74 Erstes Buch. Allgemeine Untersuchungen zur konstantinischen etc. Monumentalkunst Roms.
wie bei Männern beherrschte. Das Übel scheint allgemein gewesen zu sein. Selbst die „gott-
geweihten Jungfrauen" gaben dem hl. Chrysostomus Veranlassung, vor den golddurchwirkten,
mit Stickereien und Juwelen geschmückten Kleidern zu warnen1. Voran gingen in dem
Luxus der Kaiser, die Kaiserin und die höchsten Staatsbeamten, deren Galagewänder kaum
eine Stelle aufweisen konnten, die nicht mit Goldstickereien, Perlen und Edelsteinen bedeckt
gewesen wäre2; die Triumphaltoga zumal strotzte, auch bei Nicht-Kaisern, so von derartigen
Zieraten, daß sie ganz unbiegsam war und den Träger bei feierlichen Aufzügen zwang, sich
steif „wie ein Götzenbild" zu halten. Diesen Eindruck machte auf Ammianus Marcellinus
der Kaiser Konstantius IL, als er im Jahre 356 seinen Einzug in Rom hielt. „Er saß", schreibt
der heidnische Historiker, „allein in einem goldenen Wagen, strahlend im Glanz der Edel-
steine, die in allen Farben blitzten. ... In stürmischen Beifallsrufen akklamiert, zeigte sich
der Monarch so unbeweglich, wie er es in seinen Provinzen zu sein pflegte. . . . Nur wenn
er durch einen hohen Torbogen fuhr, bückte er sich in seiner winzig kleinen Gestalt . . .;
sonst rührte er sich nicht und wendete seinen Blick weder nach rechts noch nach links,
spuckte auch nicht aus und schnauzte sich nicht. . . ." Kurz, der Historiker glaubte „ein
Gebilde von Menschenhand", ein Idol zu sehen3. Ganz anders ist das Bild, welches Eusebius
von Konstantin d. Gr. gelegentlich der Konzilseröffnung von Nicäa (325) entwirft: in dem
von Gold und Edelsteinen funkelnden Purpur erscheint ihm der Kaiser wie ein „Engel des
Himmels", ola iV-fo-ß %t,$ nvgdvioe äy/f/.og". Mehr noch als Ammian ist er von dem Glänze
betroffen, den die zahllosen Edelsteine ausstrahlen5. Man möchte meinen, Eusebius sei durch
bildliche Darstellungen veranlaßt worden, den Kaiser in jenem Anzüge mit einem Engel zu
vergleichen. Aber solche Engel sind der Kunst des 4. Jahrhunderts, soviel wir heute wissen,
noch fremd, und dann ist der Historiker bei seiner großen Verehrung, die er für Konstantin
hatte, zu leicht geneigt, ihn als ein höheres Wesen hinzustellen.
Während die übertriebene Verwendung des kostbaren Materials für die Gewandung im
praktischen Leben unter Umständen tadelnswert erschien, übertrugen sie die Künstler ohne
jedes Bedenken auf die Kleider, welche Christus, seine heilige Mutter und die Seligen tragen:
diese sind häufig aus Goldstoff und mit Perlen und Edelsteinen überladen. Das gleiche
gilt von dem Kreuz, dem Thron und der Krone Christi und der Märtyrer. Das Streben
nach reicher Ausstattung lag damals sozusagen in der Luft. Viel mag dazu die Anregung
beigetragen haben, welche die Künstler in den Visionen des Sehers von Patmos und in
verwandten Schriften fanden. Im Himmel sind natürlich alle Schätze im Überfluß vor-
handen; deshalb mußte auch alles, was mit Gott und den Seligen irgendwie zusammenhängt,
auf das kostbarste beschaffen sein.
1 De virginü. 62 f: Migne, PG 48, 581. 4 Der Esther kam der „auf dem Throne sitzende, mit könig-
3 Der Sarkophag: des Probus wurde „voll von Gold, das in liehen Gewändern bekleidete und von Gold und kostbaren
die Gewänder eingewoben war", gefunden. Vgl. de Rossi, Steinen glänzende" Assuerus gleichfalls wie „ein Engel Gottes"
Inscript. christ. II, I, 348; Bosio, Roma sottermnea 47ff. vor (Est 15, 9 16).
