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https://doi.org/10.11588/diglit.15409#0086
822
-°»dZ° Der kühne Springer. °Z-G°--°-
Ztvci Touristr», ein Dicker und ein Dünner, stehen an einem Abgrund.
Der Dünne ist bereits hinübcrgesprungeu, der Dicke zögert ängstlich. Hinter
ihm steht sinnend Sepp, der Führer. —
Da der Dicke durchaus nicht hinüber will, so zieht Sepp ihm einen
wuchtigen Hieb über das pralle Hinterthcil, worauf der Dicke vor Schmerz
einen kühnen Sprung macht und glücklich hinüber zu dem Dünnen kommt.
Das unheimliche Gerücht.
Herr Windthorst munkelt: Wir müssen
Jetzt ,Ja° sagen und nicht ,Ne>w,
Sonst bricht etwas Ungeheures
Wohl über das Reich herein.
Die Auslösung unseres Reichstags
Das wäre das Schlimmste nicht,
Es sind noch ganz andere Dinge
Alsdann gar bald in Sicht:
Es wackelt die ganze Verfassung,
Das Wahlrecht wankt und kracht —
Ein solcher Moment ist nimmer
Zum Opponiren gemacht."
O Windthorst, tvie bist du so weise,
O Windthorst, wie bist du so klug —
Du bringst in den Umfall der Schwarzen
Einen welterschütteruden Zug.
Nicht wackelt die ganze Verfassung
Plicht ist die Gefahr so groß —
Es wackelt der alte Windthorst,
Es wackelt das Zentrum blos.
Sie wackeln, sic schwanken, sie fallen
Zuletzt vor dem Kanzler aufs Knie,
Doch bestehen Verfassung und Wahlrecht
Zum Glück auch ohne sie.
Die Brillen im Reichstage.
A. : Es ist doch merkwürdig, daß ein ganzes
Fünftel der Reichstagsabgeordnetcn Brillen oder
Lorgnons trägt, also au Kurzsichtigkeit leidet!
B. : Hm, ein Fünftel ist aber doch nur die
Minorität, bisher aber —z.B. bei den Sozialisten-
gcsetzverlängerungcn — zeigte sich immer, daß sogar
die Majorität sammt den Ministern an Kurz-
sichtigkeit litt.
Kolonialpolitik.
Mit Bibel und mit Flinte wollt, ihr Herrn,
zivilisiren.
Die schwarzen Sklaven Afrikas vom Joch emanzipiren.
Wer aber möchte endigen der weißen Sklaven Noth
Europas und Amerikas mit Aufklärung und B r o t °? i
Eine nene Partei.
In der Provinz Sachsen hat eine Versamm-
lung von Kolonialwaarenhändlern beschlossen, eine
G e s ch ä f t s p a r t e i zu gründen und nur für
! Kandidaten zu stimmen, welche ihre geschäftlichen
! Interessen berücksichtigen. So wird die Gruppe
der Kolonialpolitiker anmuthig ergänzt werden
durch die Kolonialwaarenpolitiker.
Selbstverständlich.
Wenn die Gehälter höher schraubt der Staat
Für das Beamten-Prolctariat,
Muß er der höchsten Diener auch gedenken
Und sie mit besserem Gehalt beschenken;
Und da die härtste Arbeit diese leisten,
Bekommen sie mit Fug und Recht am meisten.
Zur Gewerbe-Novelle.
Jnnuugsmcister: Da heißt cS, die Gewerbe-
ordnung soll auch die Kinder schützen, und dabei
wird doch das gerade Gcgentheil beantragt.
Arbeiter: Wie so?
Jnnungsmeister: Na, da beantragt z. B.
Einer, die Lehrlinge dürften nur zu Berufs-
arbeiten verwandt werden! Wer soll denn
dann unsere Kinder warten?
Gute Ausrede.
Preuße: Ist es wahr, daß im sächsischen LandcS-
gefäugnisse zu Zwickau ein Leipziger Redak-
teur wie ein gemeiner Sträfling behandelt
wird?
Sachse: I nu ja, nee, nee! Das derfen Se
nich so nngemiedlich nehmen. M'r had'n blos de
Haare ä bischen abgeschoren, daß geene
Fledermaus nich nein gommd.
