrichter zu fungieren, eine Bestimmung, die
gewiß von den Künstlern freudig begrüßt wird.
Das Gesetz tritt mit dem s. Juli in
Kraft. Ihm unterliegen auch die früher entstan-
denen Urheberrechte, doch dürfen Vervielfältigungen,
die bisher erlaubt, nach dem neuen Gesetze aber
unzulässig sind, mit den vorhandenen Vorrichtungen,
Formen, Platten, Steinen usw. noch drei Jahre
lang hergestellt und die solchergestalt hergestellten
vertrieben werden.


Wenn wir im vorstehenden das neue Gesetz
betrachtet und eine Reihe von Hoffnungen und Be-
denken dabei zum Ausdruck gebracht haben, so sind
wir uns doch darüber klar, daß ein abschließendes
Urteil jetzt noch nicht gefällt werden darf. Wie auf
jedem Instrument gut oder schlecht gespielt werden
kann, so kommt es auch bei einem Gesetz in hervor-
ragendem Maße darauf an, ob es in der Praxis
eine verständnisvolle, dem Interesse der beteiligten
Kreise gerecht werdende Anwendung und Ausgestal-
tung findet. An dieser Ausgestaltung aber
muß auch jeder Künstler zu seinem Teile mit-
wirken, da eine gedeihliche Nechtsentwicklung nur
dann möglich ist, wenn alle beteiligten Kreise an ihr
mitarbeiten, hiervon ausgehend hat die „Allge-
meine Deutsche Kunstgenossenschaft" einen
Rechtsausschusz in Berlin gebildet, der als Zentral-
stelle für alle Fragen des künstlerischen Urheberrechts
zu dienen bestimmt ist, und dessen Aufgabe es sein
soll, die Interessen der Künstlerschaft bei der Gesetz-
gebung und der Anwendung der Gesetze geltend zu
machen. Dieser Aufgabe kann er aber nur gerecht
werden, wenn ihm ein umfangreiches Material zu
Gebote steht. Es ergeht deshalb an alle Künstler
die Bitte, die in ihrer Praxis vorkommenden urheber-
rechtlichen Fragen, insbesondere alle Verstöße gegen
das Urheberrecht und die hierüber ergehenden gericht-
lichen Entscheidungen zur Renirtnis -es Syndikus
-er B. D. G, Herrn Or. Rothe, Berlin ^V.,
Französische Straße 2ff, zu bringen.
Vie ^iele eines kleineren Kunslvereins.
Dem Katalog der Ausstellung des „Vereins für
bildende Kunst und Kunstgewerbe in Thorn" ent-
nehmen wir folgende „Einleitung", die Herrn R. Uebrick
in Thorn zum Verfasser hat. Sie dünkt uns in ihrer ziel-
bewußten Bescheidenheit vorbildlich für kleinere Kunst-
vereine, die nicht zu einer gesunden Entwicklung gelangen
können, weil sie die Grenzen ihrer Wirksamkeit überschätzen.
„Ueber Kunstvereine und ihre Wirksamkeit wird sehr
verschieden geurteilt. Neben dem Spott über Verflachung
und Veräußerlichung der Kunst durch diese Vereine erheben
sich auch gewichtige Stimmen, die gerne anerkennen, daß
die Kunstvereine unzweifelhaft dahin gewirkt haben, aus
den weitesten Kreisen ein Publikum heranzubildcn, das der
Kunst in ihren verschiedensten Richtungen lebendigen Anteil
und oft ein feines Verständnis entgegenbringt, das früher
nicht vorhanden war. Um nicht dein Spott und dein Vor-
wurf der Oberflächlichkeit zu verfallen, hüten sich viele
Kunstvereine, den heimischen künstlerischen Kräften — von
denen als selbstverständlich gilt, daß sie ininderwertig und
mittelmäßig wären — sei es durch Zulassung zu Ausstel-
lungen, fei es durch Erteilung und Beschaffung von Auf-
trägen, Unterstützung und Ansporn zu höheren Leistungen
zu gewähren. Gewiß soll es nicht Aufgabe der Kunst-
vereine fein, die Mittelmäßigkeit zu unterstützen und nach
Kleinschen Vorlagen blumenmalende Dilettantinnen als
Künstlerinnen zu verherrlichen, doch ist es ihre schöne Auf-
gabe neben der Verbreitung allgemeinen Verständnisses für
Kunst und Kunstbestrebungen, auch verborgenen, mit der
Ungunst der Verhältnisse kämpfenden künstlerischen Kräften
aufzuhelfen und ihnen die Wege für weiteres Fortkommen
zu ebnen. Wir werden daher bei unseren regelmäßig
wiederkehrenden Ausstellungen zwar stets bemüht bleiben,
hauptsächlich diejenigen anerkannten Künstler in Muster-
 
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