2049
Der Geifl
Seht ihr nicht den mächtigen Geist der Zeit
Am sausenden Webstuhl sitzen?
Er schaut auf die Erdenherrlichkeit
Herab; seine Augen blitzen.
Doch ist's kein Zorn, der die Welt zerbricht.
Was seine Blicke verkünden;
Eher däucht mir, als sei ein mildes Licht
Von Mitleid darin zu finden.
„Es wird", so spricht er, „weitum im Land
Das Wort, das freie, geächtet.
Und was sonst frei nur und aufrecht stand,
Soll werden erniedrigt, geknechtet.
„Sie wollen mit ihrer Schergen Gewalt
Der Menschheit Stimme ersticken.
Daß ungel, ört jeder Seufzer verhallt.
Sie wollen mich selber erdrücken.
der Zeit.
„Die Däumlinge wollen das Weltenrad,
Das gewaltige, rückwärts drehen —
Wie sollten sie meine befreiende That,
Die werdende, jetzt schon verstehen?
„Derweilen sitz' ich am Webstuhl der Zeit,
Ganz nahe den ewigen Sonnen,
Und wirke der Menschheit das neue Kleid,
Das sorgend ich für sie ersonnen.
„Tobt drunten es noch so grimm und so wild.
Sie sollen den Sieg nicht haben;
Ich bringe, wenn meine Zeit erfüllt.
Dem Menschengeschlecht meine Gaben!" —
So tönt' es herab, und der Geist verschwand
In rosigen Wolkenhöhen —
Ihr lieben Philister, mit eurem Verstand
Kann man ihn nicht hören noch sehen!
Koloniales.
21.: Was halten Sie von dem Vorschlag der „Grenzboten", die
soziale Lage in Deutschland dadurch zu bessern, daß man die Ueber-
siedelnng nach unseren Kolonien fördert?
B.: Ei» ganz vortrefflicher Vorschlag, nur muß man nicht die
2lrbeiter, sondern die Ausbeuter dahin befördern, wo der Pfeffer wächst.
„Wo ist die Frau?" fragte man früher, wenn Ueberraschendes ge-
schehen war. Heute fragt man bei unliebsamen Ueberraschungen in der
hohen Politik stets: „Wo ist der Russe?"
Fritz: Vater, was sind das für Bretter, „die die Welt bedeuten"?
Vater: Das sind die Bretter, welche vor den Köpfen unserer Gegner sitzen.
Ins Schillerbuch zu Altarbach am Neckar soll ein Tourist folgenden
Eintrag gemacht haben:
O großer Schiller, wärest du doch
Bis heut' am Leben geblieben:
Du hättest statt der „Räuber" gewiß
„Die Petrolenmringherrn" geschrieben!
Hobelspähne.
Sie haben mit Spannung hinübergcschaut
Nach Breslau, die Reaktionäre,
Ob endlich im Heerbann der Rothen nicht
Ilnf Zwietracht zu hoffen wäre.
Doch fanden den Thurm sie so festgefügt,
So einig der Kämpfer Reihen,
Daß wieder in alter Weise sic
Nach AuSnahmsgesctzen schreien.
„Der Schein trügt", dieses alte Sprich-
wort hat sich iviedcr glänzend bewährt an de>n
Heiligenschein Stöckers.
Daß Irren menschlich — dieses Wort
Bewährt sich jeder Zeit,
Es zeugen selbst Sprüche des Reichsgerichts
Von echter Menschlichkeit.
Zwischen Berlin und Plötzensee wird eine elektrische Bahn gebaut,
um den Redakteuren des „Vorwärts" ihr Fortkommen zu erleichtern.
Der Tag wird immer kürzer
Und immer länger die Nacht,
Es winkt als Herbstvergnügen
Die frische, fröhliche Jagd.
Es jagt auf Rehe und Hasen
Der Waidmann in Feld und Wald,
Stuf rothe Redakteure
Macht Jagd der Staatsanwalt.
Die bösen Agrarier machen mir schon wieder Konkurrenz. Sie be-
mühen sich nämlich, den Minister von Bötticher abznsägen.
Ihr getreuer Säge, Schreiner.
Unsere Zeit.
(Frei nach der „Antisemitischen Korrespondenz".)
Ja, — eine vornehme, seltene Zeit! — „Ein
Zug ins Großartige" adelt sie:
Großartig — ihre Ordnung, ihr Reichthlim, ihr
Glanz!