Die Konkurrenz.
Erster Seiltänzer: Wir müssen unter allen
Umständen einige neue Bravourstücke einüben.
Zweiter Seiltänzer: Warum?
Erster Seiltänzer: Gegenüber den Springen,
die Windthorst im Reichstag bei der Militärvorlage
gemacht hat, sind wir die reinsten Stümper.
Perriicken-Lied.
Perrücken her! Perrücken her!
Mir fehlt zu meinem Glücke
Auf dieser weiten Welt nichts mehr,
Als einzig die Perrücke.
Was nützen mir die Wadelstrümpf',
Die Schuhe mit den Schnallen,
Wenn nicht die weißen Locken mir
Vom Haupte niederwallen?
In diesen Locken liegt etwas,
Das ist gar nicht zu sagen,
Wenn es der Mensch nur recht versteht,
SOiit Würde sie zu tragen.
Des Alters Hoheit und Verstand,
Uns mit den Locken zieren,
Man kann auf jeden Fall damit
Dem Pöbel imponiren.
Drum schleunigst die Perrücke her
Mit allen Attributen,
Die allzulang vergessen schon
Bei Staub und Moder ruhten
Zerschellen wird am Lockenhaupt
Des Pöbels List und Tücke,
Und was den Staat gerettet hat,
Ist einzig — die Perrücke I
Zum Rcichstagsschlnst.
A. : Nun hat sich der Reichstag de» ganzen
Sommer geplagt, und gerade vor der Ernte wird
er heimgcschickk.
B. : Ganz natürlich; die Ernte, die auf seine
Arbeit folgt, geht ihm nichts an, die heimst der
Kriegsminister ein.
Ein landwirthschaftlicher Kunstgriff.
A. : Was fällt denn dem Bauern Huber ein,
daß er seine Kühe mit Wassersuppe und
K o m m i s b r o t füttert?
B. : Das ist ein Kunstgriff; er will sie damit
mästen, daß sie so fett werden, wie Vogel von
Falckensteinschc Soldaten.
-°»dZ° Der kühne Springer. °Z-G°--°-
Ztvci Touristr», ein Dicker und ein Dünner, stehen an einem Abgrund.
Der Dünne ist bereits hinübcrgesprungeu, der Dicke zögert ängstlich. Hinter
ihm steht sinnend Sepp, der Führer. —
Da der Dicke durchaus nicht hinüber will, so zieht Sepp ihm einen
wuchtigen Hieb über das pralle Hinterthcil, worauf der Dicke vor Schmerz
einen kühnen Sprung macht und glücklich hinüber zu dem Dünnen kommt.
Das unheimliche Gerücht.
Herr Windthorst munkelt: Wir müssen
Jetzt ,Ja° sagen und nicht ,Ne>w,
Sonst bricht etwas Ungeheures
Wohl über das Reich herein.
Die Auslösung unseres Reichstags
Das wäre das Schlimmste nicht,
Es sind noch ganz andere Dinge
Alsdann gar bald in Sicht:
Es wackelt die ganze Verfassung,
Das Wahlrecht wankt und kracht —
Ein solcher Moment ist nimmer
Zum Opponiren gemacht."
O Windthorst, tvie bist du so weise,
O Windthorst, wie bist du so klug —
Du bringst in den Umfall der Schwarzen
Einen welterschütteruden Zug.
Nicht wackelt die ganze Verfassung
Plicht ist die Gefahr so groß —
Es wackelt der alte Windthorst,
Es wackelt das Zentrum blos.
Sie wackeln, sic schwanken, sie fallen
Zuletzt vor dem Kanzler aufs Knie,
Doch bestehen Verfassung und Wahlrecht
Zum Glück auch ohne sie.
Die Brillen im Reichstage.
A. : Es ist doch merkwürdig, daß ein ganzes
Fünftel der Reichstagsabgeordnetcn Brillen oder
Lorgnons trägt, also au Kurzsichtigkeit leidet!
