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1171

jreifen, bet et einfach niederträchtig war, de Zölle runterzusetzen, wo sich die
armen Deibels so schon blos halb satt essen konnten. Da lobe ick mir den
Arbeeter, der fiehrt noch een seßhaftet Leben un braucht sich nich uffzurejen.
Der bleibt von srieh Morjens bis in de sinkende Nacht in de Fabrik, am
besten is et, wenn seine Frau un Kinder ooch jleich mitjehen, un wenn
Sonnabend is, denn kommt bet jroße Jeldschiff un denn kann Mutter raus-
jehen nach'n Viehhof un sinnijet Fleesch koofen, un denn wird Fettlebe
jemacht, bet Dir de Knöppe von de Weste abplatzen.

Soweit wäre Alles ja nu janz scheen. Caprivi is Jraf jeworden, wie
ick schon zart anbeitete, un ick jönne et ihm, indem ick von sonnen Titel
keenen Jebrauch machen kennte un weil ick ihn woll ooch nie verliehen kriejen
werde. Aber schlecht wäre die Sache eijentlich ooch nich. Seh mal, Jacob,
wenn mir mal der Birjerstand aberkannt werden sollte, un ick ließe mir
denn Visitenkarten — denn ohne die jetzt et nich — machen un da stände
denn druff: „Jotthilf Jraf von Raucke" oder janz einfach: „Jraf Jotthils
Naucke" — meenste nich, Jacob, bet ick mit sonne Titulatur in meine
Stammkneipe eenen mächtijen Jndruck machen Wirde, oder jloobste, bet mir
meine Fremde vielleicht an de frische Luft befördern wirden, weil ick eenen
zu Bramsijen mache. Beedes is möglich, aber bet Scheenste wäre denn
doch bet Familienwappen. Von den Stammseidel bis uff de Unterhosen —
Alles mißte bet Familienwappen brageit, un wenn die Prozedur nich zu
schmerzhaft wäre, ließ ick et mir ooch uff de bloße Pelle inbrennen, damit
in'n Sommer, wenn ick mal in de kiehle Fluthen der Oberspree eene er-
frischende Reinijung nehme. Jeder ooch jleich sehen kann, bet ick een veri-
tabler Jraf mit een richtijet Familienwappen bin. Halte mir nich etwa
vor ehrjeizig oder vor verrickt, ick meene et janz ernsthaft, denn sonne
Standeserhöhung schmeckt wirklich zu scheen.

Schade, bet et nich alle Dage Handelsverträge abzuschließen jiebt. Wirde
et Jrafentitel ooch davor jeden, bet man blos eenen Handel abschließt, denn
Wirde ick morjen schon an eene Ecke von de Friedrichstraße stehen un Jeden
fragen, ob er nich een Paar olle Hosen zu verkloppen hat. Denn een hosen-
handelnder Jraf, bet wäre wirklich wat, Wat in unsere Reichshauptstadt
jrade noch fehlt. Na, lieber Jacob, man muß de Hoffnung noch nich nff-
jeben, denn wat nich is, kann immer noch werden. Vielleicht kriegst Du
uff Deinen Schlafrock ooch noch mal een Ordensband, un denn kannst De
ja ooch den Dickneesijen machen. Een bisken Wasser wird aber woll noch
de Spree runterloofen, bis et soweit is, aber bet schad't nischt, wir haben
Zeit, un wat kommen muß, bet kommt ooch.

Vorläufig wollen wir man noch bleiben, wat wir sind, un Jeden die
Ehre jönnen, die ihm jebiehrt — mit welche despektirliche Bemerkung ick
verbleibe erjebenst un mit bitte Jrieße Dein freier

Jotthilf Naucke.

An'n Förlitzer Bahnhof jleich links.

-Dvs, Der Hungertyphus

Hm Lrzgebirg, im weberland.

Das du als Hungers Heimath kennst.
Steht hoch auf schroffer ßelsenwand
Lin dräuend knöchernes Gespenst.

Sprecht mir von Bildung und Rultur,
von Luren Waffen, Lurem Gold!
Sprecht von der eig'nen Größe nur
Und was Ihr Alles leisten wollt!

