XIV, Heft 16.
Die Werkstatt der Kunst.
185
Recht. — Aber wenn es sich um Stellen handelt,
die Einfluß auf unser Runstleben, unser Volkstum
üben, so darf man wohl den Wunsch äußern, daß
dort Männer stehen, die fester, als es der Fremde
vermag, in unserm Volkstum wurzeln, die auch für
die wichtige norddeutsche Art ein Verständnis mit-
bringen. Von Tschudi bezweifle ich das, und es
ist ein bedenkliches Zeichen, daß sich der „blaue
Reiter", das Manifest des Expressionismus, auf ihn
berufen konnte. Von diesen Stellen ist ein Einfluß
auf unfern kunstwissenschaftlichen Nachwuchs aus-
geübt worden, den ich für verhängnisvoll halte.
Beileibe will ich nicht engherzig sein. Ich könnte
Ihnen Dutzende von Ausländern herzählen, von
Ehamisso bis Chamberlain, die ganz die Unseren ge-
worden sind, wie der Bayer Hubert Herkomer ganz
ein Engländer geworden ist. Aber sie müssen dann
eben wie diese ganz in dem Wesen der neugewähl-
ter: Nation aufgehen wollen.
Die aber, die uns fremde Art aufdrängen wol-
len, die müssen wir ablehnen. Und jetzt ist die Zeit
dazu, wir müssen das Eisen schmieden, solange
es warm ist. Das können die, die da draußen für
unser deutsches Leben bluten und verbluten, von uns
verlangen, daß wir auch im Innern, in Kultur und
Kunst, diese würdelose Liebedienerei gegen das Aus-
land mit Ernst und würde von uns weisen! —
4- -t:
(Schluß folgt).
2u Anion von Werners keiselzung.
Rede von Rud. Schulte im Hofe.
wir stehen an der Bahre eines Künstlers, der wie
selten einer die Gemüter bewegt hat. Sein Schaffen setzte
ein im großen Jahre t870 und führte ihn schnell zu Ehre
und Ruhm. Ls fiel in die Zeit eines ungeahnten Auf-
schwunges unseres Volkes, dessen innewohnende Kraft sich
durch die Einigung der bis dahin zersplitterten Stämme
zur höchsten Leistung entfaltete, die die Welt mit Staunen
und Mißgunst erfüllte. Im Gegensatz hierzu entstand in
der Kunst ein heilloser Wirrwarr. Der schnell entstandene
Reichtum hatte viele Talente zu oberflächlichem Schaffen
verführt, das billigen Ruhm brachte. Lin heilsamer Ge-
gendruck durch die Besten des Volkes setzte ein, aber das
Bestreben, der Verflachung der Kunst entgegenzuwirken,
führte zur Entfremdung von Künstlern und Volk. In dem
Glauben, eine neue, reine Kunst schaffen helfen zu können,
in dem Glauben, daß die Kunst sich entwickeln ließe wie
der Maschinenbau, entstand die Lehre von der Entwicklung
der Kunst als Richtschnur für die Künstler, und die plan-
mäßige Teilnahme des einzelnen Künstlers an dieser ver-
meintlichen Entwicklung wurde fast allgemein als Maß-
stab für seine Bewertung gemacht. Der deutsche Erbfehler,
das Fremde über das Eigene zu stellen, brachte auch hier
das Verhängnis. Nicht unsere deutschen Künstlervorfahren,
deren Werke durch die hingebende Liebe und Treue in der
Durchdringung der Aufgabe einzig unserem Fühlen wesens-
wert sind, sollten uns Richtschnur sein. Das Band, das
von ihnen zu uns führte, war zerrissen. Die aufgepfroxf-
ten Reiser trugen buntschillernde Blüten und kranke Früchte.
Art gehört zu Art. Ls lehrt auch die Geschichte, und un-
ser heutiges heiliges, schweres Ringen um deutsche Eigen-
art wird es wieder zur Geltung bringen, daß nur derjenige
Künstler etwas bedeutet und etwas wertvolles leistet, der
seine eigene ganz persönliche und eingeborene Veranlagung
in treuer, bescheidener und inbrünstiger Arbeit zur höchst-
möglichen Entfaltung brachte. Lin solcher Künstler ist
Anton von Werner, der Schöpfer der Kaiserproklamation.
