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Kommentare zu S. 489-549
524,27 mit Anm. 8 un Genio... alle lor gozzoviglie: W. verweist auf Jacob Palmerius (1587-1670), Exercitationes in optimos
fere auctores Graecos, Trajecti ad Rhenum 1694 S. 98-99, der seinerseits unter Berufung auf eine nicht genauer benannte
Stelle bei Theopompos einen guten Geist beim Trinkgelage erwähnt. Der ,Agathodaimon‘ erscheint
in der Komödie „Pamphile“ des Komödiendichters Theopompos (5./4. Jh. v. Chr.; Theopomp.
Com. fr. 41 K.-A.; PCG VII S. 728), wo vermutlich die namengebende Hetäre „Zum guten
Glück“ [,Άγαθοϋ Δαίμονος’] ausruft und den unvermischten Wein austrinkt. Palmerius kannte
das Fragment höchstwahrscheinlich durch Athenaios (Athen. 11,485b).
524,28 in un vaso di quellipropostici dal Buonarroti: W. verweist auf den von Buonarroti zu-
sammengestellten und kommentierten Tafelteil in: Dempster, Etruria II Taf. 90,3. Dort ist eine
derzeit nicht identifizierte rotfigurige unteritalische Hydria abgebildet mit der konventionellen
Darstellung des Eros, der einer auf einem Stein sitzenden Frau einen Teller mit Früchten (?) reicht.
Lit.: Giovanni Battista Passeri, Picturae Etruscorum in Vasculis I, Romae 1767 Taf. 61.
524,30-32 un marmo spettante allo scultore... Cavaceppi: Cavaceppi, Raccolta I Taf. 40 bildet
eine geflügelte Herme, heute in Newby Hall, ab und identifiziert sie in der Bildunterschrift mit
dem von W. hier in MI genannten Genius. Diese Identifizierung muß man jedoch bezweifeln,
denn die von W. erwähnte Herme ist zweifellos identisch mit der in Br. II Nr. 547 beschriebenen.
Letztere wird als Herme eines Hermaphroditen ohne Kopf und Arme mit nur in Ansätzen erhal-
tenen Flügeln bezeichnet. Die von W. als fehlend bezeichneten Teile sind an der Herme in Newby
Hall in der Tat alle modern ergänzt. Der hier in MI erwähnte weibliche Genius hat aber 1t. W. auf
dem Kopf verknotete Haare gehabt. Offenbar war der Kopf dieses weiblichen Genius also erhal-
ten. Da W. nicht irrtümlich den von Cavaceppi ergänzten Kopf beschrieben haben kann, - dieser
trägt nämlich ein Kopftuch und hat keine verknoteten Haare -, muß man wohl davon ausgehen,
daß er eine andere Figur, vermutlich eine Victoria meint. Die von Cavaceppi, Raccolta III Taf. 4
abgebildete Victoria in Berlin, Antikensammlung Inv. SK 226 kann jedoch auch nicht gemeint
sein, da sie lebensgroß ist und ebenfalls einen modern ergänzten Kopf hat.
Bei W.: Br. II Nr. 547 S. 301-302 (Herkulanische Schriften III Brief 16 S. 68,7-9).
Lit. zur Herme in Newby Hall: Dietrich Böschung, Henner von Hesberg, Die antiken Skulpturen in Newby Hall sowie
in anderen Sammlungen in Yorkshire, Wiesbaden 2007 S. 48—49 Nr. N9 Taf. 18—19; Rowland Pierce, Thomas Jenkins in
Rome, in: The Antiquaries Journal 45, 1965 S. 217 mit Anm. 3 (Beschreibung der Herme durch Jenkins). — Zur Victoria in
Berlin: Saskia Hüneke, Antiken I. Kurfürstliche und königliche Erwerbungen für die Schlösser und Gärten Brandenburg-
Preussens vom 17. bis zum 19. Jahrhundert, Berlin 2009 S. 418-419 Nr. 272.
Zwölftes Kapitel.
Das Reuten.
Unter den Gebräuchen der Alten ist bis dahin noch eine besondere Art, zu Pferde zu steigen, unbekannt geblieben, indem aus dem
Stillschweigen der Schriftsteller sowohl, als aus den abgebildeten Reitern erhellt, daß die Steigbügel in jenen Zeiten noch nicht im
Gebrauch waren. Naudäus ist vielleicht der Einzige, der das Gegentheil behauptet (Naud, de stud. milit. Lib. I. p. 225.). Erführt
dabey zwar den Pollux (Onom. Lib. 1. segm. 215.) zum Gewährsmann an, meldet indessen nicht, wo dieser Schriftsteller die Steigbügel
nennet; daher es vergebliche Arbeit ist, ihn nachzuschlagen. Die Verfasser der neuen Ausgabe des Glossariums des du Gange (v.
