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Wetterer, Anton
Das Bruchsaler Schloß: seine Baugeschichte und seine Kunst : zur Zweihundertjahrfeier der Grundsteinlegung 1922 herausgegeben — Karlsruhe i. B.: C. F. Müllersche Hofbuchhandlung m.b.H., 1927

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https://doi.org/10.11588/diglit.53759#0112
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Anfangs März 1799 kamen die Franzosen abermals über den Rhein. Wil-
derich ergriff die Flucht, von der er eist am 10. Juni 1801 wieder zurückkam.
Der Reichstag bestätigte den von Kaiser Franz am 9. Februar 1801 ge-
schlossenen Frieden von Luneville und setzte eine „Deputation" ein, um die
Friedensbedingungen durchzuführen, namentlich die tief in die bisherige Ord-
nung eingreifende Säkularisation der geistlichen Reichsstände. Das rechtsrheinische
Hochstift Speier mit seinen Konneren, dem Domkapitel und dem Ritterstift fiel
als Fürstentum Bruchsal an Baden, das am 1. Dezember 1802 die Verwaltung
übernahm. Das Bruchsaler Residenzschloß war uun Eigeutum des badischen
Ärars.
V. Anter badischer Herrschaft.
Der als Reichsfürst depositierte Bischof behielt persönlich die Fürstenwürde
vom Reich garantiert und hatte von Baden eine angemessene Sustentation und
Wohnung anzusprechen. Die südliche Hälfte des Bruchsaler Schlosses blieb zu
seiner Verfügung, ebenso das Schlößchen in Waghäusel, wo er nieisteus weilte.
Der nördliche Teil des Schlosses in Bruchsal wurde zum Witwensitz der Mark-
gräfin Amalie bestimmt, die 1803 ihren Hofhalt hier nahm. Doch beschränkte
sich ihr hiesiger Aufenthalt, wenigstens später, nur auf einige Monate im Sommer.
Zu ihrem Hofe hier gehörte auch ein „Hofdiakon", zu dessen Gottesdienst die
Einrichtung einer Kapelle nötig fiel. Dazu wurde das ehemalige Marschallamts-
zimmer rechter Hand beim Ausgang in den Hofgarten bestimmt, das etwa
100 Personen faßte. Die Fürstin war damit zufrieden, nicht aber Hofdiakon
Bommer. Infolge seiner Vorstellungen in Karlsruhe machte die Regierung, bei
der Geheimer Rat Brauer referierte, Ansprüche an die Schloßkirche geltend,
die sie im Erlaß vom 30. April 1804 aussprach: „Die dortige Schloßkirche sei
zwar Stadtpfarrkirche und müsse in dieser Qualität dem dazu gehöriger Pfarr-
gottesdienst offen bleiben. Sie sei aber zugleich Schloßkirche, und in dieser
Eigenschaft hätten Serenissimus das volle Recht, ihreu Hofgottesdienst in den
für den Pfarrgottesdienst nicht nötigen Stunden darin einzurichten."
Diese Auffassung, die dem damaligen absoluten Staatskirchentum ent-
sprang, brachte der Geheimrat im Erlaß vom 19. Juli 1804 erneut zum Aus-
druck: „Da allerdings Serenissimus berechtigt sind und schicklich finden, sich
Ihrer Hofkirche, soweit sie nicht Pfarrkirche ist, als in welcher Qualität Sie
dem Gottesdienst der Pfarrgenossen nie Eintrag tun werden, seinerzeit zu
Ihrem Hofgottesdienst zu bedienen. Höchstdieseiben wollen jedoch den Herrn
Fürstbischof, wenn derselbe zu den bischöflichen Amtsverrichtungen noch ferner
von der Hofkirche Gebrauch machen wollte, durch die dermalige Einrichtung
des Hofgottesdienstes nicht gerne genieren." Es sollte daher bei Wilderich an-
gefragt werden, ob er die Schloßkirche noch zu gebrauchen gedenke. Am 18. August
1804 erhielt das Vikariat seine Erklärung: „Oelsissimv» hätten bei den rühmlichst
bekannten Gesinnungen Serenissimi und öffentlich vorliegenden Versicherungen
nicht erwartet, daß auf Eiuführung des Simultaneums in irgendeiner Pfarr-
 
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