1957
Vlihdratzt-Meldungen.
Berlin. Ein agrarischer Antrag verlangt, daß der Zuckerausfuhr-
Prämie noch eine Zuckereinfnhr-Prämie hinzugefügt werden möge,
damit die Zuckerbarone ihre Waare auf der Grenze nur hin- und her-
zuschieben brauchen, um Prämien einzuheimsen.
Süd-Afrika. Die Hottentotten und die Kaffern wollen eine gemein-
same Huldigungsfahrt nach Friedrichsruhe unternehmen. Als Geschenke
bringen sie geselchte Licutenantshaxen mit.
Nordamerika. Ein Zirkusbesitzer hat den Präsidenten des deutschen
Reichstags beauftragt, ihm eine Karawane von solchen Abgeordneten zu-
sammen zu stellen, welche für das Umsturzgesetz gestimmt haben. Die-
selben sollen in allen größeren amerikanischen Städten als Merkwürdigkeit
gezeigt werden. _ _
«x® Berliner Vretzfreiheit.
XD er freventlich ein Lied ersinnt
Und schreibt es nieder endlich —
Daß diesen schwere Strafe trifft.
Ist einfach selbstverständlich.
Und nimmt das Lied ein Redakteur
In seiner Zeitung Spalten —
Natürlich hat dafür auch er
Bestrafung auszuhalten.
Als dritten Schuldigen sodann
Muß man den Drucker fassen;
warum denn sollte grade ihn
Iustitia straflos lassen?
Und wenn man erst den Drucker hat.
Dann freut Luch nur, Ihr Andern!
wer Schrift gießt, wer Maschinen baut.
Muß in den Rerker wandern.
Zum Uerker Ieden, der Verdienst
Um's Drucken sich erworben!
V, alter Vater Tutenberg,
Lei froh, daß du gestorben.
—Zur Frauen -Bewegung. —
A.: Warum wollen es die bayerischen Minister absolut nicht diildm,
daß Frauen sich mit Politik beschäftigen?
A.: Ach, das ist den Herren ja gar nicht ernst, im Gegentheil, sie sehen
politische Beschäftigungen der Frauen sehr gern.
A. : Woraus schließen sie das?
B. : Na, wie hätte sonst ein bayerischer Minister ein Weib zur poli-
tischen Spionage verwenden können?
HvbelsMhne.
Es hat einen tiefen Kummer
Der preußische Reaktionär,
Gestört ist des Nachts sein Schlummer,
Das Herz ist ihm so schwer.
Ihn freut nicht des Sonlniers Prangen,
Er grübelt Tag und Nacht,
Wie er Sozialisten kann fangen,
Und wie einen Staatsstreich er macht.
„Des Lebens Mai blüht einmal und nicht
wieder", aber desto häufiger blühen die Maifeier-
Prozesse.
Wenn Ihr des Lebens Unverstand
Mit Inbrunst wollt genießen,
So nehmt das Stenogramm zur Hand,
Wo Köllers Reden sprießen.
Früher standen in der diplomatischen Leitung des Deutschen Reiches
unwandelbar immer dieselben drei Haare obenan. Heutzutage wechseln
die Perücken, aber die Köpfe fehlen gänzlich.
Wie sind doch die Minister
Im lieben Deutschen Reich
So eisenfest fundiret
Mit Oesterreich im Vergleich.
Hier, trotzend der Blamage,
Ein Köller bleiben muß,
Dort stürzt der Graf Kalnocky
Um einen Nuntius!
Das große Fest wegen der Durchführung des Nordostscekanals imponirt
mir gar nicht. Es ist schon oft vorgekommen, daß eine große Durch-
stecherei festlich begangen wurde. cyfir netm.er
getreuer ^äge, Schreiner.
einer menschenwürdigen Existenz fehlt. Kann
nian den Kornpreis von Staatswcgen erhöhen
(wie es durch die Zölle geschieht), warum nicht
auch den Arbeitslohn?
Wenn ein kleiner Geschäftsmann sich frucht-
los abrackcrt, weil das Großkapital mit seinen
vollkommeneren technischen Hilfsmitteln besser und
billiger produzircn kann, so muß das Reichs-
zufriedenheitsamt für den kleinen Mann eintreten
und mutz ihn: Liebesgaben auszahlen, wie sie bis
jetzt nur Schnapsbrenner bekommen.
Ist ein Arbeiter unzufrieden mit einer Fabrik-
ordnung, weil dieselbe ihn in seiner persönlichen
Freiheit, seiner politischen Gesinnung re. beein-
trächtigt, wie solches z. B. in Ncunkirchen vor-
kommt, dann müßte eine Beschwerde an das
Reichszufriedenhcitsamt genügen, um Besserung
zu schaffen. Dieses Amt würde den betreffenden
Fabrik-Pascha bei den Ohren nehmen, die Fabrik-
ordnnng konfisziren und die Arbeiter wären zu-
frieden.