Bistapia.) widersprechen auch allen Denjenigen, welche behauptet haben, der heil. Hieronymus sey der Erste, welcher der Steigbügel
Erwähnung gethan habe, indem er sie Bistapia nenne; und sie zeigen, daß sich dieses Wort in den Werken des heiligen Kirchenvaters
durchaus nicht finde. Von denen griechischen Schriftstellern, welche jünger sind als Pollux, wurden die Steigbügel Άναβολευς genannt,
weil sie statt des Menschen dienten, der vorher dem Reuter halb, um auf das Pferd zu steigen, und welcher Άναβολεύς hieß (Suid. v.
Άναβολεύς. Salmas, in Spartian. p. 163. B.).
Es ist gewiß, daß die griechische und römische Jugend wegen ihrer beständigen Uebungen sich geschickt machte, ein Pferd ohne
Hülfe eines Andern zu besteigen, indem sie diese Gewandtheit dadurch erlangte, daß sie sehr häufig sowohl zur Linken als Rechten, ja
selbst von hinten auf ein hölzernes Pferd sprang, um ihm auf Kreuz zu kommen. Ueberdem wissen wir auch aus dem Plutarchus, daß
es Pferde gab, die man so abgerichtet hatte, daß sie sich auf die vorderen Knie niederlegten, und so dem Reuter [122] das Aufsteigen
erleichterten (Plutarch. Γαμικ. παραγγ. p. 241. I. 11.). Es ist indessen außer allem Zweifel, daß für alte und betagte Soldaten, so wie
für Reisende, die nicht an kriegerische Uebungen gewöhnt waren, irgend eine Bequemlichkeit erfordert wurde; und diese wollen,
in Ansehung der Letzteren, einige Gelehrte in den steinernen Erhöhungen finden, welche hin und wieder an den alten gepflasterten
Wegen der Römer die Einfassung ausmachen (Bergier des chemins des Romains. Lib. II. sect.. 31. I. 5.).
Kommentare zu S. 489-549
524,27 mit Anm. 8 un Genio... alle lor gozzoviglie: W. verweist auf Jacob Palmerius (1587-1670), Exercitationes in optimos
fere auctores Graecos, Trajecti ad Rhenum 1694 S. 98-99, der seinerseits unter Berufung auf eine nicht genauer benannte
Stelle bei Theopompos einen guten Geist beim Trinkgelage erwähnt. Der ,Agathodaimon‘ erscheint
in der Komödie „Pamphile“ des Komödiendichters Theopompos (5./4. Jh. v. Chr.; Theopomp.
Com. fr. 41 K.-A.; PCG VII S. 728), wo vermutlich die namengebende Hetäre „Zum guten
Glück“ [,Άγαθοϋ Δαίμονος’] ausruft und den unvermischten Wein austrinkt. Palmerius kannte
das Fragment höchstwahrscheinlich durch Athenaios (Athen. 11,485b).
524,28 in un vaso di quellipropostici dal Buonarroti: W. verweist auf den von Buonarroti zu-
sammengestellten und kommentierten Tafelteil in: Dempster, Etruria II Taf. 90,3. Dort ist eine
derzeit nicht identifizierte rotfigurige unteritalische Hydria abgebildet mit der konventionellen
Darstellung des Eros, der einer auf einem Stein sitzenden Frau einen Teller mit Früchten (?) reicht.
Lit.: Giovanni Battista Passeri, Picturae Etruscorum in Vasculis I, Romae 1767 Taf. 61.
524,30-32 un marmo spettante allo scultore... Cavaceppi: Cavaceppi, Raccolta I Taf. 40 bildet
eine geflügelte Herme, heute in Newby Hall, ab und identifiziert sie in der Bildunterschrift mit
dem von W. hier in MI genannten Genius. Diese Identifizierung muß man jedoch bezweifeln,
denn die von W. erwähnte Herme ist zweifellos identisch mit der in Br. II Nr. 547 beschriebenen.
