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ÜBER GEGENSTÄNDE DER ALTEN KUNST

Schönheit, gekannt, oder nach den ihm gewöhn-
lichen Formen gebildet, und ob er als ein Mann ge-
arbeitet oder als ein Kind gespielt hat.
Es können Bücher und Werke der Kunst ohne viel
zu denken gemacht werden, ich schließe von dem,
was wirklich ist. Ein Maler kann auf diese mecha-
nische Art eine Madonna bilden, die sich sehen läßt,
und ein Professor sogar eine Metaphysik schreiben,
die tausend jungen Leuten gefällt. Die Fähigkeit des
Künstlers zu denken aber kann sich nur in oft wie-
derholten Vorstellungen, sowie in eigenen Erfindun-
gen zeigen. Denn wie ein einziger Zug die Bil-
dung des Gesichts verändert, so kann die Andeutung
eines einzigen Gedankens, welcher sich in der Rich-
tung eines Gliedes äußert, dem Vorwurfe eine andere
Gestalt geben und die Würdigkeit des Künstlers dar-
ftun. Plato in RafFaels Schule von Athen rührt nur
■j den Finger, und er sagt genug. Figuren von Zuccari
sagen wenig mit allen ihren verdrehten Wendungen.
Denn schwerer ist es, viel mit wenigem anzuzeigen,
ak das Gegenteil, und der richtige Verstand liebt mit
wenigem mehr als mit vielem zu wirken: so wird
eine einzelne Figur der Schauplatz aller Kunst eines
Meisters sein können. Aber es würde den meisten
Künstlern ein ebenso hartes Gebot sein, eine Begeben-
heit in einer einzigen oder in ein paar Figuren, und
dieses in groß gezeichnet, vorzustellen, als es einem
Skribenten sein würde, zum Versuch eine ganz kurze
Schrift aus eigenem Stoff abzufassen. Denn hier kann
beider Blöße erscheinen, die sich in der Vielheit ver-
steckt. Eben daher lieben fast alle angehende und

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