ÜBER GEGENSTÄNDE DER ALTEN KUNST
Begriff könnte bestimmt werden, so würde sie dem,
welchem der Himmel das Gefühl versagt hat, nicht
helfen. Das Schöne besteht in der Mannigfaltigkeit
im Einfachen, dieses ist der Stein der Weisen, den
die Künstler zu suchen haben, und welchen wenige
finden, nur der versteht die wenigen Worte, der sich
diesen Begriff aus sich selbst gemacht hat. Die Linie,
die das Schöne beschreibt, ist elliptisch, und in der-
selben ist das Einfache und eine beständige Ver-
änderung. Sie kann mit keinem Zirkel beschrie-
ben werden und verändert in allen Punkten ihre
Richtung. Dieses ist leicht gesagt und schwer zu
lernen: welche Linie, mehr oder weniger elliptisch,
die verschiedenen Teile zur Schönheit formt, kann die
Algebra nicht bestimmen. Aber die Alten kannten
sie, und wir finden sie vom Menschen bis auf ihre
Gefäße. So wie nichts Zirkeiförmiges am Menschen
ist, so macht auch kein Profil eines alten Gefäßes
einen halben Zirkel.
Wenn von mir verlangt würde, sinnliche Begriffe
der Schönheit zu bestimmen, was sehr schwer ist;
so würde ich, in Ermangelung alter vollkommener
Werke oder deren Abgüsse, kein Bedenken tragen,
dieselbe, nach einzelnen Teilen von den schönsten
Menschen genommen, an dem Orte, wo ich schriebe,
zu bilden. Da nun dieses im Deutschen nicht ge-
schehen kann, so müßte ich, wenn ich lehren wollte,
die Begriffe der Schönheit verneinungsweise anzu-
deuten mich begnügen. Ich müßte mich aber aus
Mangel der Zeit auf das Gesicht einschränken.
Die Form der wahren Schönheit hat nicht unter-
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Begriff könnte bestimmt werden, so würde sie dem,
welchem der Himmel das Gefühl versagt hat, nicht
helfen. Das Schöne besteht in der Mannigfaltigkeit
im Einfachen, dieses ist der Stein der Weisen, den
die Künstler zu suchen haben, und welchen wenige
finden, nur der versteht die wenigen Worte, der sich
diesen Begriff aus sich selbst gemacht hat. Die Linie,
die das Schöne beschreibt, ist elliptisch, und in der-
selben ist das Einfache und eine beständige Ver-
änderung. Sie kann mit keinem Zirkel beschrie-
ben werden und verändert in allen Punkten ihre
Richtung. Dieses ist leicht gesagt und schwer zu
lernen: welche Linie, mehr oder weniger elliptisch,
die verschiedenen Teile zur Schönheit formt, kann die
Algebra nicht bestimmen. Aber die Alten kannten
sie, und wir finden sie vom Menschen bis auf ihre
Gefäße. So wie nichts Zirkeiförmiges am Menschen
ist, so macht auch kein Profil eines alten Gefäßes
einen halben Zirkel.
Wenn von mir verlangt würde, sinnliche Begriffe
der Schönheit zu bestimmen, was sehr schwer ist;
so würde ich, in Ermangelung alter vollkommener
Werke oder deren Abgüsse, kein Bedenken tragen,
dieselbe, nach einzelnen Teilen von den schönsten
Menschen genommen, an dem Orte, wo ich schriebe,
zu bilden. Da nun dieses im Deutschen nicht ge-
schehen kann, so müßte ich, wenn ich lehren wollte,
die Begriffe der Schönheit verneinungsweise anzu-
deuten mich begnügen. Ich müßte mich aber aus
Mangel der Zeit auf das Gesicht einschränken.
Die Form der wahren Schönheit hat nicht unter-
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