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1331

Die kurzsichtigen Freunde.

Der Guckkastenmann.

Line neue Auflage non dem alten.

Guckkastenmann (erscheint mit Sehenswürdigkeiten und Roggenbrot, welches er vor
den Augen des Publikums verspeist; er wird hierbei von demselben dicht belagert) t Donner-
wetter! De Position is jetzt jünstig! (laut): Nich jemr'n, meine Herr-
schaften, man immer ran! Hier jiebt's wat Seltenet zu sehen, man immer
bin in meinen kleenen Belajerungszustand!

Schusterjunge: Bravo!

Guckkastenmann: Stille, Junge! Meine Herrschaften, der olle Mann,
den se hier uff bet Bild sehn, kann uff seine jebrechlichen Beene nur mit
Mühe und Noth stehen, det is eben wejen den Nothstand', aber ooch keen
Wunder, denn er hatte bei seiner Jeburt so'ne schlechte Amme, det er jetzt
aussieht, als hätten ihm de Kannibalen schon mal anjeknabbert!

Schusterjunge: Essen denn de Kannibalen ooch sowat?

Guckkastenmann: Jerne nich, aber man jiebt se Spiritus vini dazu,
denn schmeckt se't besser. Wenn sc denn aber nich bezahlen wollen, denn
schießt man se wat vor. Is det nich human?

Schusterjunge: Human, wat is'n det?

Guckkastenmann: Human is een Fremdwort. In unfern Staats-
lexikon steht's ooch nich drin, weil se't nich übersetzen wollen!

Bürger: Wie finden Sie denn det?

Guckkastenmann: Na, Sie haben et ja nich verloren. Sie jehör'n
doch man zu't jemeene Volk und haben überhaupt nischt zu verlieren.

Schusterjunge: Wieso?

Guckkastenmann: Du Dummkopp! Det is'n Jleichniß von't Parla-
ment un'n Reichskanzler.

Schusterjunge: Aber wat is denn det von'n ollen Mann jewesen,
den de Kannibalen anjeknabbert hatten?

Guckkastenmann (ihm ins Ohr flüsternd): Det is'n Reichsinvalide, dem
se de Pension nich ausbezahlcn wollen. (Laut): Jetzt, meine Herrschaften,
kommt 'n änderet Bild: Der Stcuerverweijerer mit de seidene Ballon-

mütze! (Alle ob, der Guckkastenmann auch.)
 
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