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1623

Line Lpijode aus dem deulsD-rusjWm Zollkriege.

Meyer und Müller hatten die Absicht, eine Kiste mit Lebensmitteln
aus Rußland über die deutsche Grenze zu paschen. Die Abenddämmerung
war schon weit vorgeschritten, als sie an die Grenze kamen und vor dem
Zollhanse angehalten wurden.

„Nichts Zollpflichtiges!" rief Meyer zuversichtlich.

„Oho — was ist in dieser Kiste?" fragte der alte Zollbeamte.

„Lassen Sic nur um Himmelswillen die Kiste in Frieden, sonst passirt
ein Unglück", erklärte Meyer; in der Kiste befinde sich ein lebendiger
Pavian, für den zoologischen Garten zu Breslau bestimmt — ein überaus
gefährliches Vieh, das schon einmal entflohen und dabei Menschen und
Thiere in größte Gefahr gebracht hat.

Der Zollbeamte lachte ungläubig. „So plump hat mich noch Keiner
anzulügen versucht; den Pavian werden wir uns einmal näher ansehen."

Meyer rückte die Kiste zurecht und der Grenzer blickte ungläubig in
die Spalte. Plötzlich aber nahmen seine Züge den Ausdruck des Er-
staunens an. „Es bewegt sich etwas", sagte er.

„Gehen Sie nur näher — aber vorsichtig", rieth Meyer.

„Wahrhaftig, ich sehe den Kopf", sagte der Andere sich vorbeugend,
„und jetzt sogar die Pfote." Der alte Grenzbeamte warf noch einen
scheuen Blick in die Spalte der Kiste; unleugbar bewegte sich darin irgend
ein Wesen, wenn sich dasselbe auch bis jetzt geräuschlos verhielt. Es
mußte mit dem Pavian also seine Richtigkeit haben.

„Fahrt zu!" rief der Grenzer, „laßt mich mit Eurem Pavian ungeschorem"

In: Nu war die Grenze passirt, und Müller, der während der Zoll-
kontrolle unbeweglich auf dein Kurscherbocke gesessen hatte, drehte sich
um und fragte mit vergnügtem Grinsen:

„Wie in aller Welt hast Du es fertig gebracht, dein Alten in unserer
Proviantkiste einen lebendigen Pavian zu zeigen?"

„Ganz einfach", sagte Meyer, „ich habe gestern Abend in der Kiste einen
Spiegel befestigt, in dem der Alte im Halbdunkel sich selbst gesehen hat.

Hobrlsxähne.

Wenn irgend ein Strolch eine Bombe wirft
An irgend eine Adresse —

Als Schutzivehr und Strafe verhängt man sofort
Beschränkungen über die Presse.

Und stößt ein Komet die Erde an —

Den Schaden man streng ermesse,

Und ziehe zur vollen Ersatzpflicht heran

Die einzig dran Schuld trägt — die Presse!

* *

*

Ueber die Kolonialpolitik sollen wieder Weiß-
bischer erscheinen. Es wird diesen Weißbüchern
aber kaum gelingen, das System, welches zu

Niedermetzelungen der Schwarzen führte, weißzuwaschen.

* *

*

Das Klebegesetz wird wieder von den verschiedensten Seiten an-
geseindet; ich schlage vor, man schaffe es ab und ersetze es durch ein
Lebegesetz, in welchen: man das Recht jedes Menschen auf eine
menschenwürdige Existenz anerkennt, — denn durch das Klebe-
gesetz allein läßt sich das Elend ja doch nicht verkleben.

* *

*

O schlimme Influenza,

Was trittst du uns zu nah?

Es ist, um uns zu quälen,

Ja schon der Miguel da.

* *

*

Es ist merkwürdig, wie bescheiden der preußische Militarismus
geworden ist. Wir leben schon mitten im Januar 1894 und es ist bis
jetzt noch keine neue Militärvorlage eingebracht worden.

Ihr getreuer Schremer.

ist auch besser motivirt, als manche frühere; sie
ist zudem mindestens so gerecht und billig wie
manche frühere; denn sie trifft den großen nicht
härter als den kleinen Mann, im Gegentheil,
gerade der Letztere ist ja fast immer darauf an-
gewiesen, vorwiegend von der Luft zu leben. Ver-
stehst Du?"

Mit süßem Kinderblick schaut der Kleine zu
seinem Papa empor: „Und ob!" flüstert er mit
schelmischem Augenzwinkern.

Aber den Andern draußen wird die Zeit lang
und Einer bearbeitet die Thür auf das Nach-
drücklichste mit den Absätzen.

„Na, wer wird denn da so frech?" ruft der
Teufel und sieht nach. „Natürlich — 'n Jour-
nalist!" Der aber hat schon längst einen unter-
würfigen Gesichtsausdruck angenouunen und be-
ginnt mit unverschämter Energie seinen Gesang:

O Lucifer. o Lucifer,

Wie treu sind deine Blätter!

Sie schrei'n sich heut für Jemand todt
Und werfen morgen ihn mit Koth,

O Lucifer rc.