Großartig — ihr Wissen, ihr Elend, ihre Massen-
umnachtnng!
Großartig — ihre Rechts- und Kunstpflege; groß-
artig ihre Tendenz!
Großartig — ihre Gottesfurcht und Tugend; ihre
Menschcnverachtung und Sitte!
Großartig — ihre Heuchelei, ihre Erkenntniß des
Wahren und der Lüge!
Ihre Offenheit, Verlogenheit und Fäulniß
aber, wie ihre Helden und Verbrecher „haben
wie alles bei diesen außergewöhnlichen Zuständen
— einen Zug ins .Großartige!"'
Das Grotzartigste an sich.
Es ist kein Tropf zu groß, es findet sich stets
ein größerer, der ihn voll zu würdigen weiß.
Bruder Heinrich.
Leit seiner — schuldlos erlittenen — Haft
Ist er erfüllet von himmlischer Kraft,
Wird darum fortan mit Kneten und pfeifen
Irdische Arbeit beim „Tröppche" ergreifen.
Drehen ein Naschen dem römischen Recht,
Wachsweich, so nennt es der Bösen Geschlecht;
Und was dann folget, getreu wir berichten
Unter Rechts-Wachsnasen-Drechslergeschichten.
Ausweisung in Breslau.
Kann man sich wundern, daß der morsche
Klassen- und Polizcistaat sich vor proletarischen
Ellbogen fürchtet?
Die Vernünftigen.
Da klagt man immer: der Unvernunft
Lei Alles verfallen heute,
Ulan träfe in der Gesellschaft nie
So recht vernünftige Leute.
Doch übertrieben und unhaltbar
Ist diese bittre Klage,
Man hört von dem Dasein vernünftiger Leut'
Wohl auch noch heut zu Tage.
Denn öfter durch die Blätter geht
Die Kunde, die unheimlich grause:
„Ls ward ein vernünftiger Mann entdeckt
In einem Irren hause."
Vom Reichskage.
Hinz: In der nächsten Reichstagssession wird
eine große Erleuchtung über die Abgeordneten
kommen.
Kunz: Ah — will etwa Herbert Bismarck
eine Rede halten?
Hinz: Nein, aber cs ivird ein neuer Kron-
leuchter in Betrieb gesetzt.
Strafe.
A. : Haben Sie schon gehört: der alte Putt-
kam er sitzt nun auch fest, und zwar lebens-
länglich.
B. : Ah, haben sie den erwischt! Wie ist denn
das gekommen?
A.: Er hat einen erblichen Sitz im preußi-
schen Herrenhanse erhalten.
Ein Sorialresormer.
Lr zaubert den Armen das Huhn in den Topf
And zählt zu den blutigsten Gründern.
Lr ist ein Plusmacher mit dem Kopf
Und ein Menschenfreund mit dem H..... .
Zweierlei Matz.
Arbeiter: Warum bekommen beschäfti-
gungslose Beamte Wartegeld?
Beamter: Dumme Frage! Damit sie nicht
verhungern.
Arbeiter: Und warum bekommen beschäfti-
gungslose Arbeiter kein Wartcgcld?
Beamter: 2lch, die brauchen keins, die sind
das Hungern schon gewöhnt.
Gefährliche Mission.
2l.: Jetzt muß ich aufs Schwurgericht nach
36. — Wer weiß, ob sie mich nicht gleich dort
behalten!
B.: Bist Du denn überhaupt angcklagt?
2t.: Ach, wenn es nur das wäre! Zlber die
Sache steht schlimmer: ich bin Entlastungs-
zeuge. —
Au!
Veiteles: Welcher Unterschied ist zwischen
unserer Khille (Gemeinde) und den alten Römern?
Jeitteles: Nu?
Veiteles: Die alten Römer hatten einen
Rubikon und die hiesige Khille hat einen Rabbi
Kohn. _
Flora und Fauna.
21.: Weißt du schon, Hammerstein soll seine
Flora mitgenommen, aber seine Fauna hier
gelassen haben.
B.: Fauna? Wie heißt?
A>: Nun, seine Gläubiger: der Hirsch, der
Bär, der Löw', der Fuchs!
Einem Pfaffen ins Stammbuch.
„Göttlich" nennst die Vrdnung du,
Li darum keinen Zwist,
Denn dieses geb' ich gerne zu.
Daß sie nicht menschlich ist.
