— 1747
s- Die Mothleidenden.
Der Rursaal glänzt in Lichterpracht;
Im Karten rings, in weitem Bogen
Ist fast zum Tag erhellt die Rächt,
Welch' ein Gewimmel, welch' ein Wogen!
Ls tönet rauschend die Musik,
Im Grünen leuchten bunte Klammen —
Hier findet sich — so will's der Ghic —
Jetzt der Gesellschaft Lrsme zusammen.
Des Plauderns ungehemmter Schwall
Lrgießt sich auf der Promenade;
Zuweilen tönt ein leichter Rnall
Dort oben von der Ballustrade.
Dort oben ist der Tisch gedeckt
Kür der Gesellschaft edle Spitzen,
Dort liegt im Life kühl der Sect,
Die fein geschliffnen Gläser blitzen.
Der Grundherr aus dem pommerland
Thront dorten in der Zeinen Mitte —
Lin Rellner mit geschickter Hand
Lntkorkt die Klasche jetzt, die dritte.
Drei Klaschen nur zum Abendbrot,
Und etwas Braten, Kisch und Hummer!
G Volk, hier sieh des Grundherrn Roth,
Und stille helfend seinen Rümmer!
Hobrlfxähnr.
Ich bin der Schreiner Säge,
Ulld habe schon oft gelacht,
Wenn sich un: der Ethik Pflege
Die Gesellschaft Sorgen inacht.
Sie geben der Tugend die Ehre
Und halten zu selbiger Zeit
Viele schreckliche Mordgewehre
Zu blutigen Thaten bereit.
* *
*
Gegen die reaktionäre Masse giebt es nur
ein einziges zuverlässiges Mittel; reaktionär
wird sie inlnier bleiben, aber man muß dahin
wirken, daß sie keine Masse mehr ist.
„Töw man, Du Smeerfink", sagten die Bauern im sechsten schleswig-
holsteinischen Wahlkreise zum Margarine-Fabrikanten Mohr, — da stießen
sie in Elms Horn! * *
*
De Feliee sitzt im Zuchthaus,
Crispi lenkt die Staatsgesetze —
War' Gerechtigkeit im Lande,
Tauschten sie gar bald die Plätze.
* *
*
Liberale Bourgeoisparteien sind der Meinung, daß der Verrath an
ihren liberalen Prinzipien ganz in der Ordnung ist; deshalb nenilen
sie sich auch mit Vorliebe Ordnungsparteien..
* *
*
„Der Erbfeind der Franzose ist,
Ihn soll die deutsche Faust zerschmettern" —
So die Philister täglich schrei'n
In nationalen Zeitungsblättern.
Doch da des „Erbfeinds" Führer fiel,
Wie heuchlerisch sie sich betrüben!
Jetzt möchten sie für Carnot's Tod
Am deutschen Volke Rache üben!
* *
*
Der Journalisten- und Schriftstellcrtag zeigte zum Schluß eine
geringere Frequenz, wie zu Anfaug. Die Ursache ist, wie sich nach-
träglich herausstcllte, der Umstand, daß sich in Friedrichsruh verschiedene
nationalliberale Journalisten zu Ehren Bismarck's den Bauch aufgeschlitzt
haben. Ihr getreuer Säge, Schreiner.
Den Anhängern der WrugelstrAfe.
Wer giftig Iuöenhehe treibt
Und für die Prügelstrafe schreibt,
Kriegt Prügel.
Wer über Duukernotbstaud lärmt
Und für (öetreiöezölle schwärmt,
Kriegt Prügel.
Wer redet dem Duell das Wort,
Dder dem Krieg, dem Massenmord,
Kriegt Prügel,
Wer wünscht der Herrschaft Wiederkehr
Von Junker, Pfasf, nebst Militär,
Kriegt Prügel.
Wer jubelt, wenn die Polizei
Uebt gegen Arbeit Barbarei,
Kriegt Prügel.
M MW kt WMler unö Journoliitcn
nach Frickichsruh.
Es wäre auch in der That eine Schinach ge-
wesen, die alle Wasser der Elbe nicht hätten weg-
waschen können, wenn die Vertreter der Presse
so undankbar gewesen wären, dem Manne, der
die Presse immer so achtungs- und liebevoll be-
handelt hat, keine Huldigung darzubringen. So
machten sie sich denn auf, gegen zweihundert an
der Zahl, und pilgerten in den Sachsenwald.
Um die Verdienste des Gefeierten um die deutsche
Preßfteiheit sinnig anzudeuten, hatten sämmtliche
Theilnehmer Maulkörbe angelegt; nur die drei
Mitglieder der Deputation trugen ihre Maulkörbe
am Arm.
