NACHAHMUNG DER GRIECHISCHEN WERKE: ERLÄUTERUNG
aus und schränkt Baumeister und Verzierer in viel
engere Grenzen ein als selbst den Maler. Dieser muß
sich zuweilen sogar nach der Mode in historischen
Stücken bequemen, und es würde wider alle Klug-
heit sein, wenn er sich mit seinen Figuren in seiner
Einbildung allezeit nach Griechenland versetzen
wollte. Aber Gebäude und öffentliche Werke, die
von langer Dauer sein sollen, erfordern Verzierungen,
die eine längere Periode als Kleidertrachten haben,
das ist, entweder solche, die sich viele Jahrhunderte
hindurch in Ansehen erhalten haben und bleiben
werden, oder solche, die nach den Regeln oder nach
dem Geschmacke des Altertums gearbeitet worden.
Widrigenfalls wird es geschehen, daß Verzierungen
veralten und aus der Mode kommen, ehe das Werk,
wo sie angebracht sind, vollendet worden.
Das erste Gesetz führt den Künstler zur Allegorie;
das zweite zur Nachahmung des Altertums, und
dieses geht vornehmlich die kleinern Verzierun-
gen an.
Kleinere Verzierungen nenne ich diejenigen, welche
teils kein Ganzes ausmachen, teils ein Zusatz der
größeren sind. Muscheln sind bei den Alten nirgends
angebracht worden, als wo es der Fabel, wie bei der
Venus und den Meergöttern, oder wo es dem Orte
gemäß gewesen, wie in den Tempeln Neptuns ge-
schehen.
Man muß in diesen Verzierungen so, wie überhaupt
in der Baukunst, verfahren. Diese erhält eine große
Manier, wenn die Einteilung der Hauptglieder an
den Säulenordnungen aus wenig Teilen besteht und
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aus und schränkt Baumeister und Verzierer in viel
engere Grenzen ein als selbst den Maler. Dieser muß
sich zuweilen sogar nach der Mode in historischen
Stücken bequemen, und es würde wider alle Klug-
heit sein, wenn er sich mit seinen Figuren in seiner
Einbildung allezeit nach Griechenland versetzen
wollte. Aber Gebäude und öffentliche Werke, die
von langer Dauer sein sollen, erfordern Verzierungen,
die eine längere Periode als Kleidertrachten haben,
das ist, entweder solche, die sich viele Jahrhunderte
hindurch in Ansehen erhalten haben und bleiben
werden, oder solche, die nach den Regeln oder nach
dem Geschmacke des Altertums gearbeitet worden.
Widrigenfalls wird es geschehen, daß Verzierungen
veralten und aus der Mode kommen, ehe das Werk,
wo sie angebracht sind, vollendet worden.
Das erste Gesetz führt den Künstler zur Allegorie;
das zweite zur Nachahmung des Altertums, und
dieses geht vornehmlich die kleinern Verzierun-
gen an.
Kleinere Verzierungen nenne ich diejenigen, welche
teils kein Ganzes ausmachen, teils ein Zusatz der
größeren sind. Muscheln sind bei den Alten nirgends
angebracht worden, als wo es der Fabel, wie bei der
Venus und den Meergöttern, oder wo es dem Orte
gemäß gewesen, wie in den Tempeln Neptuns ge-
schehen.
Man muß in diesen Verzierungen so, wie überhaupt
in der Baukunst, verfahren. Diese erhält eine große
Manier, wenn die Einteilung der Hauptglieder an
den Säulenordnungen aus wenig Teilen besteht und
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