Diese und ähnliche Funktionen wären aller-
dings nur die kleineren Beschäftigungen des
Reichszufriedeuhcitsamtes; es müßte, um der
Unzufriedenheit gründlich zu Leibe zu gehen, seine
Aufgabe noch in höherem Sinne auffassen.
Stellt es sich z. B. heraus, daß ein großer
Theil des Volkes unzufrieden ist, weil der Mili-
tarismus um sich greift und die besten Kräfte
der Nation aufsaugt, so müßte das Reichszufric-
denheitsamt in der Lage sein, die allgemeine Ab-
rüstung in Angriff zu nehmen und die im Mili-
tarismus unfruchtbar angelegten Summen für
Kulturzwecke flüssig zu machen. Damit würde es
die Unzufriedenheit sicher au der Wurzel treffen.
Gesetze, welche öffentliches Aergerniß erregen,
wie z. B. gewisse „Juwelen" der Vereinsgesetz-
gebung, müßte das Reichszufriedenheitsamt be-
seitigen. Die Ueberhebungen der Bureaukratie,
die Bevormundungssucht der Polizei müßte es
zügeln, denn gerade hierin finden sich reiche
Quellen der Unzufriedenheit, die verstopft werden
müssen. Kurz, den ganzen Jammer eines dem
Namen nach parlamentarischen, in Wirklichkeit
aber noch ganz vormärzlichen Staatswesens müßte
das Reichszufricdenheitsamt zu stillen wissen und
an seine Stelle moderne kulturelle Einrichtungen
setzen.
Das ist der Weg, die Unzufriedenheit zu be-
seitigen. Wenn die Macher unserer inneren Politik
aber nicht fähig sind, diesen Weg zu beschreitcn
— dann freilich müssen sie es sich gefallen lassen,
daß die Partei der Unzufriedenen immer stärker
und machtvoller ihre Stimme erhebt, denn so
lange man die Unzufriedenheit nährt, ist sie
nicht umzubringen.
Leichter Ersah.
A. : Wie werden die Grundbesitzer in Ostafrika
ariskommen, wenn die Sklaverei abgcschafft
wird?
B, : Da ist leicht geholfen, man braucht zum
Ersatz nur die preußische Gesinde-Ordnung
einzuführen, dann bleibt Alles beim alten.
Hammerstein.
Es ist der Herr von Hammerstein
Vom Schicksal schwer geschlagen —
Wenn es um ihn auch kläglich steht,
So kann er doch nicht klagen.
Ein Fehler.
A. : Das mar doch falsch, daß man die Umsturz-
vorlage schließlich so unbarmherzig rasch durch-
peitschte.
B. : Was sollte man denn sonst thun?
A.: Ihre Anhänger Hütte nian durch-
peitschen sollen.
Familien -Anzeige.
Meine Verlobung mit Fräulein Ultramontania
geb. Windthorst erkläre ich hiermit für aufgehoben.
E v. Hohenlohe.
In der Redaktion.
Chef-Redakteur: ©reifen Sie mir nur den
Minister von Köller nicht an!
P o li t i s ch er R cd ak t e u r: Warum denn liicht?
Chef: Weil man niemals wissen kann, ob er
noch im Amte ist, wenn die Nummer erscheint.
Huldignngszng.
Die schlesischen alten Weiber,
Die rückten dein Bismarck zu Leib;
Sie fanden in ihm ihresgleichen,
Eiil schwätzendes altes Weib.
Zum Spirilusgeseh.
Pusecke: Ick bcjreifc nich, wie die schnaps-
kundige Rechte unseres jeöhrten Reichstags jerade
det Wichtigste versessen konnte.
Dusecke: Was is denn det Wichtigste?
Pusecke: Paß uff, det is die Konsumtions-
Prämie. Wenn een Artikel viel Profit ab-
schmcißen soll, denn muß er viel konsumirt wer-
den; die Konsumirung ist also die Hauptsache,
deshalb muß dadruff die Prämie jesetzt werden.
Wenn ick vor jeden Kümmel, den ick jenehmige,
von: Staat eenen Nickel Prämie kriege,
denn sollste man sehen, wie ick det Schnaps-
jeschäft hebe. ,
Gipfel der Zerstreutheit.
Der Professor R. litt dermaßen an Zerstreut-
heit, daß er eines Abends, als er vom Klub nach
Hause kam, seinen Rock in das Bett legte,
sich selber aber an den Nagel hängte!
