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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 22.1905

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https://doi.org/10.11588/diglit.6368#0048
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4616 . •

~s> Antauglich.

Rittmeister: Den Unteroffizier Meier lassen wir nicht weiter kapitulieren,
Wachtmeister! Der Kerl ist mir zu schlapp. Hat schon fünf Jahre Dienstzeit hinter
sich und noch keine einzige Bestrafung wegen Soldatemnitzhandlung!

Kindermund.

Lehrer: Nennt mir jetzt ein Haustier!

Der kleine Wilhelm: Die Schnecke.

Lehrer: Wie kommst du darauf, die Schnecke einHaustier zu nennen?
Wilhelm: Weil sie ein Haus auf dem Rücken trägt.

Lehrer: So habe ich es nicht gemeint. Unter Haustieren versteht
man Tiere, welche sich der Mensch in seiner Wohnung hält.

Der kleine Fritz: Ich weiß, Herr Lehrer! Die Wanze!

Mehr Freiheit!

Zum Bergarbeikerstreik.

Wir wollen eine Stunde
Mehr Freiheit nur im Tag,

Damit die große Wunde
Des Elends heilen mag;

Damit die schwachen Brüder
Auch finden Werk und Brot,

Und nicht bei vollen Scheuern
Noch leiden bittre Not.

Wir heischen eine Stunde
Mehr Freiheit für den Lerd,

Damit sein reicher Segen
Ans wieder sei beschert;

Damit den Kindern wieder
Ins kleine Äerz hinein
Erglänze Mutterliebe
Als warmer Sonnenschein.

Wir wollen eine Stunde
Mehr Freiheit zur Natur,

Damit wir können wandeln
Auf ihrer Blütenspur;

Damit wir können schauen.

Wie sie aus Stoff und Kraft
Geheimnisvoll und herrlich
Viel hohe Wunder schafft.

Wir fordern eine Stlmde
Mehr Freiheit, Mensch zu sein.

Mehr Freiheit, auch zu trinken
Des Geistes Feuerwein;

Mehr Freiheit, zu genießen
Der Künste Lerrlichkeit,

Mehr Freiheit, zu erschaffen
Freiheit und Menschlichkeit. N. Seidel.

Kerenissuinls rind der Generalstreik.

Ein Bataillon Infanterie, das in der Re-
sidenz Seiner Durchlaucht in Garnison lag,
hatte Bereitschaftsbefehl bekommen. Dadurch
wurde auch Seine Durchlaucht inne, daß
irgendwo irgend etwas los sei, nur wußten
Hochdieselbe nicht was.

„Wissen Sie vielleicht, lieber Preblow, mit
wem wir Krieg haben werden?"

„Durchlaucht, von einem Kriege ist mir
nichts bekannt."

„Ja, Preblow, wozu hat Militär Bereit-
schaftsbefehl erhalten?" .

„Wegen des Generalstreiks der Kohlen-
arbeiter, Durchlaucht."

„So, so! Streiken die Kerls schon wieder?"

„Ja, Durchlaucht. Das ganze Kohlengebiet
ist in Aufruhr."

„Man sollte die Kohlenbergwerke einfach ivo
anders hin verlegen."

„Das wäre in der Tat der einfachste Aus-
weg, Durchlaucht. Wenn die Grubenbesitzer
mit ihren Gruben aus dem Streikgebiet in
ein ruhiges Gebiet verziehen, dann mögen die
Arbeiter streiken, solange sie wollen."

„Weshalb streiken sie eigentlich?"

„Wegen zu langer Arbeitszeit."

„Unbegreiflich! Ich habe doch immer ge-
hört, Arbeit mache das Leben süß!"

„Die Leute wollen auch häufigere Lohn-
zahlungen, Durchlaucht."

„Wie oft werden sie denn entlohnt?"

„Jeden Monat einmal."

„Und das genügt ihnen nicht? Wenn man
niir meine Zivilliste jeden Monat einmal aus-
zahlen würde, würde ich mich glücklich preisen.
Leider kriege ich sie nur jedes Jahr einmal.
Haben die Kerls sonst keine Schmerzen?"

„Doch, Durchlaucht. Sie wollen auch das
Nullen abschaffen."

„Was ist das?"

„Unter Nullen versteht man das Nicht-
bezahlen voller Kohlenwagen, in die außer
Kohle auch Steine geraten sind."

„Das ist wirklich der Gipfel der Unbe-
scheidenheit! Wenn ich gleich streiken wollte,
so oft mir in Berlin ein Wunsch genullt wird,
da käme ich ja aus dem Streiken gar nicht
mehr heraus! Diese Streikewut wird noch
schreckliche Folgen für das Land haben."

„Der Streik hat uns bereits eine Kohlen-
teuerung gebracht, Durchlaucht".

„Schöne Bescherung! Das kostet meinen
Haushalt wieder einen Haufen Geld mehr,
nicht wahr, lieber Preblow?"

„Gewiß, Durchlaucht."

„Verfassungsmäßig bin ich aber nicht ver-
pflichtet, zu den Kosten eines Streiks beizu-
tragen, nicht wahr?"

„Ganz und gar nicht, Durchlaucht."

„Schön! Sie werden deshalb sofort zu
meinem Minister gehen, lieber Preblow, um
ihm zu sagen, er möge eine angemessene Er-
höhung der Zivilliste herbeiführen. