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Windelband, Wilhelm
Die Philosophie im deutschen Geistesleben des XIX. Jahrhunderts: fünf Vorlesungen — Tübingen, 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.18214#0064
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III. Irrationalismus, Materialismus, Pessimismus.

Der Glaube an die Vernunft in der Geschichte
war die Grundüberzeugung des Hegelianismus ge-
wesen. Er konnte bei seiner hohen Stellung über
den Gegensätzen schliesslich jeder Partei als Rück-
halt dienen, und er brauchte bei seiner universellen
Ausgeglichenheit sich zunächst noch nicht erschüt-
tert zu sehen, wenn die Verwirklichung der Ver-
nunft in den gegenwärtigen politischen Zuständen
ein etwas sehr langsames Tempo zeigte. Aber die
Belastungsprobe, der jenen Glauben die Geschicke
Deutschlands in den Jahrzehnten von 1830 bis 1850
aussetzten, war denn doch zu stark: er ist schliess-
lich darunter zusammengebrochen, und die Ele-
mente, die Hegel so kunstvoll zum System gefügt
hatte, fielen auseinander.

Das erste, was dabei gesprengt wurde, war die
Verknüpfung von Philosophie und Religion. Wenn
Hegel gelehrt hatte, die Religion enthalte dasselbe
in der Vorstellung, was die Philosophie im Begriff
darstelle, so zeigte sich, dass von Seiten der posi-
tiven Religion eben die Vorstellung doch für das
ihr "Wesentliche und für ihre eigene Wahrheit an-
 
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