Vlihdratzt-Meldungen.
Berlin. Ein agrarischer Antrag verlangt, daß der Zuckerausfuhr-
Prämie noch eine Zuckereinfnhr-Prämie hinzugefügt werden möge,
damit die Zuckerbarone ihre Waare auf der Grenze nur hin- und her-
zuschieben brauchen, um Prämien einzuheimsen.
Süd-Afrika. Die Hottentotten und die Kaffern wollen eine gemein-
same Huldigungsfahrt nach Friedrichsruhe unternehmen. Als Geschenke
bringen sie geselchte Licutenantshaxen mit.
Nordamerika. Ein Zirkusbesitzer hat den Präsidenten des deutschen
Reichstags beauftragt, ihm eine Karawane von solchen Abgeordneten zu-
sammen zu stellen, welche für das Umsturzgesetz gestimmt haben. Die-
selben sollen in allen größeren amerikanischen Städten als Merkwürdigkeit
gezeigt werden. _ _
«x® Berliner Vretzfreiheit.
XD er freventlich ein Lied ersinnt
Und schreibt es nieder endlich —
Daß diesen schwere Strafe trifft.
Ist einfach selbstverständlich.
Und nimmt das Lied ein Redakteur
In seiner Zeitung Spalten —
Natürlich hat dafür auch er
Bestrafung auszuhalten.
Als dritten Schuldigen sodann
Muß man den Drucker fassen;
warum denn sollte grade ihn
Iustitia straflos lassen?
Und wenn man erst den Drucker hat.
Dann freut Luch nur, Ihr Andern!
wer Schrift gießt, wer Maschinen baut.
Muß in den Rerker wandern.
Zum Uerker Ieden, der Verdienst
Um's Drucken sich erworben!
V, alter Vater Tutenberg,
Lei froh, daß du gestorben.
—Zur Frauen -Bewegung. —
A.: Warum wollen es die bayerischen Minister absolut nicht diildm,
daß Frauen sich mit Politik beschäftigen?
A.: Ach, das ist den Herren ja gar nicht ernst, im Gegentheil, sie sehen
politische Beschäftigungen der Frauen sehr gern.
A. : Woraus schließen sie das?
B. : Na, wie hätte sonst ein bayerischer Minister ein Weib zur poli-
tischen Spionage verwenden können?
HvbelsMhne.
Es hat einen tiefen Kummer
Der preußische Reaktionär,
Gestört ist des Nachts sein Schlummer,
Das Herz ist ihm so schwer.
Ihn freut nicht des Sonlniers Prangen,
Er grübelt Tag und Nacht,
Wie er Sozialisten kann fangen,
Und wie einen Staatsstreich er macht.
„Des Lebens Mai blüht einmal und nicht
wieder", aber desto häufiger blühen die Maifeier-
Prozesse.
Wenn Ihr des Lebens Unverstand
Mit Inbrunst wollt genießen,
So nehmt das Stenogramm zur Hand,
Wo Köllers Reden sprießen.
Früher standen in der diplomatischen Leitung des Deutschen Reiches
unwandelbar immer dieselben drei Haare obenan. Heutzutage wechseln
die Perücken, aber die Köpfe fehlen gänzlich.
Wie sind doch die Minister
Im lieben Deutschen Reich
So eisenfest fundiret
Mit Oesterreich im Vergleich.
Hier, trotzend der Blamage,
Ein Köller bleiben muß,
Dort stürzt der Graf Kalnocky
Um einen Nuntius!
Das große Fest wegen der Durchführung des Nordostscekanals imponirt
mir gar nicht. Es ist schon oft vorgekommen, daß eine große Durch-
stecherei festlich begangen wurde. cyfir netm.er
getreuer ^äge, Schreiner.
einer menschenwürdigen Existenz fehlt. Kann
nian den Kornpreis von Staatswcgen erhöhen
(wie es durch die Zölle geschieht), warum nicht
auch den Arbeitslohn?
Wenn ein kleiner Geschäftsmann sich frucht-
los abrackcrt, weil das Großkapital mit seinen
vollkommeneren technischen Hilfsmitteln besser und
billiger produzircn kann, so muß das Reichs-
zufriedenheitsamt für den kleinen Mann eintreten
und mutz ihn: Liebesgaben auszahlen, wie sie bis
jetzt nur Schnapsbrenner bekommen.
Ist ein Arbeiter unzufrieden mit einer Fabrik-
ordnung, weil dieselbe ihn in seiner persönlichen
Freiheit, seiner politischen Gesinnung re. beein-
trächtigt, wie solches z. B. in Ncunkirchen vor-
kommt, dann müßte eine Beschwerde an das
Reichszufriedenhcitsamt genügen, um Besserung
zu schaffen. Dieses Amt würde den betreffenden
Fabrik-Pascha bei den Ohren nehmen, die Fabrik-
ordnnng konfisziren und die Arbeiter wären zu-
frieden.
