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1203

apptittich jeht et da zu, bet muß sc der Deibel taffen, un Salz wird bei keen
Jericht jefpavt. Un von wejen de Slrimpe, da wissen se ooch Bescheid, in-
dem die Bekleidungsjejenstände nich blos alleene dazu da sind, bet sc uff de
Paten jedragen werden. Ick habe selten so wat jelesen, wat in alle Kreise der
Bevölkerung 'ne jleich jroße Liebe zu den Soldatcnstand erweckt hätte. Wenn
ick zum Beispiel jetzt »ff de Straße eenen Untcroffzier bejejne, dann nehme
ick sofort 'ne militärische Haltung an, den kleenen Finger an de Hosennaht,
den Untcroffzier stramm anjekiekt, un de Beene raus, als wollte ick den
deihren Asphalt in Atome zertrampeln; un wenn mir dann der Herr Unter-
ofszier jnädig znlächelt, nee, Jacob, dann hebt sich mein Herz vor Freide
nn ick weeß mir jarnich zu lassen — wie leichte kann Eenen so'n Herr
Untcroffzier nff offener Straße een Paar runter hauen, wo nachher keen
Mensch wat von jesehcn hat, un denn beschwere Dir mal! Du meine Jiete,
da hätte ick ja beinahe janz verjessen, bet ick eijentlich Staat sbirjer un
Ziviliste bin, un mit die Sache eijentlich jarnischt mehr zu dnhn habe —
aber de Liebe zu den bunten Rock sitzt nach die letzte Enthillungen bei unser
Eenen so tief, det man janz leicht Jejenwart mit Verjangenheit verwechseln kann.

Na, lieber Jacob, nimm et mir nich iebel, et war bloß eene leichte
llffwallung meiner Jefiehle, et soll nich Widder Vorkommen, mit welche Ver-
sicherung ick verbleibe erjebensi un mit bitte Jrieße Dein treier

Jotthilf Ltancke.

Au'n Jörlitzer Bahnhof jleich links.

Genlüth und Magen

Es nahen die frommen sich Dir, mein Lohn,

Und sagen Dir freundlich und bieder:

„Gar trefflich ist heute die Religion
Für leere ^tenschengeuu'ither!" —

Doch wenn Du nichts zu beißen hast.
So wird sie Dir nicht behagen.

Denn leider ist sie nicht angepaßt
Dem leeren Menschenmagen.

Eine billige Elzee.

Haus: Der Böulangist Laur verlangt von dem Minister Constans
einen Frank Entschädigung.

Kunz: Also für die Ohrfeige 50 Centimes.

Hans: Wenn die Ehre des Herrn Laur so billig ist, dann wird sich
noch Mancher das Vergnügen leisten, ihm eine runter zu hauen!

Lugendregel.

Wer will ein guter Staatsbürger sein.

Zum Lesen sich selten versteig'er;

And dann les' er einzig die „Ureuzzeitung"

Vder den „Beichsanzeiger."

Die schwäbischen „Trukschrn''

haben sich wieder cimnal gehäutet. Die abgelegte Haut kommt zu den andern
ins Germanische Museum.

.*•:=#• Verwüstung.

SVet Millionen Lchäste
&& Für's russische Gewehr
Zu liefern, giebt ein deutscher
Geschäftsmann gern sich her.

Lr hauset an der Bergstraß'
Und läßt zu seinem Zweck
Manch' schönen alten Rußbaum
Um hauen kurz und keck.

Lo thnt zu Rußlands Bortheil
Lin deutscher Fabrikant,

Als hätten wir schon heute
Rosacken in dem Land.

Hol't'tlpäline.

Vorüber der närrische Mummenschanz,

Die Faschingszeit ist herum,

Die uns mit seiner Beredtiamkeit Glanz
Verschönte der König Stumm.

Er hat gar prächtig uns amüsirt, -
Wir haben gar herzlich gelacht,

Als er in den Reichstag, so hübsch' maskirt,
Das rot he Gespenst gebracht.

* * *

„Vor Zuzug wird geivarut," sagten di.
Ultramontanen, da war der Jesuitismus bei ihnen
schon so stark vertreten, daß sie ihren Antrag auf
Zulassung der Jesuiten zurückzogen. .

Herr Wildenbruch, der hat kein Glück
Trotz aller seiner Mache,

Er trat mit seinem neuen Stück
Tief in die „heilige Lache."

„Auch auf der re Den Seite des Hauses wird manchmal die Wahr-
heit gesagt," bekannte der Besucher der Reichstagstribüne, da hatte Kardorff
gerade den klassischen Ausspruch gethan: „Wir werden nie klug werden."

» *

' -k-

In Deutschland ist kein Nothstand nah,

Wir haben die Schätze des Welfenfoiids ja.

