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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 19.1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.8186#0065
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3721

brüllt noch so laut man links ums Wort, Ls hält den Herrn Domänenrath
Ko rührt's den Rettich nicht; Der Wangenheim am Zopf.

Vagodengleich muß er vollzieh». Wer so dem Bunde sich verschreibt,

Vlas rechts man zu ihm spricht. Ist gar ein armer Cropf.

-evt? Hobelspähnr. DvD"

Schon Mancher mir entgegenrief:

Was wird wohl aus dein Zolltarif?

Da kann ein Narr wohl viel mehr fragen,
Als viele Weise mögen sagen.

Ich sag' nur, daß mein Herz begehrt,

Daß der Tarif zum Orkus fährt
Und nimmt nebst all der Zölle Plunder
Auch noch den Posa mit hinunter.

Ein Aankee hat dem Priirzen Heinrich derb
auf den Rücken geklopft. Dieser J)ankee dachte
offenbar an die Fleisch- und Getreidezölle.

Wie sie nur unaufhörlich schrei'»:

Die Flotte, die muß größer sein!

Und sehn doch nicht, daß größer noch
Im Reichsbndget stets ivird das Loch!

Die Polizei entlarvt in Berlin eine spiritistische Schwindlerin und
wundert.sich, daß es in Berlin noch so viel Dumme gicbt. Aber ist der
Spiritismus etiva dummer, als die Theorie, daß das Ausland den Zoll
für uns bezahlt? . ^ «

Wie könnt' ich dein vergessen,

Ich weiß, was du mir bist.

Weil du aus jeder Schüssel,

Krautjunker, mit inir friß'st!

„Wenn die amerikanischen Chefredakteure kommandirenden Generälen
gleichstehen, dann bin ich mindestens Major", sagte der Reporter Meyer.
Sprach's und ging zu seinem Ausbeuter, um eine Erhöhung des Zeilen-
honorars zu fordern. treuer Säge, Schreiner.

Aus dem Zeitalter der Humanität.

Ein lange vergebens gesuchter Straßenräuber,
°er auch eine Anzahl Menschenleben auf dem
gewissen hatte, war von der Gendarmerie endlich
gemacht, dabei aber so übel zugerichtet
worden, daß er zunächst dem Krankenhause über-
leben werden mußte. Nur der ihm zutheil ge-
wordenen sorgfältigen Pflege war cs zuzuschreiben,
°aß der von den Aerzten bereits Aufgegebene anr
^ben erhalten und schließlich doch noch vor die
Eieschworenen gebracht werden konnte. Bereits
wenige Tage nach der Verhandlung des Schwur-
öerichses, das den Angeklagten zum Tode ver-
'wtheilte, erkrankte dieser jedoch aufs Neue so
ichwcr, daß sich eine überaus gefährliche Operation
uothjg machte. Aber auch sie überstand der Ver-
"rtheiite, dessen Leben nur noch an einem Faden
llchangen hatte, und schon nach weiteren 14 Tagen
Achtete die Direktion des Krankenhauses an die
öll Staatsanwaltschaft: „Der pp.... ist wieder
Wwest hergestellt, daß er unter dein heutigen Tage
ueiund geschrieben wurde und seiner Hinrichtung
wit nichts mehr im Wege stehen dürfte." d,-.

®er Häuptling der All-Deutschen.

Lvichskag sitzt Professor Hälfe,

B„ b<m dixlomat'scher Kühle,
au« immer vollem Fasse
1 patriotische Gefühle.

Ichtijums Mett»,ig und Bewahrung
Ein ’fr' feit vielen Jahren:

Er trii» täglich seine Nahrung —

* 'hu auf mit Haut und Haaren.

Und'llri^« ^"tschrn Reichs Gewissen
F,„ Stunde dars er schwänsrn;

Trw»ik!5e annexionsbestissell,

E "E täglich er die Grensrn.

Wo jj1'*'1'1’ t>ie Siimmungsuhrrn,

Vn,nur r,^§tßaehr» krachtet —

Hat er Tiiv .. 't>eid für die Bure»

. allein gepachtet.

i'ÄitaH *** ^"""en Masse
Sie l,nt r2m ruvorgekommen —

In dielend ÄV Herrn Hasse
— * m streik Partei genommen! R. L.

Meergrün- -

Lin Tiefseekrebs liebt' eine Auster,

Die saß auf einer Aorallenbank;

Im Stillen Ozeane haust' er
Dicht über einem Aabelstrang.