Chefredakteur Dr. Schufterle begrüßte
den „Heros des Jahrhunderts", indem er ihm
den Dank dafür abstattete, daß er die Presse mit
seinen Kürassierstiefeln so fleißig getreten habe.
Es sei eben die Bestiinmung der Presse: sie miiffe
gepreßt oder getreten werden.
Nach ihm ergriff als zweiter Redner der
Feuilletonist und Romanschriftsteller Schmierian
das Wort. Er erging sich in rührenden Klagen
I über den Rothstand der Presse, seitdem sie nicht
mehr aus der Krippe des Reptilienfonds gefüttert
werde, und schilderte in berückenden Bildern
jenes verflossene goldene Zeitalter aller jour-
nalistischen Streber und Lumpenkerle. Seine Rede
gipfelte in dem Ausspruch: „Was das Krokodil
unter den Reptilien, das ist Bisiuarck unter den
Staatsmännern."
Der Gefeierte wischte sich eine Thräne aus
den Augen.
Nunmehr kam der Journalist Käuflich an
die Reihe, der sich in humorvoller Rede über das
Bismarck'sche Wort verbreitete, daß die Jour-
nalisten Leute wären, die ihren Berns verfehlt
haben. Er meinte, das habe der Gefeierte selbst
nachträglich bestätigt, indem er, seitdem er seinen
staatsmännischen Beruf quittirt habe, unter die
Journalisten gegangen sei, daher erlaube er sich,
ihn als Kollege anreden zu dürfen. „Auch wir",
fuhr er fort, „arbeiten mit Blut und Eisen, die
Tinte ist das Blut und die Stahlfeder unser
Dolch, mit welchen mir Alles machen, wenn wir
gut dafür bezahlt werden."
Nach Schluß der Ansprache meinte der Herzog
im Sachsenwald, daß es ihm lieber gewesen wäre,
wenn er die Herren von hinten hätte sehen können.
Flugs drehte sich die Gesellschaft um, einpfing
den üblichen Tritt, schrie Hurrah und dampfte
unter Hundegeheul mit der Bahn ab.
Bliemchrns Triumph.
Blienichen: Na sähn Se, gegen unser Drü-
sen, da is Sie Baris un London gar nischt, denn
mir Ham in Drüsen's deierschde Flaster.
Berliner: Wo so?
Bliemchen: Nu üben, weil Sie bei uns ä
Schbaziergang dorch de Schdadt under Um-
schdänden zwee Monade Gefängniß gostet.
Unter Staatsmännern.
Caprivi: Sind Sie auch für neue Aus-
nahmegesetze?
Miquel: Unsinn! Ich wäre froh, wenn wir
erst unsere neuen Einnahmegesetze durch-
gebracht hätten.
verschiedene Todte.
^bie ist doch tief erregt die Welt,
Lobald ein Großer plötzlich fällt.
Die Trauer wälzt gleich einem Brande
Bich mächtig hin von Land zu Lande.
Doch wenn zur selben Zeit im Lchacht
Lin jäher Wetterschlag erbracht.
Wenn hundert Proletarier fallen.
Wird Rlage nicht das Land durchhallen.
§ür sie ja hat die Welt nicht Zeit,
Die schon dem Tode längst geweiht,
Lie hat nur Trauer für den Linen,
Lie kann die Hundert nicht beweinen.
Sächsische Ausstellung.
A. : Wie erklärt es sich, daß gerade in Sach-
sen, der Hungerprovinz Deutschlands, eine Nah-
rungsmittel-Ausstellung stattfindet?
B. : Ganz einfach — weil dort die Nahrungs-
mittel bereits zu den Sehenswürdigkeiten ge-
hören.
Caprivi und Bismarck.
Max: Da sagt man immer, Bismarck sei
größer, als Caprivi! Und doch hat Caprivi dieser
Tage erst wieder etwas unternommen, was Bis-
marck in seinen: ganzen Leben nicht mehr fertig
bringt.
Moritz: Was hat Caprivi denn gethan?
Max: Er hat sich die Haare schneiden
lassem
Den Schreiern nach einem verschärften
Sorialistengrsrtz.
Und wnrd' er auch wieder ergriffen.
Der ausnahrngesrhlirhr Guinntisrhlaurh:
wir haben aufs alle gepfiffen,
Aufs neue pfeifen wir aurh.
Verantwortlich für die Redaktion Georg Baßler in Stuttgart.
Druck uvd Verlag von I. H. W. Dietz in Stuttgart.
s- Die Mothleidenden.
