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Wiegand, Theodor [Hrsg.]
Palmyra - Ergebnisse der Expeditionen von 1902 und 1917 (Text) — Berlin, 1932

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https://doi.org/10.11588/diglit.1808#0011
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Abb. 2. Zisterne gegenüber dem Khan ' \V.lu

I. VON DAMASKUS NACH PALMYRA

Der Marsch des Denkmalschutzkommandos nach Palmyra wurde am i. April 1917 vormittags 7 Uhr von Bäb Duma aus
zu Pferde angetreten. Die Geräte und Vorräte wurden mit acht der landesüblichen leichten Karren befördert, die auch
tür die Mannschaften z. T. Platz hatten und mit Mauleseln bespannt waren. Um 11 Uhr wurde das große Dorf Duma passiert,
um 12 Uhr die z. T. aus großen antiken Steinen erbaute Gendarmenstation Khan 'A'isha (Grundriß Abb. 3) erreicht. Das Ge-
bäude ist quadratisch (59:59 m), der Eingang liegt an der Südost-Seite. Über dem Tor befindet sich eine vierzeilige arabische
Inschrift. Der Bau schloß oben mit flachem Dach und dreieckigen, an der Spitze gerundeten Zinnen ab, von denen aber nur
noch eine einzige vorhanden war.

Gegenüber dem Khan liegt ein Kuppelbau (Qubbetel'Aßafir Abb. 2), der jetzt als Zisterne benutzt wird. Ihre Tiefe beträgt 7,50,
die Mauerdicke 1,20 m. Westlich ist eine jetzt stark zerstörte Moschee mit Vorraum angebaut. Eine große unterirdische Wasser-
leitung, die alle 40 bis 50 m einen Schacht hat, führt etwa 100 m nordöstlich vorbei. Es ist kein Zweifel, daß im Altertum
diese ganze Gegend ein blühendes Land war, und es darf an das Wort Theodor Mommsens erinnert werden (Rom. Gesch. V,
S. 440): „Von dem, was heute Wüste heißt, ist ein guter Teil vielmehr Verwüstung der gesegneten Arbeit besserer Zeiten." Die
Wasserleitung ist näher beschrieben von Sachau, Reisen in Syrien und Mesopotamien S. 23. Die Zisterne des Kuppelbaues ruht auf
den Grundmauern eines antiken Grabmals, von dem sich der Rest einer großen Tabula ansata und ein mit Rankenwerk kassettierter
Architrav erhalten hat; spätrömische Arbeit. Reste unverzierter antiker Steinsarkophage sind in der Umgebung zerstreut.
Khan 'A'isha liegt am Fuß des kahlen Bergzugs Djebel Qalamün, und zwar unter dessen höchster Erhebung, dem Djebel es
Sweiti. Über die von hier nach Osten ziehende Straße ging 1918 der Rückzug der türkischen Armee, die, unterstützt von
deutschen Mannschaften, dem nachdrängenden Feind bei Qubbet el Aßafir noch ein hinhaltendes Gefecht lieferte. Fern im
Felde, an der Straße nach Djerüd, liegt ein kleiner islamischer Kuppelbau, sonst ist die ganze Gegend kahl, steinig und
öde. Weithin dehnen sich nach Osten braune Flächen bis zur Einsenkung des großen Schilfsees, in den sich der Baradafluß
verliert. Jenseils dieses Sees erblickte das bewaffnete Auge eine unzählige Menge weidender Tiere, dazwischen und dahinter
eine ebenfalls fast unabsehbare Menge großer und kleiner schwarzer Zelte. Die Anaza-Beduinen, von Palmvra kommend,
hatten hier ihre Tränke eingerichtet.

Der Nachmittag wurde zur Revision der Ausrüstung, insbesondere der Wagen und Geschirre, benutzt, die am ersten Tag
einer Reise erfahrungsgemäß Anlaß zu vielen Veränderungen und Verbesserungen geben. Die seit dem Falle Bagdads ein-
getretene Unruhe und aufsässige Stimmung unter den Wüstenbewohnern veranlaßte mich, die Märsche vorwiegend nachts
durchzuführen. Wir brachen um Mitternacht (2. April) auf und erreichten das wohlhabende Dorf Djerüd, das antike Geroda,
vormittags 7 Uhr. Um 2 Uhr nachmittags erfolgte der Aufbruch nach dem zwei Stunden entfernten NäßrTje, das durch eine
gute Quelle berühmt ist. Eine halbe Stunde vor dem Ort liegt links am Wege der große Teil Ssahrä, auch Teil Barbar ge-
nannt, etwa 30 m hoch mit einem Umfang von ungefähr 150 Schritten. Einige Grabungslöcher zeigten, daß er aus Erde
und Kieselsteinen aufgeschüttet ist, zwischen denen man Brandschichten, viele Tierknochen, Luftziegelmauern, Reste grober
Pithoi und grober Töpfe findet, deren Ton mit vielen weißen Steinpartikeln durchsetzt ist. Dazu fanden sich auch Reste einer
schwarz geschmauchten Tonware, die nach dem Urteil Watzingers nicht älter als das 8. Jahrhundert vor Chr. sein kann. Von
später römischer Besiedelung zeugten Sigillatascherben und Reste roten, späten Wandstucks, ein Knochenmesser u. dgl. Um
Mitternacht (3. April) erfolgte der Aufbruch nach Qarjaten.

Der Weg ist zu beiden Seiten von kahlen, braunen Bergen begleitet und hat festen Boden; einige Stunden vor Qarjaten be-
ginnen niedrige, kieselige Hügel, auch zeigt sich vielfach Feuerstein. Die Ankunft erfolgte um 3 Uhr nachmittags.
Qarjaten1), 115 Kilometer von Damaskus entfernt, das antike Nezala, ist ein Bischofssitz der Jacobiten2). Der Bischof war gerade

1) Vgl. Sachau a. a. O., S. 3off. und Taf. I und II (Wohnhäuser aus Lehm mn Bachern Dach).

2) Nach Devillc, Palmyra, Paris 1894: Coradoea, „ville episcopale qui dependait de la metropole de Damas. Tic* prohablement eile esl aussi la ville ,des sources'
l'Hazur Enan de la Genese d'Ezechiel."
 
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