Lr warb urn sie — nicht ihre perlen —
wie er gar oft betheuert hat;

Da lief — ich weiß nicht: galt es Scherlen,
Galt's öem Berliner Tageblatt? —

Lin Telegramm hindurch, das fabel-
Und ekelhaft Berichte log,

So arg, daß sich das arme Aabel
Schier gichtisch krümmte, wand und bog.

Aufschrak der Tiefseekrebs und zuckte
Nervös, und hielt nicht länger Stand;

Die Auster aber jäh verschluckte

Lin Berg von Schlamm und Wellensand...!

M. E.

Lieber Jacob!

Die Bejassche Lecwenjrube an de Schloßfreiheit,
jenannt Nationaldenkmal, is in't Wackeln je-
kommen, un de Sachverständijen meenen, des de
verfehlte Konstruktion voll den Unterstund schuld
daran sei. Mir freit det, offen jesagt, denn mit
dieset Ereijniß wird det scheene Monument erseht
zu een wirklichet, richtijet Simbolijum von de
deitsche Reichsherrlichkcet: oben mächtije Diere
mit jroßc Schnauzen, un unten wackelilde Funda-
nienter von wejen verfehlte Konstruktion des Unter-
jrundes. Doch sonst hat de Stadtverwaltung
Villen Aerjer. De Straßenbahn-Jbersiehrung
unner de Linden soll doch nu mit Jewalt ober-
oder unterirdisch jedeichselt werdeir un unsere
liebenswirdije Verkehrsdeputation plagt sich seit
Monate mit de Priefungen von loyale Lift- un
Tunnelanlagen. Aberst et paßt allens »ich. Ick
bejreife »ich, woso man mit die Sache noch so
ville Menkenke macht. Man sollte doch eenfach
hceheren Orts verordnen, des det lenkbare Luft-
schiff erfunden wird, un die janze Jeschichte wäre
ins Loth. Der stoße un lange Handelsminister
Möller, der neilich dem Vorsitzenden von die Zoll-
kommission anjewiesen hat, det ville Reden zu

verhindern, kennte so 'ne Verordnung mit Leichtig-
keet zu Stande bringen.

Jn'n zoologischen Zarten wollen se 'ne beson-
dere Abtheilung for heehere Herrschaften inrichten.
Ick hatte mir schonst so jefreit, an den nächsten
billijen Sonntag zu de Futterstunde hinzujehen
un mal mit eejene Oogen zu seh'n, von wat woll
die Brieder eejentlich leben. Nu sagt aberst unser
Amtsrath, der konservative Abjeornte aus Ost-
preißen, der bei meine Schwester in't Vorderhaus
zwee meeblirte Zimmer hat, det Janze solle man
bloß'» Sportpark werden, wo der Peebel keenen
Zutritt »ich hat. Schade!

De Moralität nimmt bei uns in Berlin jejen-
wärtig wieder mal ieberhand, un de staatserhal-
tende Kreise erheben 'n jroßet Jeschrei wejen de
Schlachten, die unse Schuljungens jetz immer uff
de Straßen veranstalten. De Jeheimräthe un
andere Philosophen sehen darin die demoralisirende
Jnwirknngen von det jroßstädtischc Leben un von
die moderne umstirzlerische Ideen. Ick jloobe,
die Sache liegt noch ville tiefer. Die Lausejnngens,
die sich da mit Knippeln un Messern bearbeeten,
wollen ihre anjestammte un ministeriell bejlaubigte
Rechte uff Brutalität bei Zeiten ausnitzen. Denn
se kennen ja doch »ich wissen, ob se inal in't
spätere Leben for satisfaktionsfähig anjesehen
werden un Jelejenheet finden, det in jeden Christen-
menschen schlummernde Rowdythum in kavalir-
inäßije Weise zur Jeltung zu bringen.

Der Dampfer Kronprinz Willem hat ja 'ne
sehr stirmische Jberfahrt nach Amerika jehabt un
et hat schreckliche Seekranlheet an Bord jejeben.
Mancher keenigstreie Zeitungsschreiber, der de
Fahrt mitmachte, soll bei diese Jelejenheet mit
de Monarchie jebrochen haben. Aberst jetz is
von de Reisende allens ieberstanden, un de See-
krankheet is nu an uns jekommen, wenn wir
in der patriotischen Presse de Berichte ieber den
amerikanischen Triumphzug lese».

Womit ick verbleibe mit ville Jrieße

Dein jetreier Jotthilf Rauke,
an'n Jörlitzer Bahnhof, jleich links.

wir ersuchen die l’arteUjenoflen, eine recht kräftige Agitation sür eien wahren Jacob zu entfalten.
* * * Probcnnmmern werden auf vorhergehende Bestellung gratis und franko geliefert. « « «
 
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