Der Rursaal glänzt in Lichterpracht;
Im Karten rings, in weitem Bogen
Ist fast zum Tag erhellt die Rächt,
Welch' ein Gewimmel, welch' ein Wogen!
Ls tönet rauschend die Musik,
Im Grünen leuchten bunte Klammen —
Hier findet sich — so will's der Ghic —
Jetzt der Gesellschaft Lrsme zusammen.
Des Plauderns ungehemmter Schwall
Lrgießt sich auf der Promenade;
Zuweilen tönt ein leichter Rnall
Dort oben von der Ballustrade.
Dort oben ist der Tisch gedeckt
Kür der Gesellschaft edle Spitzen,
Dort liegt im Life kühl der Sect,
Die fein geschliffnen Gläser blitzen.
Der Grundherr aus dem pommerland
Thront dorten in der Zeinen Mitte —
Lin Rellner mit geschickter Hand
Lntkorkt die Klasche jetzt, die dritte.
Drei Klaschen nur zum Abendbrot,
Und etwas Braten, Kisch und Hummer!
G Volk, hier sieh des Grundherrn Roth,
Und stille helfend seinen Rümmer!
Hobrlfxähnr.
Ich bin der Schreiner Säge,
Ulld habe schon oft gelacht,
Wenn sich un: der Ethik Pflege
Die Gesellschaft Sorgen inacht.
Sie geben der Tugend die Ehre
Und halten zu selbiger Zeit
Viele schreckliche Mordgewehre
Zu blutigen Thaten bereit.
* *
*
Gegen die reaktionäre Masse giebt es nur
ein einziges zuverlässiges Mittel; reaktionär
wird sie inlnier bleiben, aber man muß dahin
wirken, daß sie keine Masse mehr ist.
„Töw man, Du Smeerfink", sagten die Bauern im sechsten schleswig-
holsteinischen Wahlkreise zum Margarine-Fabrikanten Mohr, — da stießen
sie in Elms Horn! * *
*
De Feliee sitzt im Zuchthaus,
Crispi lenkt die Staatsgesetze —
War' Gerechtigkeit im Lande,
Tauschten sie gar bald die Plätze.
* *
*
Liberale Bourgeoisparteien sind der Meinung, daß der Verrath an
ihren liberalen Prinzipien ganz in der Ordnung ist; deshalb nenilen
sie sich auch mit Vorliebe Ordnungsparteien..
* *
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„Der Erbfeind der Franzose ist,
Ihn soll die deutsche Faust zerschmettern" —
So die Philister täglich schrei'n
In nationalen Zeitungsblättern.
Doch da des „Erbfeinds" Führer fiel,
Wie heuchlerisch sie sich betrüben!
Jetzt möchten sie für Carnot's Tod
Am deutschen Volke Rache üben!
* *
*
Der Journalisten- und Schriftstellcrtag zeigte zum Schluß eine
geringere Frequenz, wie zu Anfaug. Die Ursache ist, wie sich nach-
träglich herausstcllte, der Umstand, daß sich in Friedrichsruh verschiedene
nationalliberale Journalisten zu Ehren Bismarck's den Bauch aufgeschlitzt
haben. Ihr getreuer Säge, Schreiner.
Den Anhängern der WrugelstrAfe.
Wer giftig Iuöenhehe treibt
Und für die Prügelstrafe schreibt,
Kriegt Prügel.
Wer über Duukernotbstaud lärmt
Und für (öetreiöezölle schwärmt,
Kriegt Prügel.
Wer redet dem Duell das Wort,
Dder dem Krieg, dem Massenmord,
Kriegt Prügel,
Wer wünscht der Herrschaft Wiederkehr
Von Junker, Pfasf, nebst Militär,
Kriegt Prügel.
Wer jubelt, wenn die Polizei
Uebt gegen Arbeit Barbarei,
Kriegt Prügel.
M MW kt WMler unö Journoliitcn
nach Frickichsruh.
Es wäre auch in der That eine Schinach ge-
wesen, die alle Wasser der Elbe nicht hätten weg-
waschen können, wenn die Vertreter der Presse
so undankbar gewesen wären, dem Manne, der
die Presse immer so achtungs- und liebevoll be-
handelt hat, keine Huldigung darzubringen. So
machten sie sich denn auf, gegen zweihundert an
der Zahl, und pilgerten in den Sachsenwald.
Um die Verdienste des Gefeierten um die deutsche
Preßfteiheit sinnig anzudeuten, hatten sämmtliche
Theilnehmer Maulkörbe angelegt; nur die drei
Mitglieder der Deputation trugen ihre Maulkörbe
am Arm.
