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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 21.1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.6365#0041
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— 4264

Der Attentäter. (Schluß.)

Der Polizeichef triumphierte. „Ich habe eS
gemußt, daß das Gesindel gewalttätig werden
wird!" sagte er, von seinen Unterbeamten um-
geben, zu einem Beamten der Regierung, als
ihm der Arzt seine Nase verband. „Aber ich
hatte, gottlob, meine Maßnahmen getroffen! . . .
Was ist es mit dem Manne, welchen ich bei der
Kirche zu Boden schlug? Hat man ihip fest-
genommen ?" fragte er nach einer Weile.

„Der Mann ist tot!" sagte der Arzt.

Der Polizeichef wurde bleich und sah seine
Leute betroffen an. „Hm, so!" sagte er daun.

„Nun, er hatte den Stein gegen mich ge-
schlendert und bedrohte mich weiter! Nicht wahr,
Schmidt?" ivandte er sich an einen seiner Unter-
beamten.

„Jawohl, er hatte den Stein geworfen und
blieb noch stehen, als alles bereits flüchtete!"
bestätigte dieser.

„Er war unstreitig der Haupträdelsführer",
sagte der Chef bestimmt, „und ich habe nur
meine Pflicht getan. Er war der Attentäter und
bedrohte mich weiter am Leben. Das wird fest-
gestellt werden."

„Gewiß!" sagte der Regierungsbeamte.

„Jawohl, mir haben es alle gesehen!" sagte
der Unterbeamte Schmidt, sah erst die anderen
im Kreise, die alle nickten, und zuletzt seinen Chef
bedeutsam an.

Der Arzr runzelte die Stirn und sagte ruhig:
„Der Mann starb übrigens nicht infolge des
Säbelhiebs, sondern er war geraume Zeit vorher
vom Schlage gerührt worden und bereits tot!"

Ieu-Fritzens Morgenlied.

„Keine Mühe darf gescheut werden, den
Offizier wieder mit dem Stolz der Armut zu
erfüllen, den einst der Ordensritter empfand."
Aus einem Erlaß des kommandierenden
Generals Frhrn. v. d. Goltz.

Wie schien da« Leben lrüb und schal,
Die Well mir öd' und eikel,

Kam srüher ich vom Liebesmahl
Nach Haus mit leerem Beutel.

Ich achtete mich selbst gering,

Den Bettlern gleich und Dieben,

Ging mir der letzte Silberling
Futsch in der Lust'gen Sieben. —

Much gestern halt' ich wieder Pech
Bei dem Roulette, dem raschen:

Die schönen Batzen rollten weg
Und leer sind meine Taschen.

Und doch — wo blieben Jammer heut',
Gram. Butze, Ren' und alles?

Ich stehe da in Herrlichkeit
Und pfeife auf den Dalles!--

Heil fei dir, Freiherr von der Goltz,
Der du mein Her; bekehrtest
Und mich den ritterlichen Stoff,

Den „Stoff der Armut" lehrtest! j.s.

Von dem Verfasser des Gedichts „Deutsches Frei-
hcitslied" geht uns nachstehende Berichtigung zu:

Die Veröffeutlichung des „Deutschen Frciheits-
liedes" von Walter Bradh, Dichtung von Hans
Freimark, in Nr. 455 des „Wahren Jacob" weist
eine vom Original abweichende und dem Sinne
dieses nicht entsprechende Fassung des Textes auf.

In der hier folgenden Wiedergabe des Originals
der Dichtung sind diejenigen Stellen, von denen die
obengenannte, von mir nicht herrührende Fassung
abweicht, durch andere Druckweise gekennzeichnet.

Hans Freimark.

In fesseln zwänget man uns ein
Und hetzt uns früh und spät.

Und unter bittren Huälerei'n
Das Leben öd vergeht,
was nützt uns eitler Wissenschaft
Eintönig Einerlei!

:|: Laßt, Brüder, brauchen unsre Araft,

Auf daß wir endlich frei!

Lind stark und fest wir im verein
Zerbricht der Götze bald.

Den aufgerichtet hat allein
Der Heuchler roh Gewalt.

Befreiend scheucht das Tageslicht
Der Finstren Ulerisei.

Laßt, Brüder, halten uns Gericht,

Auf daß wir endlich frei! :|:

Unseren Sängern stehen jetzt beide Lesarten
zur Verfügung; die Sozialisten werden den etwas
geänderten Text, die Anarchisten den unveränder-
ten vorziehen — so ist jedem geholfen.

Im übrigen haben wir den Beitrag nicht des
Textes, sondern der Komposition wegen akzeptiert.

Redaktion des Wahren Jacob.
 
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