Sprecht von der Tiefe Lures Geist's,
wie Ihr erforscht den letzten Stern,
Und wie das „volk/^ Philister heißt's.
Bewundernd gafft von Bah und tzern!

Schier all das ist nur eitel Tand,

Schier jedes Fest ein Aarrenfest,

So lange dort im Weberland
Steht dräuend noch die Hungerpest.

Arbeitnehmer?

Hodrlspähnv.

Wir haben die Handelsverträge,

Wir haben die Zölle fixirt,

Es hat sich für Handel und Wandel
Der Reichskanzler stark engagirt.

Allein in der Nothstandsfrage
Da fehlt noch die nöthige Kraft,

Da fehlt noch energisches Handeln,
Da wird noch nicht Wandel geschafft.

„Geben ist seliger, als Nehmen," deshalb
sind die Arbeitgeber immer besser daran, als die


Caprivi Graf geworden ist —

Die frohe Kiknde les' ich;

Doch seine Zollermäßigung
Erscheint mir viel zu mäßig.

Den Hunger hat er nicht besiegt,

Ein Magen knurrt, ein leerer:'

Wohl, Gras zu.werden, ist oft leicht,

Satt werden ist oft schiverer.

* * .

*

Man mißgönnt dem Reichstagsabgeordneten Bismarck mit Unrecht seine
Schwenninger'sche Entfettungskur. Er wird doch endlich einmal an
sich selbst denken können, nachdem er viele Jahre lang durch seine Zoll-und
Militärpolitik die deutsche Nation so gründlich entfettet hat, daß ihr
selbst Kardorff und Genossen kein Fett mehr abschöpfen können.

Ihr getreuer Säge, Schreiner.

authentische Mittheilung aus dem Diwan über den
genauen Wortlaut."

Die Grüne Zeitung schrieb: „Wenn der Mikado
ßch auch ausgedrückt hat, der Adler sei ein Fisch,
so hat er damit doch offenbar sagen wollen, der
Adler sei ein Vogel. Wenn man die Aehnlichkeit
zwischen den Flossen der Fische und den Flügeln
der Vögel bedenkt, wenn man ins Auge faßt, daß
man die Flossen auch Floßfedern nennt, wenn
man weiter erwägt, daß die Vögel den Ozean der
Lüfte mit ihrem Fluge in der gleichen Weise durch-
segeln, wie die Fische den wirklichen Ozean, und
wenn man endlich beachtet, daß der Rogen der
Fische aus zahlreichen Eiern besteht, die Eier aber
dem Vogelgeschlecht eigenthümlich sind, so kann es
nicht dem geringsten Zweifel unterliegen, daß der
Mikado gemeint hat, der Adler sei ein Vogel."

Die Graue Zeitung, welche sich für die ge-
bildetste hielt, schrieb: „Ohne der Weisheit uitseres
erhabenen Mikado, welche tief ist wie der Ozean
»nd hoch wie der Himmel, zu nahe zu treten,
möchten wir uns doch daran zu erinnern erlauben,
daß der Adler eben nicht im eigentlichen Sinne
und ohne Weiteres als Fisch anzusehen ist. Weitig-
stens hat er bis jetzt nach allen Lehrbüchern über
Zoologie als Vogel gegolten. Wir sind zwar
weit entfernt, in Abrede stellen zu wollen, daß die
Einreihung des Adlers unter die Fische eine ge-
wisse Berechtigung hat und eine Ansicht ist, welche
die volle Beachtung der lvisseuschaftlichen Kreise
verdient, und wir würden es freudigst begrüßen,
wenn die Gelehrten von dem Wort unseres er-
habenen Mikado angeregt würden, die wichtige
Frage, ob der Adler in die Klasse der Fische oder
der Vögel gehöre, aufs Neue gründlich zu unter-
suchen. Was immer auch das Ergebuiß sein möge,
so gebührt in allen Fällen der Auffassung unseres
erhabenen Mikadö die Palme der Originalität."