Diesen braven Jungen und seine Mitarbeiter
erwartet ein sehr voluminöses Geschenk: ein neun-
huudertdreiundsiebzig - bündiges Werk mit dem
Titel: „Ein halbausgestreckter Regierungssühler
mit sämmtlichen möglichen Dementis, Anti-
Dementis und Anti-Auti-Dementis, sowie sämmt-
lichen diesbezüglichen vollen, ganzen, theilweisen
und iugewisserhinsichtlichen Stellungnahme!: für,
gegen, über, unter und zwischem Auf jedci: Re-
gierungsfühler anwendbar. Ein Nach- und Um-
schlagebuch für praktische Journalisten und Solche,
die was werden wollen. Aus dem Deutschen
übertragen von Schmiegedich Bandwurm."

Wie hungrige Wölfe fallen die Herren von
der Presse darüber her; jeder nimmt sich einen
Band und schreibt Artikel: sie spielen „Feder-
krieg". Nach 35 Sekunden schreit Einer:

„Aetsch! Ich Hab' schon einen fertig!"

„Aetsch! Ich Hab' schon einen dagegen ge-
schrieben!" schreit ein Anderer, „und 'n viel
längeren!"

Die lieben Kinder! Und so geht die Be-
scherung weiter, bis zuletzt noch ein ganz Kleiner
und Dicker mit seinesgleichen vor der Thür steht.
Er war in seinen besseren Tagen Bankier, Grün-
der und Depotliebhaber.

„Na? Hast Du auch was gelernt?" fragt
Papa mit sonnigen: Antlitz.

„Ja, aber nicht viel."

„Na, laß mal hören!"

Und das kleine Wurm faltet die fleischigen,
goldberingten Hände und spricht mit lieblicher
Unschuld:

„Ich bin nicht rein.

Mein Herz isi klein.

Wie viel ich beschummelt.

Weißt d» allein."

und — rumbumbum — trampelt er mit seinen
dicken Beinchen in die Weihnachtsstube.

„Mein Jüngster!" murinclt der Teufel in
sich hinein, und seliger Vaterstolz leuchtet ihm
aus den Augen.

Der Kleine und seine Genossen haben ein
großes, herrliches, solides Bankhaus bekommen,
dessen Grundpfeiler aber in vier Streichhölzern
bestehen, es ist also eine Gründung. Durch einen
sinnreichen Mechanisiuus werden zahllose Figuren
in Bewegung gesetzt: Bürger, Baueri:, Fürsten,
Priester, Arbeiter, Soldaten, Männer und Weiber,
alle pilgern nach dem Hause, über dessen Thür
mit goldenen Lettern geschrieben steht: „Das De-
pot ist die Quelle alles Reichthums und
aller Kultur." Alle gehen hinein, legen ihr
Geld ab und spazieren hinten wieder heraus.
Das Geld fällt unten durch, und der Kleine und
seine Genossen stecken sich die Taschen voll. Wenn
die Reihe der Deponenten erschöpft ist, kommt
der Schlußeffekt: der Krach. Eines der Streich-
hölzer wird mit einen: Ruck weggezogen — und
nun ist die Kunst, so schnell in eine gewisse Ecke
zu springen, daß keiner von dem Kladderadatsch
getroffen wird. Die Ecke ist „Amerika"! Die
liebe kindliche Phantasie! Wie recht hat Goethe,
wenn er mit Bezug darauf in seinem „Wilhelm
Meister" sagt: „Kinder wissen aus Allem etwas

zu machen." „Kinder und Gründer", würde er
sagen, wenn er noch lebte.

Nachdem die Bescherung endlich erledigt ist,
komuck des Teufels Großiuutter mit Punsch und
Apfelkuchen. Und dani: geht der Jubel von
Neuem los, das singt und springt und trinkt
und stinkt, bis der Teufel endlich sagt: „Kinder,
die Uhr ist zwölf, es ist Zeit, zu Ofen zu gehem"

Im Examen.

Professor: Welchen Zweck hat die deutsche
Reichs-Gewerbe-Ordnung?

Kandidat: Sie ist dazu da, von: Reichstage
fortwährend ab geändert zu werden.

Zeitgemäßer Vorzug.

Duseke: Wat verdient cejenllich den Vorzug:
die direkten Steuern oder die indirekten?

Puseke: Die direkten, denn die kannste
schuldig bleibem

Natürliche Folge.

A>: Es ist unheimlich, wie reaktionär die fran-
zösische Kammer seit den: Bombci:-Zwischeufall
geworden ist!

B.: Kein Wunder! Seit man sie mit Schuh-
nägeln boiubardirte, ist sie vernagelt.

Der arme Caprivi.

A. : Wer wird in dem Kriege zwischen Caprivi
und den Agrariern wohl den Sieg davon tragen?

B. : Ohne Zweifel die Agrarier, denn sic sind
bedeutendere Feldherren wie der General
Caprivi.

A. : Wie so?

B. : Sie haben die Felder ganzer Provinzen in
Besitz, während Caprivi keinen Ar und keinen Haln:
besitzt, also eigentlich gar kein Feldherr ist.
 
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