Parte quarta [:] Riti, Costumi ed Arti · Kommentar
661
500,9-10 una sfera, detta anche Pila ... toccato di sopra al Num. 91: W. verweist auf den Medeasarkophag MI Text S. 314
Abb. 91 (s. Komm, zu 313,17), auf dessen Reliefdarstellung die Kinder der Medea ebenfalls einen Ball (lat.: pila) in den Händen
zu haben scheinen. Auf diesen Ball ist W. im Text {MI Text S. 313, 315, 317) allerdings nicht eingegangen.
Achtes Kapitel.
Fibulirte Musiker.
Die bronzene Figur unter Nr. 188. die sich im Kabinette des römischen Collegiums befindet und einen fibulirten Musiker, d.h.
einen Menschen darstellt, durch dessen Vorhaut ein Ring durchgezogen ist, kann man als einzig in ihrer Art betrachten. Schon Celsus
erwähnt (De Medicin. Lib. VII. cap. 25. Confi Mercurial. var. lect. Lib. 1. cap. 19. Marsil. Cognat. var. observat. Lib. II. Cap. 8.)
dieses Gebrauchs, wodurch man Diejenigen, welche für die Singkunst bestimmt waren, zur Erhaltung ihrer Stimme aufdiese Art
zum Genuß der Wollust unfähig machte: Man weiß indessen nicht, ob man dieses früher geth an habe, als man sie zu castriren anfing:
Ich führe dieses hier an, weil Einige behauptet haben, daß schon im Homerus verschnittene Musiker vorkämen. Der Dichter erzählt
nemlich, Agamemnon habe seine Gemahlin Clitämnestra dem Demodocus, der ein Musiker Αο^όζ, war, zur Verwahrung gelassen. Bey
der Gelegenheit bemerkt nun der alte Scho Hast, daß Einige in dieser Stelle das Wort Άοιδός durch das Wort Ευνούχος, Verschnittener
(Heins. Introduct. in Hesiod, cap. 6. p. 14. edit. Plant. 1603. 4.) erklärt hätten, indem sie sich wahrscheinlich den Demodocus als
unfähig zum Beyschlaf gedacht und es daher um so schicklicher gefunden hätten, ihn zum Wächter dieser Dame zu bestellen. Das
Haupt dieser Figur scheint geschoren zu seyn, welches nach des Lucianus Berichte der Fall bey den Tänzern war (Lapith. p. 463.
edit. Reitz.). Könnte man nun dieses bey unserm Musiker mit Gewißheit behaupten; so würde daraus folgen, daß die Musiker sich
hierin nach den Tänzen gerichtet hätten.
Da übrigens diese Figur wegen ihrer Magerkeit und wegen des Hervorragens der Knochen und der Muskeln vielAehnlichkeit von
einem Skelett oder anatomischen Gliedermann, auch die Kennzeichen des Gesanges und der Musik an sich hat, so könnte man viel-
leichtbehaupten, daß sie Eins von den Skeletten sey, welche sich die Alten auf den Tisch setzen ließen, um sich dadurch zur Fröhlichkeit
und zum Genuß der Vergnügungen des Lebens zu ermuntern, indem sie sich aufdiese Art an den schnellen Verlaufder Jahre und an
den Tod erinnerten, welcher den Menschen diesen Schattenbildern ähnlich macht.
500,18 figurina di bronzo alNum. 188: MI Text S. 498 Abb. 188; Bronzestatuette eines infibulierten Leierspielers, Rom,
Thermenmuseum, ehemals Rom, Collegio Romano. Bronze. H. 10 cm. W. führt korrekt aus, daß Sänger im Altertum infabu-
liert wurden, um sie am Beischlaf zu hindern und so ihre Stimme zu bewahren; s. dazu Herkulanische Schriften II Komm, zu
28,4. Seine Erklärung, daß solche Bronzen mißgestalteter Menschen auf Festtafeln die Schmausenden ermahnen sollten, fand
auch in heutiger Zeit Bestätigung (Giuliani a. O.); s. dazu auch Nachrichten S. 34 {Herkulanische Schriften II S. 27,35 undTaf.
43,1) und Herkulanische Schriften II Komm, zu 27,35; AllegorieS. 59, 140, 144; Br. II Nr. 398 S. 132.
Lit.: Guiseppe Penso, La Medicine Romaine, Paris 1984 Abb. 133; Luca Giuliani, Die seligen Krüppel. Zur Deutung von Mißgestalten in der helle-
nistischen Kunst, in: AA 1987 S. 701-721; Jutta Fischer, Der Zwerg, der Phallos und der Buckel, Groteskfiguren aus dem ptolomäischen Ägypten, in:
Chronique d’Egypte 73, 1998 S. 327-361.