B. : Hm, ein Fünftel ist aber doch nur die
Minorität, bisher aber —z.B. bei den Sozialisten-
gcsetzverlängerungcn — zeigte sich immer, daß sogar
die Majorität sammt den Ministern an Kurz-
sichtigkeit litt.
Kolonialpolitik.
Mit Bibel und mit Flinte wollt, ihr Herrn,
zivilisiren.
Die schwarzen Sklaven Afrikas vom Joch emanzipiren.
Wer aber möchte endigen der weißen Sklaven Noth
Europas und Amerikas mit Aufklärung und B r o t °? i
Eine nene Partei.
In der Provinz Sachsen hat eine Versamm-
lung von Kolonialwaarenhändlern beschlossen, eine
G e s ch ä f t s p a r t e i zu gründen und nur für
! Kandidaten zu stimmen, welche ihre geschäftlichen
! Interessen berücksichtigen. So wird die Gruppe
der Kolonialpolitiker anmuthig ergänzt werden
durch die Kolonialwaarenpolitiker.
Selbstverständlich.
Wenn die Gehälter höher schraubt der Staat
Für das Beamten-Prolctariat,
Muß er der höchsten Diener auch gedenken
Und sie mit besserem Gehalt beschenken;
Und da die härtste Arbeit diese leisten,
Bekommen sie mit Fug und Recht am meisten.
Zur Gewerbe-Novelle.
Jnnuugsmcister: Da heißt cS, die Gewerbe-
ordnung soll auch die Kinder schützen, und dabei
wird doch das gerade Gcgentheil beantragt.
Arbeiter: Wie so?
Jnnungsmeister: Na, da beantragt z. B.
Einer, die Lehrlinge dürften nur zu Berufs-
arbeiten verwandt werden! Wer soll denn
dann unsere Kinder warten?
Gute Ausrede.
Preuße: Ist es wahr, daß im sächsischen LandcS-
gefäugnisse zu Zwickau ein Leipziger Redak-
teur wie ein gemeiner Sträfling behandelt
wird?
Sachse: I nu ja, nee, nee! Das derfen Se
nich so nngemiedlich nehmen. M'r had'n blos de
Haare ä bischen abgeschoren, daß geene
Fledermaus nich nein gommd.
Die Konkurrenz.
Erster Seiltänzer: Wir müssen unter allen
Umständen einige neue Bravourstücke einüben.
Zweiter Seiltänzer: Warum?
Erster Seiltänzer: Gegenüber den Springen,
die Windthorst im Reichstag bei der Militärvorlage
gemacht hat, sind wir die reinsten Stümper.
Perriicken-Lied.
Perrücken her! Perrücken her!
Mir fehlt zu meinem Glücke
Auf dieser weiten Welt nichts mehr,
Als einzig die Perrücke.
Was nützen mir die Wadelstrümpf',
Die Schuhe mit den Schnallen,
Wenn nicht die weißen Locken mir
Vom Haupte niederwallen?
In diesen Locken liegt etwas,
Das ist gar nicht zu sagen,
Wenn es der Mensch nur recht versteht,
SOiit Würde sie zu tragen.
Des Alters Hoheit und Verstand,
Uns mit den Locken zieren,
Man kann auf jeden Fall damit
Dem Pöbel imponiren.
Drum schleunigst die Perrücke her
Mit allen Attributen,
Die allzulang vergessen schon
Bei Staub und Moder ruhten
Zerschellen wird am Lockenhaupt
Des Pöbels List und Tücke,
Und was den Staat gerettet hat,
Ist einzig — die Perrücke I
Zum Rcichstagsschlnst.
A. : Nun hat sich der Reichstag de» ganzen
Sommer geplagt, und gerade vor der Ernte wird
er heimgcschickk.
B. : Ganz natürlich; die Ernte, die auf seine
Arbeit folgt, geht ihm nichts an, die heimst der
Kriegsminister ein.
Ein landwirthschaftlicher Kunstgriff.
A. : Was fällt denn dem Bauern Huber ein,
daß er seine Kühe mit Wassersuppe und
K o m m i s b r o t füttert?
B. : Das ist ein Kunstgriff; er will sie damit
mästen, daß sie so fett werden, wie Vogel von
Falckensteinschc Soldaten.