Letztere wird als Herme eines Hermaphroditen ohne Kopf und Arme mit nur in Ansätzen erhal-
tenen Flügeln bezeichnet. Die von W. als fehlend bezeichneten Teile sind an der Herme in Newby
Hall in der Tat alle modern ergänzt. Der hier in MI erwähnte weibliche Genius hat aber 1t. W. auf
dem Kopf verknotete Haare gehabt. Offenbar war der Kopf dieses weiblichen Genius also erhal-
ten. Da W. nicht irrtümlich den von Cavaceppi ergänzten Kopf beschrieben haben kann, - dieser
trägt nämlich ein Kopftuch und hat keine verknoteten Haare -, muß man wohl davon ausgehen,
daß er eine andere Figur, vermutlich eine Victoria meint. Die von Cavaceppi, Raccolta III Taf. 4
abgebildete Victoria in Berlin, Antikensammlung Inv. SK 226 kann jedoch auch nicht gemeint
sein, da sie lebensgroß ist und ebenfalls einen modern ergänzten Kopf hat.
Bei W.: Br. II Nr. 547 S. 301-302 (Herkulanische Schriften III Brief 16 S. 68,7-9).
Lit. zur Herme in Newby Hall: Dietrich Böschung, Henner von Hesberg, Die antiken Skulpturen in Newby Hall sowie
in anderen Sammlungen in Yorkshire, Wiesbaden 2007 S. 48—49 Nr. N9 Taf. 18—19; Rowland Pierce, Thomas Jenkins in
Rome, in: The Antiquaries Journal 45, 1965 S. 217 mit Anm. 3 (Beschreibung der Herme durch Jenkins). — Zur Victoria in
Berlin: Saskia Hüneke, Antiken I. Kurfürstliche und königliche Erwerbungen für die Schlösser und Gärten Brandenburg-
Preussens vom 17. bis zum 19. Jahrhundert, Berlin 2009 S. 418-419 Nr. 272.
Zwölftes Kapitel.
Das Reuten.
Unter den Gebräuchen der Alten ist bis dahin noch eine besondere Art, zu Pferde zu steigen, unbekannt geblieben, indem aus dem
Stillschweigen der Schriftsteller sowohl, als aus den abgebildeten Reitern erhellt, daß die Steigbügel in jenen Zeiten noch nicht im
Gebrauch waren. Naudäus ist vielleicht der Einzige, der das Gegentheil behauptet (Naud, de stud. milit. Lib. I. p. 225.). Erführt
dabey zwar den Pollux (Onom. Lib. 1. segm. 215.) zum Gewährsmann an, meldet indessen nicht, wo dieser Schriftsteller die Steigbügel
nennet; daher es vergebliche Arbeit ist, ihn nachzuschlagen. Die Verfasser der neuen Ausgabe des Glossariums des du Gange (v.
Bistapia.) widersprechen auch allen Denjenigen, welche behauptet haben, der heil. Hieronymus sey der Erste, welcher der Steigbügel
Erwähnung gethan habe, indem er sie Bistapia nenne; und sie zeigen, daß sich dieses Wort in den Werken des heiligen Kirchenvaters
durchaus nicht finde. Von denen griechischen Schriftstellern, welche jünger sind als Pollux, wurden die Steigbügel Άναβολευς genannt,
weil sie statt des Menschen dienten, der vorher dem Reuter halb, um auf das Pferd zu steigen, und welcher Άναβολεύς hieß (Suid. v.
Άναβολεύς. Salmas, in Spartian. p. 163. B.).
Es ist gewiß, daß die griechische und römische Jugend wegen ihrer beständigen Uebungen sich geschickt machte, ein Pferd ohne
Hülfe eines Andern zu besteigen, indem sie diese Gewandtheit dadurch erlangte, daß sie sehr häufig sowohl zur Linken als Rechten, ja
selbst von hinten auf ein hölzernes Pferd sprang, um ihm auf Kreuz zu kommen. Ueberdem wissen wir auch aus dem Plutarchus, daß
es Pferde gab, die man so abgerichtet hatte, daß sie sich auf die vorderen Knie niederlegten, und so dem Reuter [122] das Aufsteigen
erleichterten (Plutarch. Γαμικ. παραγγ. p. 241. I. 11.). Es ist indessen außer allem Zweifel, daß für alte und betagte Soldaten, so wie
für Reisende, die nicht an kriegerische Uebungen gewöhnt waren, irgend eine Bequemlichkeit erfordert wurde; und diese wollen,
in Ansehung der Letzteren, einige Gelehrte in den steinernen Erhöhungen finden, welche hin und wieder an den alten gepflasterten
Wegen der Römer die Einfassung ausmachen (Bergier des chemins des Romains. Lib. II. sect.. 31. I. 5.).