3 Ammian. 16, 10, 6ff. 5 Vita Constantini 3, 10: Migne, PG 20, 1066; ed. Heikel 81.
wie bei Männern beherrschte. Das Übel scheint allgemein gewesen zu sein. Selbst die „gott-
geweihten Jungfrauen" gaben dem hl. Chrysostomus Veranlassung, vor den golddurchwirkten,
mit Stickereien und Juwelen geschmückten Kleidern zu warnen1. Voran gingen in dem
Luxus der Kaiser, die Kaiserin und die höchsten Staatsbeamten, deren Galagewänder kaum
eine Stelle aufweisen konnten, die nicht mit Goldstickereien, Perlen und Edelsteinen bedeckt
gewesen wäre2; die Triumphaltoga zumal strotzte, auch bei Nicht-Kaisern, so von derartigen
Zieraten, daß sie ganz unbiegsam war und den Träger bei feierlichen Aufzügen zwang, sich
steif „wie ein Götzenbild" zu halten. Diesen Eindruck machte auf Ammianus Marcellinus
der Kaiser Konstantius IL, als er im Jahre 356 seinen Einzug in Rom hielt. „Er saß", schreibt
der heidnische Historiker, „allein in einem goldenen Wagen, strahlend im Glanz der Edel-
steine, die in allen Farben blitzten. ... In stürmischen Beifallsrufen akklamiert, zeigte sich
der Monarch so unbeweglich, wie er es in seinen Provinzen zu sein pflegte. . . . Nur wenn
er durch einen hohen Torbogen fuhr, bückte er sich in seiner winzig kleinen Gestalt . . .;
sonst rührte er sich nicht und wendete seinen Blick weder nach rechts noch nach links,
spuckte auch nicht aus und schnauzte sich nicht. . . ." Kurz, der Historiker glaubte „ein
Gebilde von Menschenhand", ein Idol zu sehen3. Ganz anders ist das Bild, welches Eusebius
von Konstantin d. Gr. gelegentlich der Konzilseröffnung von Nicäa (325) entwirft: in dem
von Gold und Edelsteinen funkelnden Purpur erscheint ihm der Kaiser wie ein „Engel des
Himmels", ola iV-fo-ß %t,$ nvgdvioe äy/f/.og". Mehr noch als Ammian ist er von dem Glänze
betroffen, den die zahllosen Edelsteine ausstrahlen5. Man möchte meinen, Eusebius sei durch
bildliche Darstellungen veranlaßt worden, den Kaiser in jenem Anzüge mit einem Engel zu
vergleichen. Aber solche Engel sind der Kunst des 4. Jahrhunderts, soviel wir heute wissen,
noch fremd, und dann ist der Historiker bei seiner großen Verehrung, die er für Konstantin
hatte, zu leicht geneigt, ihn als ein höheres Wesen hinzustellen.
Während die übertriebene Verwendung des kostbaren Materials für die Gewandung im
praktischen Leben unter Umständen tadelnswert erschien, übertrugen sie die Künstler ohne
jedes Bedenken auf die Kleider, welche Christus, seine heilige Mutter und die Seligen tragen:
diese sind häufig aus Goldstoff und mit Perlen und Edelsteinen überladen. Das gleiche
gilt von dem Kreuz, dem Thron und der Krone Christi und der Märtyrer. Das Streben
nach reicher Ausstattung lag damals sozusagen in der Luft. Viel mag dazu die Anregung
beigetragen haben, welche die Künstler in den Visionen des Sehers von Patmos und in
verwandten Schriften fanden. Im Himmel sind natürlich alle Schätze im Überfluß vor-
handen; deshalb mußte auch alles, was mit Gott und den Seligen irgendwie zusammenhängt,
auf das kostbarste beschaffen sein.
1 De virginü. 62 f: Migne, PG 48, 581. 4 Der Esther kam der „auf dem Throne sitzende, mit könig-
3 Der Sarkophag: des Probus wurde „voll von Gold, das in liehen Gewändern bekleidete und von Gold und kostbaren
die Gewänder eingewoben war", gefunden. Vgl. de Rossi, Steinen glänzende" Assuerus gleichfalls wie „ein Engel Gottes"
Inscript. christ. II, I, 348; Bosio, Roma sottermnea 47ff. vor (Est 15, 9 16).
3 Ammian. 16, 10, 6ff. 5 Vita Constantini 3, 10: Migne, PG 20, 1066; ed. Heikel 81.