Chefredakteur Dr. Schufterle begrüßte
den „Heros des Jahrhunderts", indem er ihm
den Dank dafür abstattete, daß er die Presse mit
seinen Kürassierstiefeln so fleißig getreten habe.
Es sei eben die Bestiinmung der Presse: sie miiffe
gepreßt oder getreten werden.
Nach ihm ergriff als zweiter Redner der
Feuilletonist und Romanschriftsteller Schmierian
das Wort. Er erging sich in rührenden Klagen
I über den Rothstand der Presse, seitdem sie nicht
mehr aus der Krippe des Reptilienfonds gefüttert
werde, und schilderte in berückenden Bildern
jenes verflossene goldene Zeitalter aller jour-
nalistischen Streber und Lumpenkerle. Seine Rede
gipfelte in dem Ausspruch: „Was das Krokodil
unter den Reptilien, das ist Bisiuarck unter den
Staatsmännern."
Der Gefeierte wischte sich eine Thräne aus
den Augen.
Nunmehr kam der Journalist Käuflich an
die Reihe, der sich in humorvoller Rede über das
Bismarck'sche Wort verbreitete, daß die Jour-
nalisten Leute wären, die ihren Berns verfehlt
haben. Er meinte, das habe der Gefeierte selbst
nachträglich bestätigt, indem er, seitdem er seinen
staatsmännischen Beruf quittirt habe, unter die
Journalisten gegangen sei, daher erlaube er sich,
ihn als Kollege anreden zu dürfen. „Auch wir",
fuhr er fort, „arbeiten mit Blut und Eisen, die
Tinte ist das Blut und die Stahlfeder unser
Dolch, mit welchen mir Alles machen, wenn wir
gut dafür bezahlt werden."
Nach Schluß der Ansprache meinte der Herzog
im Sachsenwald, daß es ihm lieber gewesen wäre,
wenn er die Herren von hinten hätte sehen können.
Flugs drehte sich die Gesellschaft um, einpfing
den üblichen Tritt, schrie Hurrah und dampfte
unter Hundegeheul mit der Bahn ab.
Bliemchrns Triumph.
Blienichen: Na sähn Se, gegen unser Drü-
sen, da is Sie Baris un London gar nischt, denn
mir Ham in Drüsen's deierschde Flaster.
Berliner: Wo so?
Bliemchen: Nu üben, weil Sie bei uns ä
Schbaziergang dorch de Schdadt under Um-
schdänden zwee Monade Gefängniß gostet.
Unter Staatsmännern.
Caprivi: Sind Sie auch für neue Aus-
nahmegesetze?
Miquel: Unsinn! Ich wäre froh, wenn wir
erst unsere neuen Einnahmegesetze durch-
gebracht hätten.
verschiedene Todte.
^bie ist doch tief erregt die Welt,
Lobald ein Großer plötzlich fällt.
Die Trauer wälzt gleich einem Brande
Bich mächtig hin von Land zu Lande.
Doch wenn zur selben Zeit im Lchacht
Lin jäher Wetterschlag erbracht.
Wenn hundert Proletarier fallen.
Wird Rlage nicht das Land durchhallen.
§ür sie ja hat die Welt nicht Zeit,
Die schon dem Tode längst geweiht,
Lie hat nur Trauer für den Linen,
Lie kann die Hundert nicht beweinen.
Sächsische Ausstellung.
A. : Wie erklärt es sich, daß gerade in Sach-
sen, der Hungerprovinz Deutschlands, eine Nah-
rungsmittel-Ausstellung stattfindet?
B. : Ganz einfach — weil dort die Nahrungs-
mittel bereits zu den Sehenswürdigkeiten ge-
hören.
Caprivi und Bismarck.
Max: Da sagt man immer, Bismarck sei
größer, als Caprivi! Und doch hat Caprivi dieser
Tage erst wieder etwas unternommen, was Bis-
marck in seinen: ganzen Leben nicht mehr fertig
bringt.
Moritz: Was hat Caprivi denn gethan?
Max: Er hat sich die Haare schneiden
lassem
Den Schreiern nach einem verschärften
Sorialistengrsrtz.
Und wnrd' er auch wieder ergriffen.
Der ausnahrngesrhlirhr Guinntisrhlaurh:
wir haben aufs alle gepfiffen,
Aufs neue pfeifen wir aurh.
Verantwortlich für die Redaktion Georg Baßler in Stuttgart.
Druck uvd Verlag von I. H. W. Dietz in Stuttgart.