500,21 mit Anm. 4 ci vien riferito da Celso: Celsus (Cels. de medicina 7,25,2) beschreibt den Eingriff der Infibulation,
den manche bei nanchen Knaben für deren Stimme oder Gesundheit vorzunehmen pflegte; s. dazu Nachrichten S. 34-35
{Herkulanische Schriften II S. 27-28) und Herkulanische Schriften II Komm, zu 28,4.
500.22- 23 Omero; narra... ehe Agamennone lasciava Clitennestra... a Demodoco: W. bezieht sich auf einen Passus in der
„Odyssee“ (Hom. Od. 3,265-275); in Hom. Od. 3,267-268 heißt es: „Auch war ein Sänger bei ihr [sc. Klytaimnestra], dem
Agamemnon besonders, / Als er gen Ilion fuhr, sein Weib zu bewahren vertraute.” (Übers.: Johann Heinrich Voß). Aigisthos
gelang es, Klytaimnestra erst zu verführen, nachdem er den Sänger auf einer einsamen Insel ausgesetzt hatte. Es handelt sich
allerdings nicht um den Sänger Demodokos, der im 8. Buch der „Odyssee“ bei den Phäaken auftritt; der Name des Bewachers
der Klytaimnestra wird nicht genannt. Da die Stellenangabe fehlt, referiert W. die „Odyssee“-Episode vermutlich aus dem
Gedächtnis.
500.23- 24 mit Anm. 5 lo scoliaste antico rifersice: W bezieht sich auf die Erläuterungen des Daniel Heinsius zu Hesiods Epos
„Werke und Tage” (in: Danielis Heinsii Introductio in doctrinam, quae libris Hesiodi Ergon kai Hemeron continetur [...], [o.
Ort; ex officina Plantiniana, Raphelengius] 1603 S. 14-15, angebunden an: Hesiodi Ascraei quae extant cum graecis scholiis
[...] opera et Studio Danielis Heinsii, [o. Ort; ex officina Plantiniana, Raphelengius] 1603), wo Heinsius ausführlich die bis
in die Antike zurückreichende philologische Frage erörtert, ob in Hom. Od. 3,267 anstelle des Wortes άοιδός („Sänger“) als
Bezeichnung für den von Agamemnon zur Bewachung seiner Frau eingesetzte Mann nicht das Wort εύνοΰχος („Eunuch“)
stehen müßte.
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500,9-10 una sfera, detta anche Pila ... toccato di sopra al Num. 91: W. verweist auf den Medeasarkophag MI Text S. 314
Abb. 91 (s. Komm, zu 313,17), auf dessen Reliefdarstellung die Kinder der Medea ebenfalls einen Ball (lat.: pila) in den Händen
zu haben scheinen. Auf diesen Ball ist W. im Text {MI Text S. 313, 315, 317) allerdings nicht eingegangen.
Achtes Kapitel.
Fibulirte Musiker.
Die bronzene Figur unter Nr. 188. die sich im Kabinette des römischen Collegiums befindet und einen fibulirten Musiker, d.h.
einen Menschen darstellt, durch dessen Vorhaut ein Ring durchgezogen ist, kann man als einzig in ihrer Art betrachten. Schon Celsus
erwähnt (De Medicin. Lib. VII. cap. 25. Confi Mercurial. var. lect. Lib. 1. cap. 19. Marsil. Cognat. var. observat. Lib. II. Cap. 8.)
dieses Gebrauchs, wodurch man Diejenigen, welche für die Singkunst bestimmt waren, zur Erhaltung ihrer Stimme aufdiese Art
zum Genuß der Wollust unfähig machte: Man weiß indessen nicht, ob man dieses früher geth an habe, als man sie zu castriren anfing:
Ich führe dieses hier an, weil Einige behauptet haben, daß schon im Homerus verschnittene Musiker vorkämen. Der Dichter erzählt
nemlich, Agamemnon habe seine Gemahlin Clitämnestra dem Demodocus, der ein Musiker Αο^όζ, war, zur Verwahrung gelassen. Bey
der Gelegenheit bemerkt nun der alte Scho Hast, daß Einige in dieser Stelle das Wort Άοιδός durch das Wort Ευνούχος, Verschnittener
(Heins. Introduct. in Hesiod, cap. 6. p. 14. edit. Plant. 1603. 4.) erklärt hätten, indem sie sich wahrscheinlich den Demodocus als
unfähig zum Beyschlaf gedacht und es daher um so schicklicher gefunden hätten, ihn zum Wächter dieser Dame zu bestellen. Das
Haupt dieser Figur scheint geschoren zu seyn, welches nach des Lucianus Berichte der Fall bey den Tänzern war (Lapith. p. 463.
edit. Reitz.). Könnte man nun dieses bey unserm Musiker mit Gewißheit behaupten; so würde daraus folgen, daß die Musiker sich
hierin nach den Tänzen gerichtet hätten.
