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Achtes Kapitel. S. Maria Maggiore. 413

Kurz vorhin bezeichneten wir die Mosaiken als fast unzugänglich. Jeder, der die Kirche
besucht hat, wird zugeben, daß der Ausdruck nicht zu stark ist: die Mosaiken sind ent-
schieden „viel zu hoch angebracht", um bequem betrachtet werden zu können. Einige
Gelehrte haben daraus sogar gefolgert, daß diejenigen des Mittelschiffs ursprünglich in einem
andern Räume waren und dann unter Liberius oder Sixtus III. oder vielleicht noch später
in die Basilika übertragen wurden. Diese Ansicht entbehrt jedoch a priori aller Wahr-
scheinlichkeit; denn es handelt sich nicht um aufgehängte Tafelgemälde, sondern um
zweiundvierzig mannshohe zentnerschwere Mosaiken, welche mit der Wand zu einem Körper
verbunden sind, also nur durch Aussägen entfernt werden konnten. Die Ansicht beruht
ferner auf der unbewiesenen Voraussetzung, daß die Säle der Paläste von reichen Christen
Roms schon vor dem konstantinischen Frieden mit biblischen Bilderzyklen geschmückt
gewesen wären, was in einem offenen Widerspruch zu dem Denkmälerbefund und den
schriftlichen Nachrichten darüber steht1. Dazu kommt, daß die Mosaiken des Triumphbogens,
die doch auch nach jenen Gelehrten nie ihren Platz gewechselt haben, noch höher sind: um
bei der Anfertigung meiner Kopien zu der obersten Reihe von ihnen zu gelangen, mußten
auf das für die Bilder des Schiffes ausreichende Gerüst noch sieben Meter aufgesetzt werden.

Es ist klar, daß bei einer solchen Höhe die Details der bildlichen Darstellungen einfach
verloren gehen. Wir dürfen uns nicht wundern, daß man diese Höhe trotzdem gewählt
hat. Der Fall steht nicht vereinzelt da. Man denke nur an die Giebelfelder der hohen
Tempel oder in Rom an die Triumphsäulen Trajans und Mark Aureis, ferner an die Triumph-
bogen des Titus und Severus, deren Reliefbilder zu klein sind im Verhältnis zur Höhe, in
der wir sie sehen. Die Alten stießen sich an derartigen Übelständen weniger, als manche
meinen; es scheint ihnen genügt zu haben, daß das Monument errichtet wurde, gleichviel,
ob man es bis in seine kleinsten Einzelheiten hinein genügend würdigen konnte oder nicht.

Bei den christlichen Denkmälern darf man im allgemeinen behaupten, daß alle Malereien
und Mosaiken, welche die Hochwände und Triumphbogen der Basiliken und die Gewölbe
der großen Baptisterien schmückten, „viel zu hoch angebracht" waren. Daß „man sich bei
ihrer Betrachtung", wie der hl. Paulin von Nola sagt, „den Hals verdrehte"2, mußte man
mit in den Kauf nehmen.

§ 2. Die Mosaiken und ihre Kopien.

Die Mosaiken wurden mehrere Male in ihrer Gesamtheit veröffentlicht3, einmal in
farbigen Kopien4, welche den Originalen jedoch nur zum Schaden gereichten, da sie, ob-
wohl ganz unzuverlässig, das Urteil von hervorragenden Archäologen in der ungünstigsten

1 Siehe oben S. 3 f und weiter unten K. 11, g 2. mehrere stark überarbeitet sind); den ganzen Triumphbogen

2 Poema 26, 512f: Migne, PL 61, 660. brachte Rohault de Fleury, La Vierge II, Taf. 85 (in kleinen

3 Ciampini, Vetera monimenta 1, Taff. XII—XIV, S.195—224; Dimensionen) und neuestens Giovanni Biasiotti, L'arco trionfaie
Valentini, La basilica Liberiana Taff. LXI—LXVIII; Garrucci, dl S. Maria Maggiore a Roma, in Bollettino d'arie 1914 73—95
Storia IV, Taff. 211—222, 1, 2; P. Sisto Scaglia, / mosaici (mit photographischen Aufnahmen).

antichi di\ S. Maria Maggiore (nach Photographien, von denen 4 De Rossi, Musaici Fasz. XXIV—XXV.
 
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