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Wetterer, Anton
Das Bruchsaler Schloß: seine Baugeschichte und seine Kunst : zur Zweihundertjahrfeier der Grundsteinlegung 1922 herausgegeben — Karlsruhe i. B.: C. F. Müllersche Hofbuchhandlung m.b.H., 1927

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https://doi.org/10.11588/diglit.53759#0108
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Der Schloßgarten wurde 1724 vou einem Wiener Gartenkünstler, Johann
Franz Scheer, parkartig angelegt. Zwischen 1728 und 1735 wurde er um das
Doppelte verlängert bis zu dem heutigen Abschluß gegen Westen, wo ehemals
die Dragonerkaserne und Hundezwinger waren. Wie Schönborn, so wandte
auch Hutten dem Schloßpark sorgfältige Pflege zu, für den er den Hofgärtner
Sikora und nachher Josef Schedloch bestellte. Sie nahmen die Natur nach
französischer Sitte unter die Baumschere und das Richtmaß. Alles war in geo-
metrische Flüchen aufgeteilt und mit Spielereien im Geschmack des Rokoko ge-
schmückt. Damals erhielt der Garten auch die monumentalen zwölf Figuren:
vier Hellebardiere, die vier Elemente : Wasser, Feuer, Luft, Erde uud die vier
Jahreszeiten (Abb. S. 96, 97, 100, 101 u. 103). Im Jahre 1759 hat Bildhauer
Johann Günther zwei Hellebardiere um 450 Gulden hergestellt. Ans stilistischen
Gründen müssen ihm auch die zwei anderen zugeschrieben werden. Die übrigen
acht Figuren sind aller Wahrscheinlichkeit nach ebenfalls Schöpfungen aus
Günthers Werkstätte. Da die Originale der vier Jahreszeiten in den Besitz
des Grafen Bismarck auf Lilienhof bei Ihringen gekommen waren, wurden
anläßlich der Schloßrenovation Kopien von Weltring hergestellt. Die acht
übrigen Originalfiguren hat das Domänenärar 1898 von den Traitteurschen
Erben aus dem Salinengarteu zurückerworben und an die alte Stelle gebracht.
Unter Stirum hat der Garten die strengen Linien verloren und wurde zu einer
„Anglaise", an welche die Baumanlagen heute noch erinnern.
Unter Hutten wurde die Wasserburg (Reservoir, Reserve) nach Plänen
von Leonhard Stahl gebaut und darüber ein einstöckiges Gebäude mit Gitter-
balkon um 1750, heute zweistöckig ausgebaut, seit 1888 im Besitze der Stadt.
Aus dem Wasserbehälter wurde der Residenz durch Röhrenleitung das Wasser
Zugeführt.
In nächster Nähe steht das Belvedere, 1756 von Leonhard Stahl erbaut,
das einer herrlichen Aussicht gegen die Stadt und die Ebene und anderseits als
Schießhaus diente- Der Bauüberschlag belief sich auf 2100 Gulden. (Abb. S. 105.)
In der von Hutten am Fuße des Steinsberges durch Abgrabungen ange-
legten Huttenstraße wurde 1750—1756 die Kaserne für das hochstiftliche
Kreiskontingent durch Stahl, Vater und Sohn, nach einem von Neumann
approbierten Plane erbaut; dient heute als Landesgefängnis.
Ein ansehnlicher dreistöckiger Bau ist die 1753 nach Plänen von Leonhard
Stahl errichtete Tabakfabrik, wurde 1776 von Hauptmann Schwartz in eine
Kaserne umgebaut und dabei der östliche Toreingang vermauert, heute Wilderich-
straße 7.
Ein Denkmal der Bautätigkeit unter Hutten ist endlich das noch stehende
Salinengebäude. Schönborn hat in Bruchsal 1721 eiue „Salzpfanne" gebaut,
deren Betrieb jedoch 1734 ins Stocken geriet. Hutten begann 1746 alle Salz-
quellen in und um Bruchsal zu sammeln und auszubeuten. Am 25. Juni 1748
legte Hutten den Grundstein zum Gebäude, das so rasch erstand, daß am 12. Juni
1749 der Betrieb beginnen konnte. Im Jahre 1761 lieferte das Werk 7570 Malter
 
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