Diese und ähnliche Funktionen wären aller-
dings nur die kleineren Beschäftigungen des
Reichszufriedeuhcitsamtes; es müßte, um der
Unzufriedenheit gründlich zu Leibe zu gehen, seine
Aufgabe noch in höherem Sinne auffassen.
Stellt es sich z. B. heraus, daß ein großer
Theil des Volkes unzufrieden ist, weil der Mili-
tarismus um sich greift und die besten Kräfte
der Nation aufsaugt, so müßte das Reichszufric-
denheitsamt in der Lage sein, die allgemeine Ab-
rüstung in Angriff zu nehmen und die im Mili-
tarismus unfruchtbar angelegten Summen für
Kulturzwecke flüssig zu machen. Damit würde es
die Unzufriedenheit sicher au der Wurzel treffen.
Gesetze, welche öffentliches Aergerniß erregen,
wie z. B. gewisse „Juwelen" der Vereinsgesetz-
gebung, müßte das Reichszufriedenheitsamt be-
seitigen. Die Ueberhebungen der Bureaukratie,
die Bevormundungssucht der Polizei müßte es
zügeln, denn gerade hierin finden sich reiche
Quellen der Unzufriedenheit, die verstopft werden
müssen. Kurz, den ganzen Jammer eines dem
Namen nach parlamentarischen, in Wirklichkeit
aber noch ganz vormärzlichen Staatswesens müßte
das Reichszufricdenheitsamt zu stillen wissen und
an seine Stelle moderne kulturelle Einrichtungen
setzen.
Das ist der Weg, die Unzufriedenheit zu be-
seitigen. Wenn die Macher unserer inneren Politik
aber nicht fähig sind, diesen Weg zu beschreitcn
— dann freilich müssen sie es sich gefallen lassen,
daß die Partei der Unzufriedenen immer stärker
und machtvoller ihre Stimme erhebt, denn so
lange man die Unzufriedenheit nährt, ist sie
nicht umzubringen.
Leichter Ersah.
A. : Wie werden die Grundbesitzer in Ostafrika
ariskommen, wenn die Sklaverei abgcschafft
wird?
B, : Da ist leicht geholfen, man braucht zum
Ersatz nur die preußische Gesinde-Ordnung
einzuführen, dann bleibt Alles beim alten.
Hammerstein.
Es ist der Herr von Hammerstein
Vom Schicksal schwer geschlagen —
Wenn es um ihn auch kläglich steht,
So kann er doch nicht klagen.
Ein Fehler.
A. : Das mar doch falsch, daß man die Umsturz-
vorlage schließlich so unbarmherzig rasch durch-
peitschte.
B. : Was sollte man denn sonst thun?
A.: Ihre Anhänger Hütte nian durch-
peitschen sollen.
Familien -Anzeige.
Meine Verlobung mit Fräulein Ultramontania
geb. Windthorst erkläre ich hiermit für aufgehoben.
E v. Hohenlohe.
In der Redaktion.
Chef-Redakteur: ©reifen Sie mir nur den
Minister von Köller nicht an!
P o li t i s ch er R cd ak t e u r: Warum denn liicht?
Chef: Weil man niemals wissen kann, ob er
noch im Amte ist, wenn die Nummer erscheint.
Huldignngszng.
Die schlesischen alten Weiber,
Die rückten dein Bismarck zu Leib;
Sie fanden in ihm ihresgleichen,
Eiil schwätzendes altes Weib.
Zum Spirilusgeseh.
Pusecke: Ick bcjreifc nich, wie die schnaps-
kundige Rechte unseres jeöhrten Reichstags jerade
det Wichtigste versessen konnte.
Dusecke: Was is denn det Wichtigste?
Pusecke: Paß uff, det is die Konsumtions-
Prämie. Wenn een Artikel viel Profit ab-
schmcißen soll, denn muß er viel konsumirt wer-
den; die Konsumirung ist also die Hauptsache,
deshalb muß dadruff die Prämie jesetzt werden.
Wenn ick vor jeden Kümmel, den ick jenehmige,
von: Staat eenen Nickel Prämie kriege,
denn sollste man sehen, wie ick det Schnaps-
jeschäft hebe. ,
Gipfel der Zerstreutheit.
Der Professor R. litt dermaßen an Zerstreut-
heit, daß er eines Abends, als er vom Klub nach
Hause kam, seinen Rock in das Bett legte,
sich selber aber an den Nagel hängte!