In jeder großen Zeit gehen durch die Gesamtheit des
Volkes ganz einheitliche Gefühle, und es ist unter allen
Umständen auch eine Kunst vonnöten, die zum ganzer:
Volke spricht. Werner wurde dieser Aufgabe für seine Zeit
gerecht. Er hat zum Herzen jedes Landwehrmannes ge-
sprochen, und auch der Fachmann wird der Tüchtigkeit sei-
ner besten Arbeiten die Anerkennung nicht versagen kön-
nen. Der Einklang von hohem wollen und achtung-
gebietendem Können macht ihn zu der Persönlichkeit, die
das Kennzeichen seines gesamten wirkens ist, und die auch
diejenigen zur Anerkennung zwingt, die anders fühlten
wie er.
Neben seiner Betätigung als Künstler hat Anton
von Werner auch noch stets ein warmes Herz und großes Ver-
ständnis für die Nöte der ringenden Künstlerschaft gezeigt. Die
Schärfe seines Geistes ließ ihn den richtigen weg erkennen,
auf dem sie zur Geltung kommen mußte, und auf dem sie
sich zu einem Glieds des volksganzen von höchster Be-
deutung entfalten würde. Auf dem Gebiete des beruflichen
Zusammenschluffes und der gemeinsamen Vertretung der
Standesinteressen hat er Mustergültiges geleistet. Hierin
sowohl wie im Ausstellungswesen hat er bahnbrechend ge-
wirkt. Seine Ausstellungen hier sind nicht übertroffen
worden an Vielseitigkeit der Vorführungen, und nie ist
später im Auslande die deutsche Kunst in so wirkungsvoller
weise zur verdienten Anerkennung gekommen, wie unter
seiner Leitung. Ganz besonderen Dank schuldet ihm der
Verein Berliner Künstler, für dessen auf alle Berliner
Künstler gerichtete Bestrebungen er tl Jahre hindurch
wirkte und dem er in erster Linie den Bau des Künstler-
hauses ermöglicht hat. Es ist in vollem Umfange wahr,
was Anton von Werner von sich am Schluffe seines Buches
„Erlebnisse und Eindrücke t87O—t8H0" sagt, wo er von
seinem Wirken für die Künstlerschast spricht:
„Möchten sich diese Einrichtungen und Errungenschaften für -
„die Berliner Künstlerschaft in dem Sinne bewähren, in
„welchem sie beabsichtigt waren und geschaffen wurden: zur
„Stärkung des Standesbewußtseins der Künstlerschaft als
„Träger idealer Gesinnungen und zu gegenseitiger Förde-
rung auf materiellem Gebiet. — Gedanken und Ziele,
„die mir stets am Herzen lagen und für die ich allezeit
„eingetreten bin, soweit es in meinen Kräften stand."
Es ist das Schicksal solcher Persönlichkeiten, daß sie
wegen ihrer geraden Verfolgung der als richtig anerkann-
ten Ziele von vielen Seiten befehdet und gleichzeitig we-
gen des Mutes ihrer Ueberzeugungstreue von allen hoch-
geachtet werden. Das versöhnende Geschick hat Anton
von Werners Scheiden in eine große Zeit gelegt, und seine
Werke waren dem Volke niemals näher als heute. Seine
Schlacken sind in seiner reinen Leidenschaft verglüht. Deutsch-
land wird seine Künstlerpersönlichkeit, den aufrechten, streit-
baren Menschen stets in hohen Ehren halten. Ls wird
seiner gedenken, wenn es der Tage des eigenen Ruhmes
gedenkt.
Vermischter Dachrichtenteil.
- La«fenäe VreisLusIckreiden -
Düsseldorf. (Düsseldorfer Gedenkblätter für ge-
fallene Krieger.) Der Düsseldorfer Magistrat will den
Angehörigen derjenigen, die in diesem Kriege fallen, und
die zur Zeit der Mobilmachung oder der Einberufung in
Düsseldorf wohnten, ein künstlerisches Gedenkblatt widmen
und erläßt jetzt einen Wettbewerb zur Erlangung eines
Die Werkstatt der Kunst.
