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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 16.1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.8255#0084
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2981

$rie6ensy§anf<tfie. Von Rata Langa in Rom.

ü?in Sänger der Armen.

3<fj bin kein Herrn-, kein Jürstenknechl,
Kein Diener der adligen Meute,

3ch bin ein schlichter Kämpfer fürs Recht,
Fürs Recht der armen Leute.

lüer elend ist — ich bin es auch —-
6ier ist ein Bundeszeichen:

Ein Bundschuh und ein Birkenstrauch,
Zum Schrecken für die Reichen.

Als Zeus die schöne Welt erschuf,

Tbat er es uns zum Heile,

Und daß nach Dürfnifz und Beruf
Die Menschheit sich drin theile.

Er wollte, daß die Menschheit steh
In seiner Güte sonnte,

Und frei und gleich und brüderlich
Ein Jeder leben konnte.

Er wußte nichts von theurem Brot
Und nichts von Landesfarben,

Nichts von moderner Mastennoth,

Es sollte keiner darben.

Darum, ihr Armen, hoch das Haupt,
3ch will euch Waffen geben,

Euch ward ein heil'ges Recht geraubt,
Das heil'ge Recht aufs Leben.

Trag's, wer's noch länger tragen will!
K)er gähnend stch mag strecken,

Es wird mein Kampflied grell und schrill
3im aus dem Schlafe schrecken!

Doch wenn zum letzten Stnrmeslaus
Einst die Fanfaren klingen, —

Heraus mein Schwert, dann hör' ich auf
3ii dichten und zu singen!

August Alinnig.

Der Schmarotzer.

„Um Gottes Willen, Life", sogt die Haus-
mutter zum Dienstmädchen, „was ist mit Dir?
Allen guten Appetit in Ehren! — aber das ist
schon nimmer menschlich, wie Du's betreibst."

„Weiß wohl, weiß wohl", meint die und
grinst verlegen. „Aber" — und nun flüstert sie
geheimnißvoll — „ich Hab' halt eben einen Band-
wurm."

„Das wär' mir noch schöner!" entsetzt stch die
Mutter. „Kann mich gar nicht entsinnen, daß ich
den Gesellen sollt' gar auch mit gedungen haben."

„Freilich, freilich nicht. Aber wenn ich etwan
ein bissel luck lass' in, Essen, gleich steigt mir das
Gewürm den Hals herauf und zwickt mich, bis
es wieder einen Brocken kriegt. Bei mir selber
schlägt's schon gar nicht an; alles verschluckt das
Rabenvieh."

„Ei du meine Güte! Dann schneid' Dir halt
noch ein Stiickl Brot."

Grad komm' ich, mit der Pfeife im Mund,
in die Küchen und lass' mir die Sachlage berichten.

„So so", sag' ich. „Glaub' wohl, daß es
dem Herrn Bandwurm recht behaglich ist unter
sothanen Umständen. Aber wie wär's, wenn wir
dem Kumpan einmal zeigen, thäten, wo der Herr-
gott für seinesgleichen eine Thür' gemacht hat?"

Die Life, als eine züchtige Jungfrau, ist roth
geworden und hat gemeint, daß das schon recht
wär', wenn man's machen könnt'.

Und ich versprach ihr, die Rolle des heiligen
Rittersmanns Georg ernsthaft und gründlich
durchzuführen.

In der Nacht drauf halt' ich einen merk-
würdigen Traum.

Saß da an einem mächtigen Tisch ein riesiger,
dürrer Bauernbursch: weiße Lederhosen, rothe
Weste, schwarzer Kittel. Der Zipfel seiner Zipfel-
kappen hing ihm trübselig über die Stirn. Der
Bursch, der Stoffel oder Michel oder wie er grad
hieß, hatte eine mächtige Schüssel voll Knödel vor
sich und aß und aß und aß — aber ohne sicht-
baren Erfolg.

„Der Daus!" sprach ich zu mir selber, „da
muß etwas nicht in Ordnung sein."

Und als neugieriger Medizinmann zog ich
schnell etliche Röntgenstrahlen aus der Tasche und
leuchtete ihm durch seine Leiblichkeit.

Herrgott, war das ein Anblick!

Man weiß ja so ungefähr, n>ie ein Bandwurm
ausschaut: ein unscheinbares, dünnes Köpflein
mit scharfen Haken ums Maul, und dann, zwei
Eivigkciten laug, ein Glied oder Bäuchlein am
andern.

Grad so etivas füllte den ganzen mittleren
Michel oder Stoffel aus; aber das waren keine
gewöhnlichen Glieder, sondern, bei näherem Zu-
sehen, lauter Regimentlein zierlicher Kriegsmänner
mit blitzenden Waffen. Und kam ein Knödel den
Schlund herabgerutscht, gleich ward er von dem
Wurm erschnappt, nach hinten weitergegeben, und
setzte sich ganz zul.etzt als neues Bataillon an die
übrigen.

Wie man doch komisch träumen kann, nicht
wahr? * *

Am andern Morgen ging ich gegen Lisens
Gewürm nach alter, bewährter Sitte vor: ein
löblicher Häringssalat cröffnete die Schlacht, dann
rückte das schwere Geschütz des Farnsamenextrakts
auf — und über Kurzem verzog sich der fremde
Gast ohne Hinterlassung von Leibcserben.

Wie wohl bei meinem Traum-Michel zu ver-
fahren gewesen wäre?

Vielleicht könnte mir der freundliche Leser
einen brauchbaren Vorschlag ertheilen?

Di', o.

Soeben /Derer.

»Isen 0raf“, so sehr' de Herr Baron fo'n Grafen
vtin Olddantt,

„Rerr Graf, ach kieken's blot mal minen Ried-
knecht an,

Se un min Riedkned)t, Wochen Meier,

De glieken sick so a$ twee Hühnereier."

„Udat’s Dünner!“ meent de Graf, Herr Gäsar was8
sin Damen,

„De Kierl de sali mal ’n bäten neger3 kamen.“
Un Wochen kam. „Ganz min Gesicht!"

So sehr de Graf, „ein fett dat gor nid) slicht!"
„Segg mal, min Iciwer Jochen, segg mal an,
(Hier4 diene IDudder früher in Olddann?“

„Ach nec, Herr Graf“, sehr Jochen Meier,

„Min Mudder wier in Lüften Glasen;

Jedoch min üadder, de ohle Meier,

1s bi de ohl' Gräfin Riedknecht wäsen!“

_ j. pii.

sagte, 2 war, 3 ein bischen näher, 4 war.
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