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Winckelmann, Johann Joachim; Borbein, Adolf Heinrich [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz [Hrsg.]; Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Winckelmann-Gesellschaft [Hrsg.]; Balensiefen, Lilian [Mitarb.]
Schriften und Nachlaß (Band 6,2): Monumenti antichi inediti spiegati ed illustrati: Roma 1767; Kommentar — [Darmstadt]: von Zabern, 2014

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Volume Primo: A sua Emmineza, Indicazione. Prefazione, Trattato preliminare. Kommentar
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https://doi.org/10.11588/diglit.58930#0162
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Kommentare zu S. 1-132

$. 165. Was die andere Statue in Venedig betrifft, so müßte man an Ort und Stelle den Kopf des angeblichen Agrippa mit andern
Abbildungen desselben vergleichen und untersuchen, ob der Kopf wirklich dieser Statue eigen sey.
Vermeinte Statue des Cajus Marius.
$. 166. Da ich hier von Statuen mit falschen oder zweifelhafien Namen rede, erinner ich mich zugleich einer Statue im Capitolinischen
Museum, welche für ein Bildniß des Cajus Marius gilt. Es würde mir überflüssig scheinen, ihrer zu erwähnen, wenn sie nicht in
der neuesten Beschreibung eben dieses Museums [215] wiederum als ein wahrhaftes Bildniß dieses berühmten Mannes angegeben
wäre. Selbst Faber, welcher sich sonst nicht viel Bedenken macht, ungewisse Bildnisse zu taufen, hat in seinem Commentar zu den
Bildnissen berühmter Männer von Fulvius Ursinus sich gegen die gewöhnliche Meynung erklärt, weil diese Statue eine runde Kapsel
zu Schriften an den Füßen stehen hat, als ein Kennzeichen eines Senators oder eines Gelehrten, nicht aber des Marius, welcher nicht
als ein Senator konnte angesehen werden und fern von aller Wissenschaft war. Wir haben kein Bildniß des Marius weder in Marmor
noch auf Münzen, und wir können uns von seiner Bildung, ausgenommen was Cicero und Plutarchus von seiner störrischen Miene
sagen, aus keinem andern Denkmale einen Begriffmachen, so daß die Benennungen der zwey marmornen Köpfe im Pallaste Barberini
und in der Villa Ludovisi, ingleichen einer Statue in der Villa Negroni, welche in den Erklärungen des Museum Capitolini angeführt
werden, eben so ungründlich sind als der für die oben angeführte Capitolinische Statue bestimmte Name.
Unter den Römischen Kaysern.
$. 167. Da nun die Griechische Kunst, wie oben gesagt ist, auf den Römischen Boden verpflanzt war, blieb sie zwar ihrem System
getreu, veränderte sich aber nach Maaßgabe der Verhältnisse, und sie, [216] auf dem ihr günstigen Boden der Freyheit erzogen, wurde
unter der Römischen Oberherrschaft durch die Prachtliebe gehalten und gepflegt.
Unter Julius Cäsar.
Die Unterdrücker der Griechischen Freyheit wurden Beförderer der Kunst, undJulius Cäsar verpflanzte die Liebe zur ihr gleichsam
als Erbtheil auf einige seiner Mitbürger. Schon als Privatmann hatte er große Sammlungen von geschnittenen Steinen, elfenbeiner-
nen und bronzenen Figuren, und von Gemählden gemacht; er beschäftigte der Künstler Hände durch die großen Werke, die er in
seinem zweyten Consulate erichtete. Damals ließ er in Rom das prächtige Forum bauen, das von ihm den Namen Forum Caesaris
erhielt, und mit Kosten die weit über sein Vermögen hinausgiengen, verschönerte er viele Städte nicht allein in Italien, sondern auch
in Gallien, Spanien, Griechenland und Asien durch prächtige Gebäude.
Unter Augustus.
$. 168. Augustus, welchen Livius als den Wiederhersteller aller Tempel lobt, sammelte von allen Seiten die schönsten Statuen der
Götter, mit welchen er die Plätze und sogar die Straßen in Rom auszieren ließ. Er schmückte die Hallen seines Forum, das
neben dem des Cäsar erbauet war, mit Statuen vieler großen Römer, welche ihr Vaterland emporgebracht hatten und als
Triumphirende vorgestellt waren.
[217] Wahre Statuen des Kaysers.
$. 169. Von so vielen Denkmalen der Kunst haben sich nur zwey wirklich ächte Statuen des Augustus erhalten. Die eine steht auf dem
Capitolium und hat das Vordertheil eines Schiffes zu den Füßen, um den Sieg zur See beyActium anzudeuten; Augustus ist in dieser
Statue noch als ein junger Mann vorgestellt, und mit einem Panzer bewaffnet nach Art der Statuen berühmter Römer zur Zeit der
Republik. Die andere Statue besitzt der Marchese Rondinini; ihr Kopfwar niemals vom Körper getrennt, und sie zeigt den Augustus
etwas älter, und nackt oder heroisch, wie die meisten Statuen der nach ihm folgenden Kayser vorgestellt sind, um sie schon im Leben
vergöttert abzubilden. Diese Vergötterung wurde vom Augustus eingeführt, sie vervielfältigte, wie der Kayser Julianus sagt, die Statuen,
und gab den Römern in den Abbildungen der Kayser einen Gegenstand der Anbetung und Verehrung.
Irrig so genannte Statuen der Cleopatra.
$. 170. Von den Denkmalen aus der Zeit des Augustus bleiben drey Statuen ausgeschlossen, welche gemeiniglich für Abbildungen der
Königin Cleopatra von Aegypten gelten, wegen des Armbandes um den linken Arm, das die Gestalt einer Schlange hat. Man hätte
auch noch die Stellung anführen können, da Galenus erzählt, daß Cleopatra mit der rechten Hand auf dem [218] Kopfe, gerade wie
jene Statuen zeigen, todtgefunden worden. Die eine dieser Statuen steht am Eingänge des Hofes im Belvedere, die andere in der Villa
Medici, und die dritte, welche sonst im Museum Odescalchi war, befindet sich mit dem ganzen Museum in Aranjuez. Alle drey sind
liegend vorgestellt, und unterstützen mit der linken Hand das Haupt; man kann sie daher für Nymphen halten, welche vielleicht zur
 
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