185
Recht. — Aber wenn es sich um Stellen handelt,
die Einfluß auf unser Runstleben, unser Volkstum
üben, so darf man wohl den Wunsch äußern, daß
dort Männer stehen, die fester, als es der Fremde
vermag, in unserm Volkstum wurzeln, die auch für
die wichtige norddeutsche Art ein Verständnis mit-
bringen. Von Tschudi bezweifle ich das, und es
ist ein bedenkliches Zeichen, daß sich der „blaue
Reiter", das Manifest des Expressionismus, auf ihn
berufen konnte. Von diesen Stellen ist ein Einfluß
auf unfern kunstwissenschaftlichen Nachwuchs aus-
geübt worden, den ich für verhängnisvoll halte.
Beileibe will ich nicht engherzig sein. Ich könnte
Ihnen Dutzende von Ausländern herzählen, von
Ehamisso bis Chamberlain, die ganz die Unseren ge-
worden sind, wie der Bayer Hubert Herkomer ganz
ein Engländer geworden ist. Aber sie müssen dann
eben wie diese ganz in dem Wesen der neugewähl-
ter: Nation aufgehen wollen.
Die aber, die uns fremde Art aufdrängen wol-
len, die müssen wir ablehnen. Und jetzt ist die Zeit
dazu, wir müssen das Eisen schmieden, solange
es warm ist. Das können die, die da draußen für
unser deutsches Leben bluten und verbluten, von uns
verlangen, daß wir auch im Innern, in Kultur und
Kunst, diese würdelose Liebedienerei gegen das Aus-
land mit Ernst und würde von uns weisen! —
4- -t:
(Schluß folgt).
2u Anion von Werners keiselzung.
Rede von Rud. Schulte im Hofe.
wir stehen an der Bahre eines Künstlers, der wie
selten einer die Gemüter bewegt hat. Sein Schaffen setzte
ein im großen Jahre t870 und führte ihn schnell zu Ehre
und Ruhm. Ls fiel in die Zeit eines ungeahnten Auf-
schwunges unseres Volkes, dessen innewohnende Kraft sich
durch die Einigung der bis dahin zersplitterten Stämme
zur höchsten Leistung entfaltete, die die Welt mit Staunen
und Mißgunst erfüllte. Im Gegensatz hierzu entstand in
der Kunst ein heilloser Wirrwarr. Der schnell entstandene
Reichtum hatte viele Talente zu oberflächlichem Schaffen
verführt, das billigen Ruhm brachte. Lin heilsamer Ge-
gendruck durch die Besten des Volkes setzte ein, aber das
Bestreben, der Verflachung der Kunst entgegenzuwirken,
führte zur Entfremdung von Künstlern und Volk. In dem
Glauben, eine neue, reine Kunst schaffen helfen zu können,
in dem Glauben, daß die Kunst sich entwickeln ließe wie
der Maschinenbau, entstand die Lehre von der Entwicklung
der Kunst als Richtschnur für die Künstler, und die plan-
mäßige Teilnahme des einzelnen Künstlers an dieser ver-
meintlichen Entwicklung wurde fast allgemein als Maß-
stab für seine Bewertung gemacht. Der deutsche Erbfehler,
das Fremde über das Eigene zu stellen, brachte auch hier
das Verhängnis. Nicht unsere deutschen Künstlervorfahren,
deren Werke durch die hingebende Liebe und Treue in der
Durchdringung der Aufgabe einzig unserem Fühlen wesens-
wert sind, sollten uns Richtschnur sein. Das Band, das
von ihnen zu uns führte, war zerrissen. Die aufgepfroxf-
ten Reiser trugen buntschillernde Blüten und kranke Früchte.
Art gehört zu Art. Ls lehrt auch die Geschichte, und un-
ser heutiges heiliges, schweres Ringen um deutsche Eigen-
art wird es wieder zur Geltung bringen, daß nur derjenige
Künstler etwas bedeutet und etwas wertvolles leistet, der
seine eigene ganz persönliche und eingeborene Veranlagung
in treuer, bescheidener und inbrünstiger Arbeit zur höchst-
möglichen Entfaltung brachte. Lin solcher Künstler ist
Anton von Werner, der Schöpfer der Kaiserproklamation.
