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Winckelmann, Johann Joachim; Kunze, Max; Borbein, Adolf Heinrich [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz [Hrsg.]; Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Winckelmann-Gesellschaft [Hrsg.]
Schriften und Nachlaß (Band 4,3): Geschichte der Kunst des Alterthums: allgemeiner Kommentar : Erste Auflage Dresden 1764, zweite Auflage Wien 1776 — Mainz am Rhein: Verlag Philipp von Zabern, 2007

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https://doi.org/10.11588/diglit.58925#0216
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214

Kommentare zu S. 236-425

261,5-6 Gemälde des Parrhasios ... Archigallus: Lt. Plin. nat. 35,70 malte Parrhasios einen Archigallos. Kaiser
Tiberius schätzte das Gemälde so, daß er es in sein Schlafzimmer hängte. Als Archigallos wurde der Oberpriester
der Kybele bezeichnet; er mußte verschnitten sein, vgl. Plin. nat. 35,165. Tzetzes, chil. 8,398ff., vermutete, daß
Parrhasios keinen Archigallos, sondern einen Megabyzos, den verschnittenen Oberpriester der Artemis von
Ephesos, dargestellt habe, da der Maler aus Ephesos stammte. - Zu Parrhasios s. Komm, zu 227,15-16, 229,9-10,
257,25, 665,1 und Reg.
261.7 Es fällete Bernini ein sehr ungegründetes Urtheil: zu Bernini vgl. Komm, zu XIX,26 und 245,12-16. - W.
bezieht sich hier auf eine Stelle bei Baldinucci: „Teneva per favola cib, ehe si racconta della Venere Crotoniate,
cioe ehe Zeusi la ricavasse dal piü bello di diverse fanciulle, togliendo una parte, e da chi un‘altra; perche diceva
egli ehe un bell’occhio d’una femmina non ista [...] bene sopra un bei viso d’un altra, cosi una bella bocca e
vadasi discorrendo“ (Filippo Baldinucci, Vita des Gio. Lorenzo Bernini. Mit Übers, und Komm, von Alois Riegl,
Wien 1912 S. 237). - Der ganze Absatz scheint inhaltlich nicht recht zu den vorausgehenden Ausführungen über
Verschnittene zu passen. Deshalb verschob die WA IV ihn an jene Stelle, an der er sich in GK1 befand.
261.8 Zeuxis ... Juno: W.s Aussage ist nicht ganz korrekt. Im Auftrag der Krotoniaten oder Agrigentiner malte
Zeuxis für einen Tempel der Hera ein Bild der Helena, die in der Antike als die schönste Frau der Welt galt und
um die der Trojanische Krieg entbrannt war. Richtig ist, daß er dafür die schönsten Frauen der Stadt als Modelle
benutzt haben soll. Darüber berichten Plinius, nat. 35,64, und Cicero, inv. 2,1. Auch Aelian, var. 4,12, erwähnt
das Bild.
Lit.: s. Komm, zu 233,7; Brunn, Geschichte II S. 80, 88-89.
261,10 mit Anm. 1 Andere haben keine als individuelle Schönheiten denken könen: W. verweist in der Anm.
auf „L’art de peinture de Charles-Alphonse du Fresnoy, traduit en frangois, enrichi de remarques, augmente d’un
dialogue sur le coloris par Roger de Piles“, Paris 1673. Exzerpte daraus finden sich im Nachlaß Paris vol. 62 p.
8-9.
Lit. zum frz. Maler, Kunstschriftsteller und Dichter Dufresnoy (1611-1668): Philippe-Joseph Salazar, Rhetorique de la peinture: Charles
Alphonse Du Fresnoy, in: Hommage ä Elisabeth S. Cheron, hrsg. von Rene Demoris, Paris 1992 S. 87-94; Sylvain Laveissiere, Les tableaux
d’histoire retrouves de Charles-Alphonse Dufresnoy, in: Revue de l’art 112, 1996 S. 38-58; ders., Charles-Alphonse Dufresnoy, peintre
secondaire?, in: L’ ideal classique, hrsg. von Olivier Bonfait, Rome 2002 S. 252-260. - Zum frz. Kunstkritiker Roger de Piles (1635-1709)
vgl. Rehm in: KS S. 338 (zu 38,25).
261.17- 19 die Formen der menschlichen Gesichtsbildung mit der Gestalt... einiger Thiere ... zu veredeln: Ein
schon seit dem 16., speziell aber im 18. Jh. beliebter Gedanke, der auf die Antike rückübertragen wird. GK Text
S. 245,36 hatte W. schon die Schrift della Portas zu diesem Thema erwähnt. Im späteren 18. Jh. beschäftigten sich
vor allem Lavater und der Goethe-Tischbein mit solchen physiognomischen Fragen.
261,26 Haarschlag: die besondere Art das Haar anzuordnen. DWB IV,2 Sp. 36 mit diesem Beleg.
263,5 Fabel von Pygmalions Statue: Lt. Ov. met. 10,247-294 schuf Pygmalion eine schöne Frauenstatue aus
Elfenbein. In die verliebte er sich so sehr, daß Aphrodite das Kunstwerk schließlich aus Mitleid zum Leben
erweckte.
263,13 erweckte Zärtlichkeit: hier: (seelische und geistige) Empfindsamkeit (gegenüber Anmut, Reiz und
Lieblichkeit). - Sonst steht im Text „Zärtlichkeit“ in der Bedeutung ,Lieblichkeit, Sanftheit, Anmut, Zartheit,
Ebenmaß in der Kunst‘.
Lit.: DWB XV Sp. 309-311mit den Belegen GK Text S. 275,15; Zeller S. 74-75; Rehm in: KS S. 309 (zu 4,11), mit älterer Lit.; Paul S. 1067.
263.17- 18 Juno, so oft sie sich in dem Brunnen Canathus badete: Paus. 2,38,2.
263,19 Eucina\ Beiname der Juno in ihrer Funktion als Geburtsgöttin, vgl. NP VII (1999) Sp. 467-468 s. v.
Lucina (Francesca Prescendi).
263,21-22 mit Anm. 1 Isis ... Apis ...Orus: Als Quelle seiner Kenntnis der ägypt. Mythologie verweist W. in
Anm. 1 auf Plutarch, mor. 357c (= Is. 16). Er scheint aber die Namen der meisten im Text genannten Götter zu
verwechseln. Der von Plutarch überlieferten Sage zufolge waren Isis und Osiris, die höchsten ägypt. Götter, ein
Geschwister-, gleichzeitig aber auch ein Ehepaar (ähnlich Zeus und Hera). Ihr Sohn war Horus. - Ihr Bruder
Typhon ermordete Osiris, um selbst die Macht an sich zu reißen und setzte die Leiche seines Bruders in einer Kiste
auf dem Wasser aus. Auf der Suche nach ihrem toten Gatten verdingte sich Isis bei einer Königin als Dienerin und
nährte deren Kind, indem sie ihm einen Finger in den Mund steckte. Plutarch zufolge war der Name des Kindes
Maneris. Der von W. genannte Apis ist ein (ebenfalls von Plutarch erwähnter) Stier, in den Osiris Seele einfloß.
 
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