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Wilpert, Joseph [Editor]
Die römischen Mosaiken und Malereien der kirchlichen Bauten vom IV. bis XIII. Jahrhundert (Band 1): Text: 1. Hälfte — Freiburg i.Br., 1916

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https://doi.org/10.11588/diglit.1403#0116
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68 Erstes Buch. Allgemeine Untersuchungen zur konstantinischen etc. Monumentalkunst Roms.

breiter Lichtreif umschloß rahmenartig das Kreuz, und dieses war in einer Lichtscheibe
gemalt: „crucem Corona lucido cingit globo". Hierfür finden sich zahlreiche Analogien in
der altchristlichen Kunst. Das bekränzte Monogramm sehen wir beispielsweise auf den Sarko-
phagen mit dem Bilde des Labarums (Fig. 3, S. 34) und auf den Mosaiken des Mausoleums
der Galla Placidia (Taf. 51,1)'; das bekränzte Kreuz auf einigen Elfenbeinskulpturen2. Das
Umkränzen war bei den Künstlern so beliebt, daß sie es auch auf das Lamm Gottes, die
Symbole der Evangelisten, auf Bilder von Märtyrern und selbst auf Ganzfiguren des Hei-
landes zur Anwendung brachten (Taff. 83,1 86 f)3. Die runde Lichtscheibe mit dem Kreuz
findet sich öfters auf den Mosaiken des 5. und der folgenden Jahrhunderte: bald ist sie
gestirnt bald sternenlos; hier hebt sie sich nur durch ihre lichte Farbe von dem übrigen
Himmel ab, dort ist sie durch den Irisring abgesondert, um desto glänzender zu wirken1.
Wir haben somit eine reiche Auswahl für die Form des Kreuzes von Nola; wahrscheinlich glich
es denen des Baptisteriums der Orthodoxen (Taf. 81) und der Apsis von S. Apollinare in Classe.

Auf dem rahmenartigen Lichtstreifen waren die Apostel in Gestalt von zwölf Tauben
in der Weise angebracht, daß sie eine zweite Bekrönung bildeten: „cui coronae sunt Corona
apostoli". Zu dieser Annahme berechtigt das nicht viel spätere Mosaik des Baptisteriums
von Albenga (Taf. 88, l) mit einer völlig identischen Anordnung der Tauben!. Unter-
halb der Scheibe schwebte in der Mitte die Taube des Heiligen Geistes und ergoß sich
ein Strahlenbündel auf das etwas tiefer befindliche Lamm Gottes. Letzteres stand auf
einem Hügel, aus welchem die vier Flüsse, das Symbol des Evangeliums, strömten und die
mit Blumen und Palmbäumen bewachsenen Auen des paradiesischen Gartens bewässerten.
Die Flüsse erfordern die aus dem Wasser trinkenden Hirsche, das Lamm die zwölf Schafe
und diese hinwieder die beiden Städte Jerusalem und Bethlehem zur Andeutung der Kirche;
diese Symbole dürfen also auch hier vorausgesetzt werden, obwohl Paulin nur die Kirche er-
wähnt. Wir sind hierzu um so eher berechtigt, als die Beschreibung des Heiligen poetisch ist,
daher so manches in ihr fehlen mag, was sich nicht gleich oder nicht leicht in den Vers fügte.

Paulin nennt noch den „Purpur als Abzeichen der Herrscherwürde" und die „Palme
zur Andeutung des Triumphes": „Regnum ettriumphum purpura et palma indicant." Nach
unsern Untersuchungen ist es klar, daß man unter „purpura" den königlichen Purpurmantel
Christi zu verstehen hat. Es braucht auch keines weiteren Beweises, daß Paulin mit „palma"
den Palmzweig meint; denn dieser war sowohl in der antiken als auch in der altchrist-
lichen Kunst das Symbol des Sieges und Triumphes6. Auch darüber kann kein Zweifel

1 Garrucci, Storla IV, Taf. 232. farbene Blumen, welche Statius {Sil. 3, 3, 130) „purpuras",

2 Garrucci, StoriaW, Taf. 423, 6; 439,1; 456ff. Hieronymus (Ep. 66, 53: Migne, PL 22, 642; ed. Hilberg I 653)

3 Garrucci,5rormVI454f;500IV;vgl.IV235238f260;V341,4. „purpureos flores" nennt, versteht, der übersieht, daß solche

4 Taf. 108. Garrucci, Storia IV 265; Haseloff, / musaici di Blumen ein notwendiges Requisit des paradiesischen Gartens
Casaranello, in Ballett, d'arte 1907, 26 (letztes Heft). waren und keinerlei weitere Bedeutung- hatten. Ebenso ist es

5 Von Wickhoff nicht berücksichtigt. irrig, mit Wickhoff den Palmbaum für das Symbol des Sieges

6 Wer unter „purpura" mit Wickhoff (a. a. O. 116) purpur- zu halten; eine solche Symbolik kennt das ganze Altertum nicht.
 
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