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-- 1887 .

alg unlauteren Wettbewerb. Und Du" — fuhr er, zu einem Anderen
gewendet, fort, „wirst wegen groben Unfugs bestraft, denn cs beliebt
mir, an Dir öffentliches Aergerniß zu nehmen."

Gelächter und Beifall folgte diesen Bemerkungen; nrir ein alter,
schwarzberockter Anrtsschreibcr bcinerkte giftig:

„Das sind ja politische Frevelreden; da sollte man den Gendarm
rufen."

„Ganz recht", sagte Aegir-Freimund, „rufe den Gendarm, damit
er Deine rothe Nase konfiszirt, denn sie ist ein republikanisches Ab-
zeichen."

Der Schreiber wurde stürmisch ausgelacht und ries zornig: „Jetzt
h°l' ich gerade den Gendarm."

Aegir setzte seinen Triumphzug nach dem Speisesaale und über die
Galerien fort.

* *

*

Um diese Zeit traten zwei Frauen in schwarzen Dominos ein,
und drängten sich, während sie spähend umherschauten, durch das
Gewimmel.

„Wenn ich meinen
Mann erwisch", äußerte
die Eine, „der kann
sich freuen! So eine
Schlechtst, ohne mein
Missen auf d'Redouten
zu gehn! Aber ich hab's
erfahren: als Acgigerl
Hut er sich vermummt;
u schneeweiße Perrücken
und a große Gabel
tragt er."

Es war Frau Ade-
laide Huber, die Gattin
des Bäckermeisters, der
oine der drei Acgir-
Masken trug. Lange
Zeit suchten die beiden
Frauen vergeblich, doch
endlich geriethen sie in
die Nebengemächer und
da sagte die Eine
plötzlich:

„Sie, Frau Huber,
ich glaub' da siech' ich
a Gabel."

„Richtig — und a weiße Perrücken aa!" bemerkte Frau Huber.
»Na wart'!"

Sie glaubten Herrn Huber entdeckt zu haben, aber es war nur
Aegir-Pimpcl, der Student, welcher hinter dem großen schwarzrothen
Fächer seiner Satanella Zärtlichkeiten mit derselben tauschte.

Plötzlich schleuderte ein kräftiger Schlag den Fächer bei Seite und
eine wüthcnde Frauenstimme erhob sich:

„So — also hier find' ich den Herrn Gemahl — mit an lieder-
lichen Weibsbild — schämst Dich denn gar nit? Vier Kinder z' Haus,
sei' treues Eheweib und 's Geschäft vernachlässigen und auf der Redouten
nmanand schlampen! — Schickt sich das für einen ehrsamen Familien-
vater? — Pfi,i Teufel_"

Satanella entfloh, Pimpel aber sprang auf und schrie zornig:

„Das ist eine Jemeinheit!"

Beim Klange dieser Stimme stutzte Frau Huber und rief:

„Sie sein ja gar nit mein Mann!

„Nein, aber Sie haben mich unerhört beleidigt."

„Ach, jein's stad", rief Frau Huber, „Sie Hab' ich nit g'mcint,
Jhna geht die ganze Sach' nir an!"

Die Begleiterin der Frau Huber ergriff diese am Arm und zog
sie fort, wobei sie die Mittheilung machte, ein Bekannter habe ihr
gesagt, Herr Huber sitze in der Bierhalle und kümmere sich blutwenig
um die ganze Rcdoute. Frau Huber war entzückt. „Nur saufen thut
er? Da is er ja brav! Mei' gut's Mannerl. . .!" Und mit kräftigen
Ellenbogen bahnte sie sich den Weg zur Vierhalle.

* *

*

Inzwischen hatte sich Aegir-Huber aber doch aufgerafft und war in
den Hauptsaal emporgestiegen, um sich das dortige Treiben ein wenig
anzuschauen. Plötzlich trat ein Gendarin auf ihn zu.

„Sie sollen hier politische Reden gehalten haben!"

„Ich?" rief Huber erstaunt. „Ich Hab' in meinem Leben noch
ka Red' g'halten."

„Dieser Herr behauptet es aber", bemerkte der Gendarm, auf den

alten AmtSschreiber
deutend, der neben ihni
stand.

„Gewiß", bestätigte
dieser, „es war Aegir,
der die Reden führte."

„Hören's auf, Sie
o'selchtcr Aff'!" rief
Aegir-Huber ärgerlich.
„Wann's friedliche Bür-
ger verdächtigen wollen,
da hau' ich Jhna a
Watschen 'runter, daß
Sie das Rathhaus für
an Ochsen anschau'n."

Der Gendarm be-
ruhigte den Erzürnten
und begnügte sich damit,
seinen Namen aufzu-
schreibcn; dann werde
sich die Sache schon aus-
klärcn.

Freimund, der dritte
Aegir, hielt jetzt seinen
Einzug in die Bierhalle
und wurde von dem
dort postirten fidelen
Mustkchor mit einem rauschenden Tusch begrüßt.

Kaum hatte er sich einen Krug füllen lassen, da wurde er plötzlich
von einer Frau umarmt, welche auörief:

„Mei' lieb's Mannerl! Ich Hab' Dir Unrecht gethan ... ich tvußte
ja nit, daß Du blos säufst, ich Hab' denkt, Du schlampst mit dene
Weibsbilder umanand!"

Aber auch bei diesem Aegir mußte Frau Huber sehr bald erkennen,
daß sie sich schon wieder in der Person geirrt hatte.

Mittlerweile war die Stunde der Deinaskirung erschienen und da
kam auch der wirkliche Huber zuin Vorschein; er tvollte seinen Aergcr
über das polizeiliche Rencontre in Bier ertränken.

Auch Aegir-Pimpel, seine Satanella suchend, erschien auf der
Bildfläche.

So fanden sich endlich die drei Aegire.

Frcimund brachte ein Hoch auf die Freiheit aus, die Anderen
stimmten begeistert ein, und — ihre Krüge leerend — wurden sie der
Fluthen Herr. M

So fanden sich endlich die drei Aegire.
 
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