Der Geifl
Seht ihr nicht den mächtigen Geist der Zeit
Am sausenden Webstuhl sitzen?
Er schaut auf die Erdenherrlichkeit
Herab; seine Augen blitzen.
Doch ist's kein Zorn, der die Welt zerbricht.
Was seine Blicke verkünden;
Eher däucht mir, als sei ein mildes Licht
Von Mitleid darin zu finden.
„Es wird", so spricht er, „weitum im Land
Das Wort, das freie, geächtet.
Und was sonst frei nur und aufrecht stand,
Soll werden erniedrigt, geknechtet.
„Sie wollen mit ihrer Schergen Gewalt
Der Menschheit Stimme ersticken.
Daß ungel, ört jeder Seufzer verhallt.
Sie wollen mich selber erdrücken.
der Zeit.
„Die Däumlinge wollen das Weltenrad,
Das gewaltige, rückwärts drehen —
Wie sollten sie meine befreiende That,
Die werdende, jetzt schon verstehen?
„Derweilen sitz' ich am Webstuhl der Zeit,
Ganz nahe den ewigen Sonnen,
Und wirke der Menschheit das neue Kleid,
Das sorgend ich für sie ersonnen.
„Tobt drunten es noch so grimm und so wild.
Sie sollen den Sieg nicht haben;
Ich bringe, wenn meine Zeit erfüllt.
Dem Menschengeschlecht meine Gaben!" —
So tönt' es herab, und der Geist verschwand
In rosigen Wolkenhöhen —
Ihr lieben Philister, mit eurem Verstand
Kann man ihn nicht hören noch sehen!
Koloniales.
21.: Was halten Sie von dem Vorschlag der „Grenzboten", die
soziale Lage in Deutschland dadurch zu bessern, daß man die Ueber-
siedelnng nach unseren Kolonien fördert?
B.: Ei» ganz vortrefflicher Vorschlag, nur muß man nicht die
2lrbeiter, sondern die Ausbeuter dahin befördern, wo der Pfeffer wächst.
„Wo ist die Frau?" fragte man früher, wenn Ueberraschendes ge-
schehen war. Heute fragt man bei unliebsamen Ueberraschungen in der
hohen Politik stets: „Wo ist der Russe?"
Fritz: Vater, was sind das für Bretter, „die die Welt bedeuten"?
Vater: Das sind die Bretter, welche vor den Köpfen unserer Gegner sitzen.
Ins Schillerbuch zu Altarbach am Neckar soll ein Tourist folgenden
Eintrag gemacht haben:
O großer Schiller, wärest du doch
Bis heut' am Leben geblieben:
Du hättest statt der „Räuber" gewiß
„Die Petrolenmringherrn" geschrieben!
Hobelspähne.
Sie haben mit Spannung hinübergcschaut
Nach Breslau, die Reaktionäre,
Ob endlich im Heerbann der Rothen nicht
Ilnf Zwietracht zu hoffen wäre.
Doch fanden den Thurm sie so festgefügt,
So einig der Kämpfer Reihen,
Daß wieder in alter Weise sic
Nach AuSnahmsgesctzen schreien.
„Der Schein trügt", dieses alte Sprich-
wort hat sich iviedcr glänzend bewährt an de>n
Heiligenschein Stöckers.
Daß Irren menschlich — dieses Wort
Bewährt sich jeder Zeit,
Es zeugen selbst Sprüche des Reichsgerichts
Von echter Menschlichkeit.
Zwischen Berlin und Plötzensee wird eine elektrische Bahn gebaut,
um den Redakteuren des „Vorwärts" ihr Fortkommen zu erleichtern.
Der Tag wird immer kürzer
Und immer länger die Nacht,
Es winkt als Herbstvergnügen
Die frische, fröhliche Jagd.
Es jagt auf Rehe und Hasen
Der Waidmann in Feld und Wald,
Stuf rothe Redakteure
Macht Jagd der Staatsanwalt.
Die bösen Agrarier machen mir schon wieder Konkurrenz. Sie be-
mühen sich nämlich, den Minister von Bötticher abznsägen.
Ihr getreuer Säge, Schreiner.
Unsere Zeit.
(Frei nach der „Antisemitischen Korrespondenz".)
Ja, — eine vornehme, seltene Zeit! — „Ein
Zug ins Großartige" adelt sie:
Großartig — ihre Ordnung, ihr Reichthlim, ihr
Glanz!