.. Die Violette Zeitung überging den Satz mit
gänzlichem Stillschweigen.

Die Schwarze Zeitung erklärte, sie beuge sich
unter die Autorität des Mikado, wiewohl sie nicht

umhin könne, zu bemerken, daß nach den Traditionen
der schwarzen Brüderschaft der Adler nicht sowohl
ein Fisch als vielmehr ein Reptil sei.

Der Mikado hatte diese sämmtlichen Zeitungen
vor sich und lachte wiederum, daß sein Zopf die
drolligsten Kapriolen ausführte. Gerne hätte er
auch erfahren, was die Rothe Zeitung über seine
Rede schrieb. Aber er hatte die Rothe Zeitung
aus seinem Palast verbannt, weil sie einmal ge-
schrieben hatte, daß das japanesische Reich auch ohne
einen Mikado bestehen könne. Diesmal siegte die
Neugierde über seinen Groll. Er ließ durch einen
Diener die Rothe Zeitung herbeiholen, nahm sie
ihm hastig aus der Hand, las und schleuderte sie
dann mit einem fürchterlichen Fluch zu Boden.
Die Rothe Zeitung hatte geschrieben: „Der Mikado
soll in seiner Rede den Unsinn behauptet haben, der
Adler sei ein Fisch. Unsere Ansicht über diese
Behauptung wollen wir im Interesse unserer
Fußsohlen für uns behalten." Schäumend vor
Wuth trat der Mikado ans Fenster, um Luft zu
schnappen, und erblickte wiederum den Eseltreiber,
der ihm den Rath gegeben hatte. Da besann er
sich erst wieder darauf, zu welchem Zweck er den
unsinnigen Satz gesprochen hatte. Aber wie hätte
er seine Feindin, die Rothe Zeitung, als die Zeitung
betrachten können, die es am Besten mit der Wohl-
fahrt des Ganzen meint? Dagegen sträubte sich
sein Stolz. Aus dem inneren Konflikt, in welchen
ihn die Sache versetzte, befreite er sich dadurch, daß
er den Eseltreiber rufen und ihm ein halbes Hundert
wohlgezählter Bambushiebe aus die Fußsohlen ver-
abreichen ließ. Damit war die Sache abgethan, die
Rothe Zeitung blieb auch ferner aus dem Palast
verbannt und der Adler galt, so lange dieser Mikado
regierte, im japauesischen Reiche als Fisch.

Frage: Welche Aehnlichkeit ist zwischen deutschen
und innerafrikanischen Verhältnissen?

31 nt tu.: In Jnnerafrika sucht Emin Pascha,
und in Deittschland sucht Emmy 'n Pascha.

Der Aetzer Harmeniny.

V Harmrning, o Harmening,

»58 hak wohl Dich bewegt,

Dast Du die Grund- und Vodrnseag'
Hast frevelnd angeregt?

O Harmrning, o Harmrning!

Last diese Frage rutzn,

Es hak der deutsche Freistirn ja
Nichts nrik Wrforrn zu thun.

Und gegen fein Partei-Programm
Weriibkrst Du Verstost,

Denn da« Prinzip de« Freistnns ist
Da grund- und bodenlos.

U

Wvhlthäkigkrrils-Annonre.

Am 10. ds. Mts. findet in der „Krone" ein
Festessen zum Besten der Hungrigen statt.

Nus Ralau. °gs=Et°---

31.: Welcher Unterschied ist zwischen den Handels-
verträgen und dem Leipziger Bankdirektor Winkel-
mann?

B.: Nun?

SC.: Die Handelsverträge sind mit 243 Stimmen
und Winkelmaun ist mit einer Million Mark
durchgegangen.

Zur Erfindung des Pulvers.

Wer das Pulver erfunden hat, wissen wir
nicht — wir wissen nur, wer es nicht er-
funden hat.

-I- -l-

>1-

Der Zuufrheilige Biehl will den Boden des
Handwerks wieder vergolden: es steht zu befürchten,
daß die..Vergoldung nicht länger hält, als bei
seinen vergoldeten Engeln.
 
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