In jeder großen Zeit gehen durch die Gesamtheit des
Volkes ganz einheitliche Gefühle, und es ist unter allen
Umständen auch eine Kunst vonnöten, die zum ganzer:
Volke spricht. Werner wurde dieser Aufgabe für seine Zeit
gerecht. Er hat zum Herzen jedes Landwehrmannes ge-
sprochen, und auch der Fachmann wird der Tüchtigkeit sei-
ner besten Arbeiten die Anerkennung nicht versagen kön-
nen. Der Einklang von hohem wollen und achtung-
gebietendem Können macht ihn zu der Persönlichkeit, die
das Kennzeichen seines gesamten wirkens ist, und die auch
diejenigen zur Anerkennung zwingt, die anders fühlten
wie er.
Neben seiner Betätigung als Künstler hat Anton
von Werner auch noch stets ein warmes Herz und großes Ver-
ständnis für die Nöte der ringenden Künstlerschaft gezeigt. Die
Schärfe seines Geistes ließ ihn den richtigen weg erkennen,
auf dem sie zur Geltung kommen mußte, und auf dem sie
sich zu einem Glieds des volksganzen von höchster Be-
deutung entfalten würde. Auf dem Gebiete des beruflichen
Zusammenschluffes und der gemeinsamen Vertretung der
Standesinteressen hat er Mustergültiges geleistet. Hierin
sowohl wie im Ausstellungswesen hat er bahnbrechend ge-
wirkt. Seine Ausstellungen hier sind nicht übertroffen
worden an Vielseitigkeit der Vorführungen, und nie ist
später im Auslande die deutsche Kunst in so wirkungsvoller
weise zur verdienten Anerkennung gekommen, wie unter
seiner Leitung. Ganz besonderen Dank schuldet ihm der
Verein Berliner Künstler, für dessen auf alle Berliner
Künstler gerichtete Bestrebungen er tl Jahre hindurch
wirkte und dem er in erster Linie den Bau des Künstler-
hauses ermöglicht hat. Es ist in vollem Umfange wahr,
was Anton von Werner von sich am Schluffe seines Buches
„Erlebnisse und Eindrücke t87O—t8H0" sagt, wo er von
seinem Wirken für die Künstlerschast spricht:
„Möchten sich diese Einrichtungen und Errungenschaften für -
„die Berliner Künstlerschaft in dem Sinne bewähren, in
„welchem sie beabsichtigt waren und geschaffen wurden: zur
„Stärkung des Standesbewußtseins der Künstlerschaft als
„Träger idealer Gesinnungen und zu gegenseitiger Förde-
rung auf materiellem Gebiet. — Gedanken und Ziele,
„die mir stets am Herzen lagen und für die ich allezeit
„eingetreten bin, soweit es in meinen Kräften stand."
Es ist das Schicksal solcher Persönlichkeiten, daß sie
wegen ihrer geraden Verfolgung der als richtig anerkann-
ten Ziele von vielen Seiten befehdet und gleichzeitig we-
gen des Mutes ihrer Ueberzeugungstreue von allen hoch-
geachtet werden. Das versöhnende Geschick hat Anton
von Werners Scheiden in eine große Zeit gelegt, und seine
Werke waren dem Volke niemals näher als heute. Seine
Schlacken sind in seiner reinen Leidenschaft verglüht. Deutsch-
land wird seine Künstlerpersönlichkeit, den aufrechten, streit-
baren Menschen stets in hohen Ehren halten. Ls wird
seiner gedenken, wenn es der Tage des eigenen Ruhmes
gedenkt.
Vermischter Dachrichtenteil.
- La«fenäe VreisLusIckreiden -
Düsseldorf. (Düsseldorfer Gedenkblätter für ge-
fallene Krieger.) Der Düsseldorfer Magistrat will den
Angehörigen derjenigen, die in diesem Kriege fallen, und
die zur Zeit der Mobilmachung oder der Einberufung in
Düsseldorf wohnten, ein künstlerisches Gedenkblatt widmen
und erläßt jetzt einen Wettbewerb zur Erlangung eines