Großartig — ihr Wissen, ihr Elend, ihre Massen-
umnachtnng!
Großartig — ihre Rechts- und Kunstpflege; groß-
artig ihre Tendenz!
Großartig — ihre Gottesfurcht und Tugend; ihre
Menschcnverachtung und Sitte!
Großartig — ihre Heuchelei, ihre Erkenntniß des
Wahren und der Lüge!
Ihre Offenheit, Verlogenheit und Fäulniß
aber, wie ihre Helden und Verbrecher „haben
wie alles bei diesen außergewöhnlichen Zuständen
— einen Zug ins .Großartige!"'
Das Grotzartigste an sich.
Es ist kein Tropf zu groß, es findet sich stets
ein größerer, der ihn voll zu würdigen weiß.
Bruder Heinrich.
Leit seiner — schuldlos erlittenen — Haft
Ist er erfüllet von himmlischer Kraft,
Wird darum fortan mit Kneten und pfeifen
Irdische Arbeit beim „Tröppche" ergreifen.
Drehen ein Naschen dem römischen Recht,
Wachsweich, so nennt es der Bösen Geschlecht;
Und was dann folget, getreu wir berichten
Unter Rechts-Wachsnasen-Drechslergeschichten.
Ausweisung in Breslau.
Kann man sich wundern, daß der morsche
Klassen- und Polizcistaat sich vor proletarischen
Ellbogen fürchtet?
Die Vernünftigen.
Da klagt man immer: der Unvernunft
Lei Alles verfallen heute,
Ulan träfe in der Gesellschaft nie
So recht vernünftige Leute.
Doch übertrieben und unhaltbar
Ist diese bittre Klage,
Man hört von dem Dasein vernünftiger Leut'
Wohl auch noch heut zu Tage.
Denn öfter durch die Blätter geht
Die Kunde, die unheimlich grause:
„Ls ward ein vernünftiger Mann entdeckt
In einem Irren hause."
Vom Reichskage.
Hinz: In der nächsten Reichstagssession wird
eine große Erleuchtung über die Abgeordneten
kommen.
Kunz: Ah — will etwa Herbert Bismarck
eine Rede halten?
Hinz: Nein, aber cs ivird ein neuer Kron-
leuchter in Betrieb gesetzt.
Strafe.
A. : Haben Sie schon gehört: der alte Putt-
kam er sitzt nun auch fest, und zwar lebens-
länglich.
B. : Ah, haben sie den erwischt! Wie ist denn
das gekommen?
A.: Er hat einen erblichen Sitz im preußi-
schen Herrenhanse erhalten.
Ein Sorialresormer.
Lr zaubert den Armen das Huhn in den Topf
And zählt zu den blutigsten Gründern.
Lr ist ein Plusmacher mit dem Kopf
Und ein Menschenfreund mit dem H..... .
Zweierlei Matz.
Arbeiter: Warum bekommen beschäfti-
gungslose Beamte Wartegeld?
Beamter: Dumme Frage! Damit sie nicht
verhungern.
Arbeiter: Und warum bekommen beschäfti-
gungslose Arbeiter kein Wartcgcld?
Beamter: 2lch, die brauchen keins, die sind
das Hungern schon gewöhnt.
Gefährliche Mission.
2l.: Jetzt muß ich aufs Schwurgericht nach
36. — Wer weiß, ob sie mich nicht gleich dort
behalten!
B.: Bist Du denn überhaupt angcklagt?
2t.: Ach, wenn es nur das wäre! Zlber die
Sache steht schlimmer: ich bin Entlastungs-
zeuge. —
Au!
Veiteles: Welcher Unterschied ist zwischen
unserer Khille (Gemeinde) und den alten Römern?
Jeitteles: Nu?
Veiteles: Die alten Römer hatten einen
Rubikon und die hiesige Khille hat einen Rabbi
Kohn. _
Flora und Fauna.
21.: Weißt du schon, Hammerstein soll seine
Flora mitgenommen, aber seine Fauna hier
gelassen haben.
B.: Fauna? Wie heißt?
A>: Nun, seine Gläubiger: der Hirsch, der
Bär, der Löw', der Fuchs!
Einem Pfaffen ins Stammbuch.
„Göttlich" nennst die Vrdnung du,
Li darum keinen Zwist,
Denn dieses geb' ich gerne zu.
Daß sie nicht menschlich ist.