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-——. 2021

(Monolog.) Feste zufammenstehn folln wir, den Umsturz soll» wir bekämpfen, uff
Baier UN Muiter solln wir schießen, fiir't Vaterland soll» wir sterben — NU fehlt bloß noch, *
bet ick uff meine Olle schießen derf UN meine Schulde» nicht zu berappen brauche. .

AesWwmung.

'^evcs' Hobelspäl;ne. '£k=9~

Gegen die Reichsregierung wieder
Donnert der Plötz, der grimme,

Für die armen Agrarierbrüdcr
Erhebt er seine Stimme.

Diimmer genügen die „kleinen Mittel",

So große Mäuler zu füllen,

Drum alles, was trägt bcix Adelstitel,

Muß stets nach Beute brüllen.

„Man liebt die That, aber nicht den
Thäter"; dieser Spruch scheint sich auch auf
gewonnene Schlachten zu erstrecken, denn man
rühmt die großen Siege und läßt die Veteranen,
welche diese Siege erfochten, Noth leiden.

„Lasset die Kindlein zu mir kommen!"

So sagte einst Jesus, der frclindliche Herr.

In Düsseldorf ivürd' er in Strafe genommen,

Weil dies ein „verbotener Aufzug" wär'!

Ein wahrer Segen ist es, daß noch kein Gendarm behauptet hat,
der Wald sei blau, denn sonst kämen in manchen Gegenden alle
Leute, die darauf schwören, daß der Wald grün ist, in Meineids-
verdacht. « , ,

Wir haben der Flinten und Säbel
Und auch der Kanonen viel.
Jedoch unser Kriegsminister,

Er strebt nach höherem Ziel.

Wir brauchen die Mitrailleuse,
Wir brauchen's Maximgeschütz,
Drum schnell Millionen beivilligt
> Für die herrliche Kugelspritz'!


Ich bin dafür, daß alle Gemeindevcrtreter, welche Geld für das
Sedanfest bewilligt haben, wegen Verschwendung unter Kuratel gestellt

lüCl'ben* getreuer Säge, Schreiner.

Doch was hilft's, er muß das Unvermeidliche
über sich ergehen lassen. Wahrhaft sieht sich so für
die Zeit vo»r 1. bis 6. Juni zu 66 verschiedenen
Terminen in den entgegengesetzten Theilen des
Deutschen Reichs geladen — nur in einem einzigen
Falle ist das Verfahren eingestellt worden. Er
läßt ruhig den Tag vor den ersten Terminen heran-
kommen, dann setzt er sich hin und erläßt an alle-
bctheiligten Gerichtshöfe folgenden Schreibebrief:

„Hoher Gerichtshof! Bedauerlicher Weise bin
ich nicht im Stande, der Ladung für den 1. Juni
zu folgen, da ich mich am gleichen Tage und in
den folgenden fünf Tagen wegen derselben Ver-
gehen und Verbrechen noch 65 Mal an 65 ver-
schiedenen Orten in allen Gegenden Deutschlands
zn verantworten habe. Da ich nun nicht gleichzeitig
an mehreren Orten sein kann, so erbitte gütigen
Bescheid, welchem Gerichtshöfe ich mich stellen soll."

Was die betreffenden Staatsanwälte und Ge-
richtsherren bei Enipfang seiner Briefe empfunden
haben, entzieht sich leider unserer Kenntniß. Wir
wissen nur, daß bei Herrn Wahrhaft im Laufe der
nächsten vier Wochen wiederum 65 große Schreibe-
briefe mit den bewußten Zustellungsurkunden ein-
gingcn, worin ihm in jedem Falle die Mittheilung
gemacht wurde, daß das Verfahren gegen ihn ein-
gestellt sei. Blieb nur noch eine Anklage — und
von dieser ivurde unser Held freigesprochen!

„Gratulire Ihnen, Herr Wahrhaft", sagte
sein Verleger freudig, als Wahrhaft die Armen-
sünderbank verließ und triumphirend den Gerichts-
korridor betrat. „Und zwar nicht nur zu Ihrer
Freisprechung, sondern auch zum Erfolge Ihrer
Broschüre."

„Sie meinen, diese Verhandlung und ihre Vor-
geschichte werde günstig auf den Absatz einwirken?"

