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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 10.1910/​1911

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Redaktioneller Teil
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Reinhold Begas
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Katsch, Hermann: Das regelmäßige Gesicht
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https://doi.org/10.11588/diglit.52067#0601
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Heft §3.

Die Werkstatt der Kunst.

593

Ter-
min
Ausstellungen
r-
8
t2.
Nov.
Einlieferung für die Ausstellung der Ver-
einigung Kölner Künstler in Köln a. Rh.
H3
t5.
Nov.
Eröffnung der Ausstellung der Vereinigung
Kölner Künstler in Köln a. Rh.
§3

Ter-
min
Ausstellungen
20.
Nov.
Schluß der Ausstellung des „Vereins der
Künstlerinnen und Kunstfreundinnen" in
Berlin, Schöneberger User 38
30.
Nov.
Schluß der „Magdeburger Kunstschau" im
Kunstverein in Magdeburg.
43

Redaktioneller Teil.

kemkolct begas
wenige Tage nach der Leier seines 80. Ge-
burtstages ist Professor Neinhold Begas ge-
storben. Bein Befinden war schon in der letzten
Zeit nicht befriedigend, besserte sich aber doch so,
daß er die vielen Ehrungen noch mit vollem Be-
wußtsein und ganzer Freude in Empfang nehmen
konnte. Es war ein letztes Aufflackern der Lebens-
kraft, die nun plötzlich erloschen ist.
Der Kaiser hatte den Jubilar zum wirklichen
Geheimen Nat mit dem Prädikat Exzellenz ernannt,
und die Kollegen stellten sich mit Gratulationen und
Ehrenurkunden zahlreich bei ihm ein. Schnell ist
jetzt der Freude die Trauer gefolgt.
Mit Begas schied eine reiche Künstlernatur und
ein großes Talent aus dem Leben. Das Fazit
seines umfangreichen künstlerischen Werkes ist vor
kurzem von allen Zeitungen und Kritikern gezogen
worden; man kann sagen, daß es allgemein mit
sympathischer Anerkennung geschah und ein bedeu-
tendes plus ergeben hat.
Begas kannte die Grenzen seiner Begabung ja
selbst sehr genau und wußte, daß ihm das Monu-
mentale, das Auslassen der Details zugunsten einer
architektonischen Gesamtwirkung oft bei der Durch-
führung nicht so gelang, wie er es beabsichtigt hatte.
Bein kaiserlicher Auftraggeber hat auf diese Be-
schränkung des Talentes vielleicht nicht immer ge-
nügend Rücksicht genommen, sondern Aufgaben ge-
stellt, die Begas nicht so lagen, eben weil sie pa-
thetische Voraussetzungen hatten, während seine
Kraft entgegengesetzt, im Ausdruck der natürlichen
Binnenfreude lag. Fast die gesamte Kunstkritik hat
die Tragik, die in solcher Ablenkung einer ganz spe-
ziellen Begabung lag, betont und gerechterweise alle
die vielen Werke rühmend hervorgehoben, die
aus freiem und echtem Begasschem Geiste geschaf-
fen waren. Alles in allem mag sich der verstor-
bene über dieses ziemlich übereinstimmende und an-
erkennende Urteil seiner Zeitgenossen gefreut haben,
wir glauben, die Nachwelt wird es noch mehr zu
seinen Gunsten revidieren. O. O. L.

Vas regelmäßige Gelickt
von Hermann Katsch.
Es ist fruchtbar und unterhaltend, einen ge-
selligen Kreis gebildeter Menschen zu veranlassen,
irgendein alltäglich gebrauchtes Wort genau auf In-
halt und Umfang zu präzisieren. Denn gerade die
alltäglich gewohnten Dinge oder Begriffe, die schein-
bar einfachsten, über die man nie nachdenkt, sind
gewöhnlich außerordentlich schwer zu definieren.
Ls hat doch wohl schon jeder einmal den Ausdruck
„ein regelmäßiges Gesicht" gelesen; wahrscheinlich
sogar öfters gebraucht. In Romanen, Polizei-
berichten, in den Negiebemerkungen der Dramatiker
begegnen wir dieser Bezeichnung. Hat aber wohl
einer der Unzähligen, die das Wort im Munde ge-
führt haben, darüber nachgedacht, was es bedeutet,
worin die Merkmale bestehen, die einem Antlitz die
Bezeichnung des Regelmäßigen verschaffen? weiß
überhaupt ein Mensch eine Regel, ein Gesetz für
ein Gesicht? Und — gleichen sich dann zwei
regelmäßige Gesichter?
Auf der Buche nach Regeln und Vorschriften
für die Proportionen eines normalen oder regel-
mäßigen oder schönen Kopfes haben die größten
Lehrer aller Zeiten ganz verschiedene Wege ein-
geschlagen. Bie gingen wohl alle von der Ansicht
aus, daß sicherlich doch ein Zahlenverhältnis zu
finden sein müsse, welches das für das Antlitz des
Menschen grundlegende sei, und durch dessen Vari-
ierung eben die unendliche Mannigfaltigkeit der Ge-
sichter erzeugt werde. Und weil ein schönes oder
regelmäßiges Antlitz eben zwar selten, aber doch
möglich sei, deshalb müsse unbedingt die für ein
solches gefundene Proportion der allen Gesichtern zu
Grunde liegenden am nächsten kommen. Ich
möchte übrigens — nebenbei bemerkt — gerne
wissen, woraus denn die Menschen die Ueberzeugung
herleiten, daß etwas von der Natur geschaffenes
mit den von den Menschen erfundenen Zahlen und
Systemen auch gemessen werden könne. Die für
den Betrieb der Erde doch so wichtige Umdrehungs-
zeit können wir nicht in unser Zahlensystem bringen,
wir müssen uns mit Schaltjahren usw. helfen; den
Umfang keines Kreises können wir messen mit
unsern Mitteln, wir können ihn nur bis auf so
und so viel Dezimalstellen ausrechnen. Und ein
Gesicht, eine menschliche Figur ist doch ganz gewiß
 
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