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Winckelmann, Johann Joachim; Borbein, Adolf Heinrich [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz [Hrsg.]; Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Winckelmann-Gesellschaft [Hrsg.]; Balensiefen, Lilian [Mitarb.]
Schriften und Nachlaß (Band 6,2): Monumenti antichi inediti spiegati ed illustrati: Roma 1767; Kommentar — [Darmstadt]: von Zabern, 2014

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Volume Secondo: Parte seconda Mitologia storica. Sezione I. del Seculo anterirore alla Guerra di Troja. Kommentar
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https://doi.org/10.11588/diglit.58930#0411
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Parte seconda [:] Mitologia storica Sezione I. Del Seculo anteriore alla Guerra di Troja · Kommentar

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298,31 mit Anm. 3 Venere... una sua figliuola: So das Hesiod-Scholion (Sch. Hes. erg. 73c; Scholia vetera in Hesiodi opera
et dies, hrsg. von Agostino Pertusi, Milano 1955 S. 39), wo es unter Berufung auf Sappho (Sapph. fr. 200 Lobei - Page) heißt,
Peitho (Πειθώ; Personifikation der „Überredung“) sei Tochter der Aphrodite.
299,4 mit Anm. 4 Einsio ... Grozio: W. verweist auf Pieter Burman, Sylloges epistolarum a viris illustribus scriptarum tomi
quinque, Leiden 1727 Bd. II S. 387-388, epistola 143 des Hugo Grotius an Daniel Heinsius. Dieser hatte Pandora als τήν
τύχην („den Zufall“) gedeutet.

Zweytes Kapitel.
Cadmus.
Man kann sagen, daß die heroische Geschichte mit dem Cadmus anhebe, welcher auf dem Basrelief unter Nr. 83. abgebildet ist. Dieses
Kunstwerk, welches in dem Hause Spada sich befindet, hätte gleich zu Anfänge dieses zweyten Bandes aufgeführt werden sollen: denn
Prometheus ist als eine ganz fabelhafie Person zu betrachten, und des Cadmus Zeitalter geht so weit zurück, daß man von ihm bis
zum thebanischen Hercules zehen Generationen zählt.
Es wird hier nun in Figuren von fast natürlicher Größe Cadmus vorgestellt, wie er die Schlange, welche die Quelle Dirce bewachte
und Viele von seinen Gefährten, welche Wasser daraus hatten schöpfen wollen, umgebracht hatte, tödtet; eine Geschichte, die aus der
Fabellehre so gut wie aus verschiedenen geschnittenen Steinen (Descr. des pier. gr. du Cab. de Stosch. p. 317.) und Marmorwerken
bekannt ist. Von letztem findet man in der Sammlung alter Denkmähler des Boissard (T. 2. tab. 78.) einen Begräbnißaltar, so wie
einen andern Altar, der ehemals in dem Hause Barberini existirte, jetzt aber sich bey dem Bildhauer Bartholomäus Cavaceppi befindet.
Auf beyden Marmorwerken sieht man unter der Inschrift eben Das vorgestellt, was ich hier in Kupfer gestochen bey bringe. Cadmus
und sein Gefährte erlegen die Schlange mit Wurfspießen, so wie es auf den angeführten Gemmen abgebildet und der Erzählung des
Ovidius gemäß ist (Metam. L. 3. v. 90.). Bey dem Euripides hingegen schleudert Cadmus der Schlange einen Stein an den Kopf
worin dieser Dichter wahrscheinlich dem alten Geschichtschreiber Hellanichus gefolgt ist (Eurip. Phoeniss. v. 667. conf. Schul, h. I.).
Der Gefährte des Cadmus wird wohl Membriarus seyn, der die Insel Thera bevölkerte (Steph. de Urb. v. Θήρα); die weibliche
Figur aber kann die Harmonijcja, Cadmus Gemahlin und Tochter des Mars und der Venus, vorstellen. Die Fabel von der Schlange,
als Wächterin der Quelle Dirce, scheint von den Krümmungen, welche die Bäche und Flüsse machen und von den Dichtern mit den
Krümmungen der Schlangen verglichen worden sind, entstanden zu seyn (Theon. Schol. Arat. Phaenom. v. 46.).
299,14 bassorilievo alNum. 83: MITextS. 300 Abb. 83; Relief mit dem Tod des Opheltes, Rom, Palazzo Spada Inv. 408.
Zusammen mit sieben ähnlichen Reliefs (u. a. GK DenkmälerUr. 849a) im 17. Jh. als Treppenstufe der Kirche S. Agnese bei
Rom gefunden. H. (ergänzt) 1,78 m, B. (ergänzt) 1,15 m. Das Relief ist stark ergänzt. Modern ist der gesamte rechte Rand des
Reliefs mit der Schlange (mit Ausnahme der Schwanzwindung), dem von ihr umschlungenen Kind (mit Ausnahme von dessen
linken Arm) sowie der Krieger (mit Ausnahme seiner rechten Brusthälfte). Auch der untere Rand des Reliefs inklusive der
Amphora ist ergänzt, ferner der Kopf und der rechte Unterarm des Kriegers im Ausfallschritt. - W.s Deutung der Darstellung
auf Kadmos, den mythischen Gründer Thebens, ist zunächst recht überzeugend, denn die Sage berichtet, daß, als Kadmos
der Athena ein Opfer bringen wollte und seine Männer zum Wasserholen an eine Quelle schickte, diese von einem Drachen
getötet wurden. Mit Unterstützung Athenas habe Kadmos den Drachen erschlagen. Die Drachenzähne säte er später im Feld
aus, und daraus entsprangen Krieger, von denen einige die ersten Bewohner Thebens wurden. Gegen W.s Deutung sprechen
allerdings die Körperproportionen und die absolute Hilf- und Wehrlosigkeit der von der Schlange umwundenen Figur. Bei
dieser handelt es sich offensichtlich nicht um einen Mann, sondern ein Kind. Geschildert ist die ebenfalls in den thebanischen
Sagenkreis gehörige mythische Erzählung vom Schicksal des Opheltes, der auch ,Archemoros‘ genannt wurde. Ihr zufolge war
dem König Lykurg, der in Nemea herrschte, geweissagt worden, er dürfe seinen neugeborenen Sohn Opheltes nicht auf die
Erde legen, bevor dieser das Laufen gelernt habe. Die Amme Hypsipyle legte das Kind jedoch nieder, um den Sieben gegen
Theben eine Quelle zu zeigen. Da wurde Opheltes von einer Schlange umwunden. Die Sieben töteten letztere zwar, doch zu
spät, Opheltes war bereits tot. Euripides hat den Sagenstoff in dem Drama „Hypsipyle“ verarbeitet.
Bei W: Description S. 318; Br. IV Nr. 8 S. 42; GK1 S. XLIX Nr. 3 (GKTextS. CIV).
Lit.: Helbig4 II Nr. 2002 (Paul Zänker); Stefan Lehmann, Mythologische Prachtreliefs, Bamberg 1996 S. 56-62 Taf. 17-19; Richard Neudecker, Die
Skulpturenausstattung römischer Villen in Italien, Mainz 1988 S. 46, 212-213 Nr. c; LIMC II (1984) S. 473 Nr. 5 Taf. 356 s. v Archemoros (Wolfgang
Pülhorn).
 
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