„Nicht nur das — es sind auch bereits mehrere
tausend Exemplare verkauft worden. Trinken wir
drüben im Restaurant ein Glas Bayrisch auf dieses
günstige Resultat und lassen mir unsere besten
Abnehmer, dicHerrenStaatsanwälte, hoch-
leben!"

Eine große (Lhat. E<—

München haben eine große That
Die braven Schwarzen wiederum vollführet;

Heu zu errichten sei der Kirchenstaat,

Das haben jubelnd dort sie öekretiret.

Das weltverbefsern geht bei euch geschwind,

Drum ziert euch nicht und macht nicht lange Faxen.
Beschließt nur, daß die Esel Pferde sind
Und daß aus Distelsträuchen Rosen wachsen!

In festlichen Tagen.

Frau Maier: Elsa! Sag' Deiner Groß-
mutter, sie soll zum Kaffee zu uns kommen.

Elsa: Die Großmutter hat heute keine Zeit.

Frau DNaier: Was hat sie denn zu thun?

Elsa: Sie geht als Ehrenjungfrau zum
Kr iegervcre ins feste.

Erinnerungen aus grotzer Zeit.

(Aus dein Tagebuch eines Arbeiters.)

19. Jull 1870. (Ausbruch des Krieges zwischen Frank-
reich und Deutschland.) Wegen Geschäftsstockungen
in Folge der Kriegswirren aus der Arbeit
entlassen.

6. August. (Die Franzofen bei Wörth geschlagen. Großer

Jubel.) Uhr und Sonntagskleider aufs Leihhaus
getragen.

18. August. (Schlachten um Metz gewonnen.) Die Bet-
ten anfs Leihhaus getragen; großer An-
drang daselbst.

2. September. (Schlacht bei Sedan.) Zuin ersten
Mal betteln gegangen.

Hier schließt das Tagebuch, weil der Verfasser
desselben wegen Bettelns verhaftet und sodann
per Schub in seine Heimath transportirt wurde.

Italienisches.

Wenn es wahr ist, daß „der Mensch ist,
was er ißt", so muß der preußische Eisenbahn-
minister gern Schnecken essen, und das Leib-
gericht des Herrn v. Koller werden Krebse sein.

Herr Crispi pflegt die Kollegialität; er sorgt
dafür, daß in den italienischen Provinzen das
Räuberwesen ungestört überhand nimmt.

,-Warum findet der sozialdemokratische Kongreß
heuer in Breslau statt?"

„DRan will endlich einnial auch aus Ostelbien
etwas Gutes hören."

Was ist der Unterschied zwischen „Echt" und
„Surrogat?"

Hui, das Sedanfest ist z. B. als Nationalfest
„Surrogat", dagegen ist das Fest des Bastillcn-
sturnls „Echt". ,,

Damit die Justiz nicht ciuschläft, — ist sie in
Essen wieder — ermuntert worden.

A. : Waruin ereifert man sich in geheimen
Erlassen so eifrig gegen die öffentlichen Auf-
züge der Sozialdemokraten?

B. : Man will eben der Bürgerschaft nicht

sehen lassen, wie munter die Sozialdemokratie
im Zuge ist. « .

In Bliemchenhausen ist ein sozialdemokratisches
Liebespaar wegen geheimer Verbindung in Anklage
versetzt und auf Grund des Vereinsgcsetzes auf-
gelöst worden.

Soeben ist erschienen:

Bilderbuch für das Jahr 1895.

preis 75 Pfennig.

Für Arveiter»Gesangvereine.

Der ,,$veic Sältgex" bietet den Arbeiter-Tesang-
vereinen einen großen Liederschatz zu einem beispiellos
billigen Preis.

Die I. Serie (nur Partitur-Ausgabe) enthält 60 Hefte
mit \70 Liedern. Preis pro Heft JO Pf.

Die II. Serie (Partitur- und Llimmen-Ausgabe) ent-
hält V. Hefte mit 30 Liedern. Preis pro Partitur 30 Pf.,
der Stimmen 4^0 Pf. (Einzelne Stimmen ^0 Pf.)

Verzeichniß gratis. Bitte zu verlangen.

J. H. w. Dieh' Verlag.
 
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