* * •

*

Caprivi wünscht, daß der gebildete Deutsche lieber gar nicht lesen
könne, ehe er sozialdemokratische Blätter liest. Die Feudalen scheinen
diesen Wunsch sehr eifrig zu beherzigen, denn wenn sie sozialdemokratische
Blätter lesen würden, dann könnten sie in volkswirthschaftlichen
Dingen nicht so pyramidal unwissend sein.

Ihr getreuer

Säge, Schreiner.

Dieser Beschluß wird mit Jubel begrüßt und
eine Pause gemacht, in welcher man sich gegenseitig
zu seiner zünftlerischen Thatkraft gratnllrt.

Dann erhebt sich Geheimrath Broich und
stellt, mit der ganzen Wissenschaft des Jahrtausends
ausgerüstet, die Forderung, die Zünfte müssen
auf den Standpunkt des vierzehnten Jahr-
hunderts znrückgeführt werden, d. h. die
Maschinen müssen zertrümmert, die Eisenbahnen
zerstört, die Telegraphen vernichtet, die Dampfkraft
verboten werden; das Schießpulver, welches ohne-
dies die Zünftler nicht erfunden haben, muß ab-
geschasst und die Wehrhaftigkeit der Meister mit
Schwert und Spieß hergestellt werden; die Danipf-
schlöte der Fabriken werden umgeworfen, die Kon-
kurrenten der Zunft öffentlich ansgepcitscht und
Edison mit seiner Elektrizität wird durch die Spieße
gejagt.

Diese radikale Forderung des Geheimraths
Broich bildet den Glanzpunkt des Handwerkertagcs.
Die anwesenden Abgeordneten Hitze, Stückest:
und Bichl erbieten sich, die nöthigen Anträge zur
Vernichtung aller Errungenschaften der letzten fünf
Jahrhunderte im Reichstage zu stellen.

Es wird schließlich noch beschlossen^ die Hand-
werkerkammern als viel zu wenig, reaktionär
nbzulehnen, und statt dessen Folterkammern für
unbotmäßige Arbeiter und intelligente Konkurrenten
zu befürworten.

Man trennt sich schließlich mit dem erhebenden
Bewußtsein, auf diesem Handwerkertage an zünft-
lerischer Querköpfigkeit ein tadelloses Meisterstück
geliefert zu haben.

Kar streng gal es der Lieutenant.

,N8d ar, streng hat es der Lieutenant,
vsi Man will ihn Nores lehren;
kr soll nicht zu viel, wie bekannt,
iVtit dem Zivil verkehren.

Das hat schon seine Schwierigkeit,

Wenn er zu lust'gem Leben
Beit» Juden, der auf Wechsel leiht.

Will einen Pump erheben.

Wird ihm bei dem Gedanken schwül.

So kommt es doch noch schlimmer.

Denn leider zählt auch zum Zivil
Das liebe Krauenzimmer.

Das macht dem Lieutenant manchen Schmerz,
Den er muß tief verspüren.

Und statt der Taille muh sein tzevz
Lr nunmehr enger schnüren.

Die Kellnerin, sie ist so schön
Nit ihren Keuerblicken!

Da soll er traurig weiter geh'n
Und vom Zivil sich drücken.

voll Demuth mancher Bürgersmann
Lud sonsten ihn zu Tische
tlnd hat ergötzt ihn dann und wann
iliit Braten, Wein und Kische.

Nun soll er missen künft'ge Zeit,

Was ihn doch sonst beglücket.

Weil sich zu viel Vertraulichkeit
Nit dem Zivil nicht schicket.

Ein Bundesgenosse in Sicht.

A. : Das Schlimmste für den abgedankten
Bismarck in Friedrichsruhe wäre es jetzt, wenn
es Caprivi einfiele, ein neues Sozialistengesetz
vorzulegen.

B. : Wieso?

A.: Daun müßte Bismarck, um dem Reichs-
kanzler Opposition zu machen, doch die Sozial-
deinokraten vertheidigen!

Der schlafende Bergmann.

Der Bergmann Latus, der seit fünfthalb Monaten
schläft, wird von Manchem beneidet, weil ihn in
seinem Zustand das Elend unserer Zeit nicht erreichen
kann. Dem ist aber nicht ganz so, denn wenn er
tvieder aufwacht, wird er für die ganze verschlafene
Zeit seine Steuern bezahlen Müssen.

Das Ucbel.

Fortschrittler: Wie konnte sich nur ein
Mann von dem Reichthum und Ansehen dieses
Baare zu solchen Manipulationen, wie.Schienen-
flicken ms.w. herbeilassen?

Sozialist: Ach, das kommt nur daher, daß
dieses Kapitalistenvolk gar keine Religion
mehr hat!

Neue Rur.

Di'. Müller: Gegen Nervenleiden wird die
Gehirnsubstanz vom Schaf neuerdings mit großem
Erfolg augewendet.

Meyer: Da fürchte ich nur, daß in dieser
nervösen Zeit sich die Schafs köpfe ungemein ver-
mehren werden.
 
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