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Winckelmann, Johann Joachim; Kunze, Max; Borbein, Adolf Heinrich [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz [Hrsg.]; Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Winckelmann-Gesellschaft [Hrsg.]
Schriften und Nachlaß (Band 4,3): Geschichte der Kunst des Alterthums: allgemeiner Kommentar : Erste Auflage Dresden 1764, zweite Auflage Wien 1776 — Mainz am Rhein: Verlag Philipp von Zabern, 2007

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https://doi.org/10.11588/diglit.58925#0221
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I. Teil - Von dem Wesentlichen der Kunst

219

269,23 mit Anm. 2 Berenice: Die Hrsg, der AdE V Taf. 63 glaubten, es sei die ägypt. Königin Berenike II.
(Königin: 246-222 v. Chr.), die Frau Ptolemaios III. (Euergetes) dargestellt, weil diese auf Münzen ebenfalls
einen Haarkranz trage. Die Ähnlichkeiten zwischen Münze und Bronzebüste sind jedoch sehr gering, zumal die
Königin auf der Münze keinen Haarkranz, sondern einen Haarknoten im Nacken trägt. Die Identifizierung ist
sicher abzulehnen.
Lit. zu den Bildnissen der Berenike: Helmut Kyrieleis, Bildnisse der Ptolemäer, Archäologische Forschungen II, Berlin 1975 S. 94-101.
271,1-2 zu ausgeführteren Jahren: zu höheren (Lebens-)Jahren: DWB I Sp. 862-863 (3) mit diesem Beleg. Bei W.
auch für ,ausführlicher, vollkommener, detailreich dargestellt‘ oder ,größer‘.
271,3 mit Anm. 1 Feinheit im Gesichte, welche Aristophanes Attikov ßkenot; würde genennet haben: Aristoph.
Nub. 1176 staunt der Vater Strepsiades über seinen Sohn Pheidippes, der sich von Sokrates hat belehren lassen
über das gelehrte Aussehen seines Sohnes und sagt, er habe einen Ättikov ßÄETtoq, einen athenischen Blick. Damit
meint er wohl, der Sohn habe den Blick eines pfiffigen, selbstbewußten Schelmen.
271,4-5 Von dessen Figuren mit einem Barte... ist oben gedacht: vgl. GK Text S. 147, 149.
271.9 diese alte Gelehrsamkeit: Wissen und Erkenntnis, auch: Wissenschaft, Weisheit. Gelehrsamkeit ist nach
Zedier X (1735) Sp. 725 eine „fertige Geschicklichkeit, die Wahrheit zu erkennen“, und zwar solche Wahrheiten,
„die nicht unmittelbar in die Sinne fallen, sondern nur durch künstliches Nachdenken sich erforschen lassen“,
vgl. auch Wissenschaften, Komm, zu 47,21. Die Gelehrsamkeit diene der „Beförderung wahrer Weißheit unter
den Menschen“ und folglich der „Erlangung wahrer Glückseligkeit“, womit sie sich von der „Pedantischen
Wissenschafft“ unterscheide, die nur eine „zahlreiche Wissenschafft [Wissen, Erkenntnis] ausgekünstelter,
auch wohl scharffsinniger Gedancken [ist] die aber keinen Nutzen haben“; der von W. gern verwendete Begriff
„Pedant“ bezeichnet in diesem Zusammenhang einen „Prahler mit seiner nackenden Schulgelahrtheit“ (Frisch
II S. 43). Wie „gelehrt“ verwendet W. also „Gelehrsamkeit“ sowohl in positiver wie negativer Bedeutung, vgl.
„ Gelehrte und Pedanten “ in: Sendschreiben von der Reise eines Gelehrten nach Italien und insbesondere nach
Rom an Herrn M. Franken, in: KS S. 191,35 mit Komm.; Rehm in: Br. III S. 540 (zu Nr. 870): „Cathedral-
Ernsthaftigkeit“ als Begriff „zur Geißelung des ,Pedantismus‘ des dt. akademischen und gelehrten Lebens“. - Zu
Gelehrsamkeit bei W. (bes. im Zusammenhang mit Lessing) s. auch Rehm in: KS S. 493 (zu 249,21).
271.10 zu diesem bärtigen Mercurius von einem Gelehrten Gelegenheit gegeben: An einen bestimmten
„Gelehrten“ dachte W. hier nicht, wie aus MI S. 44 hervorgeht. Da in den damals bekannten Stichwerken
ausschließlich unbärtige, jugendliche Hermes- bzw. Merkurstatuen abgebildet sind, meint er vielmehr, daß ein
moderner Künstler nie von selbst auf die Idee einer bärtigen Darstellung gekommen wäre. Deshalb vermutet
er hinter diesem Einfall den Einfluß irgendeines Gelehrten. - In der griech. Kunst, die zu W.s Zeiten noch
weitestgehend unbekannt war, überwiegen übrigens die bärtigen Hermesdarstellungen, vgl. LIMC V (1990) Taf.
199-283 s. v. Hermes (Gerard Siebert).
271,11-13 mit Anm. 1 beym Homerus: Hom. 11. 24,348-349, schreibt von Hermes (in: Homeri Opera II S.
271): ßrj 5’ isvca Kovpcp cd<5vpvr]Tfjpt soikgoc;, / ttpukov VTtrivrjrri, rov ttsp xctpisorarr] rjßr]. („Und schritt hin und
ging, einem fürstlichen Jüngling gleichend, / Einem im ersten Bart, dem am anmutigsten die Jugend ist.“ Übers.:
Homer, Ilias S. 412); vgl. Liddell - Scott s. v. vttr]vfiTr]c;: Subst. zu vttfjvr] = Schnurrbart, Oberlippenbart, Haare
über der Oberlippe; dies ist der Teil des Barts, der in der Pubertät zuerst zu wachsen beginnt; folglich ist vrtr|vri'rr|<4
derjenige, dem der erste Bart wächst. Der Vers JtpcÖTOV vtttivfjTr], rov ttsp xctpi£<Jrarr] rjßr] findet sich, ebenfalls von
Hermes gesagt, auch in Hom. Od. 10,279.
271.14 Bekleidung des Kinnes: Bartwuchs.
271.15 mit Anm. 2 die wolligten Haare auf den Wangen ..., die Philostratus an dem Amphion lovAop napa w
ovp nennet: Philostratos, imag. 1,10,3, schreibt von Amphion (in: Philostrati Opera, ed. Kayser II S. 309): f]
KÖpr] 5s qSEicc psv kcu kciö’ £dvrr]v £vaXvov<ja p£v tco pEtcottcp, cuYKartovcra 5c tco iovXcp ttapa rö ovc; Kai xpvcrov n
EJtupaivovoa. („Sein Haar ist an sich schon lieblich und natürlich gemalt, wie es locker auf die Stirne herabfällt, in
den Flaum neben dem Ohr übergeht und dabei golden schimmert“. Übers.: Philostratos, Bilder S. 113). Amphion
ist der Sohn der Antiope und des Zeus und Zwillingsbruder des eher dem Kriegshandwerk zugetanen Zethos,
während er selbst sich der Musik, bes. dem Leierspiel widmete. - Zu Philostrat vgl. Komm, zu 347,11-12.
271,17 mit Anm. 3 Venus..., die nach dem Plutarchus, nebst diesem Gotte (sc. Mercur)pflegtegestellet zu werden:
In einer kurzen Abhandlung für jung Vermählte behauptet Plutarch, die Alten hätten den wortgewandten Hermes
 
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