Da übrigens diese Figur wegen ihrer Magerkeit und wegen des Hervorragens der Knochen und der Muskeln vielAehnlichkeit von
einem Skelett oder anatomischen Gliedermann, auch die Kennzeichen des Gesanges und der Musik an sich hat, so könnte man viel-
leichtbehaupten, daß sie Eins von den Skeletten sey, welche sich die Alten auf den Tisch setzen ließen, um sich dadurch zur Fröhlichkeit
und zum Genuß der Vergnügungen des Lebens zu ermuntern, indem sie sich aufdiese Art an den schnellen Verlaufder Jahre und an
den Tod erinnerten, welcher den Menschen diesen Schattenbildern ähnlich macht.
500,18 figurina di bronzo alNum. 188: MI Text S. 498 Abb. 188; Bronzestatuette eines infibulierten Leierspielers, Rom,
Thermenmuseum, ehemals Rom, Collegio Romano. Bronze. H. 10 cm. W. führt korrekt aus, daß Sänger im Altertum infabu-
liert wurden, um sie am Beischlaf zu hindern und so ihre Stimme zu bewahren; s. dazu Herkulanische Schriften II Komm, zu
28,4. Seine Erklärung, daß solche Bronzen mißgestalteter Menschen auf Festtafeln die Schmausenden ermahnen sollten, fand
auch in heutiger Zeit Bestätigung (Giuliani a. O.); s. dazu auch Nachrichten S. 34 {Herkulanische Schriften II S. 27,35 undTaf.
43,1) und Herkulanische Schriften II Komm, zu 27,35; AllegorieS. 59, 140, 144; Br. II Nr. 398 S. 132.
Lit.: Guiseppe Penso, La Medicine Romaine, Paris 1984 Abb. 133; Luca Giuliani, Die seligen Krüppel. Zur Deutung von Mißgestalten in der helle-
nistischen Kunst, in: AA 1987 S. 701-721; Jutta Fischer, Der Zwerg, der Phallos und der Buckel, Groteskfiguren aus dem ptolomäischen Ägypten, in:
Chronique d’Egypte 73, 1998 S. 327-361.
500,21 mit Anm. 4 ci vien riferito da Celso: Celsus (Cels. de medicina 7,25,2) beschreibt den Eingriff der Infibulation,
den manche bei nanchen Knaben für deren Stimme oder Gesundheit vorzunehmen pflegte; s. dazu Nachrichten S. 34-35
{Herkulanische Schriften II S. 27-28) und Herkulanische Schriften II Komm, zu 28,4.
500.22- 23 Omero; narra... ehe Agamennone lasciava Clitennestra... a Demodoco: W. bezieht sich auf einen Passus in der
„Odyssee“ (Hom. Od. 3,265-275); in Hom. Od. 3,267-268 heißt es: „Auch war ein Sänger bei ihr [sc. Klytaimnestra], dem
Agamemnon besonders, / Als er gen Ilion fuhr, sein Weib zu bewahren vertraute.” (Übers.: Johann Heinrich Voß). Aigisthos
gelang es, Klytaimnestra erst zu verführen, nachdem er den Sänger auf einer einsamen Insel ausgesetzt hatte. Es handelt sich
allerdings nicht um den Sänger Demodokos, der im 8. Buch der „Odyssee“ bei den Phäaken auftritt; der Name des Bewachers
der Klytaimnestra wird nicht genannt. Da die Stellenangabe fehlt, referiert W. die „Odyssee“-Episode vermutlich aus dem
Gedächtnis.
500.23- 24 mit Anm. 5 lo scoliaste antico rifersice: W bezieht sich auf die Erläuterungen des Daniel Heinsius zu Hesiods Epos
„Werke und Tage” (in: Danielis Heinsii Introductio in doctrinam, quae libris Hesiodi Ergon kai Hemeron continetur [...], [o.
Ort; ex officina Plantiniana, Raphelengius] 1603 S. 14-15, angebunden an: Hesiodi Ascraei quae extant cum graecis scholiis
[...] opera et Studio Danielis Heinsii, [o. Ort; ex officina Plantiniana, Raphelengius] 1603), wo Heinsius ausführlich die bis
in die Antike zurückreichende philologische Frage erörtert, ob in Hom. Od. 3,267 anstelle des Wortes άοιδός („Sänger“) als
Bezeichnung für den von Agamemnon zur Bewachung seiner Frau eingesetzte Mann nicht das Wort εύνοΰχος („Eunuch“)
stehen müßte.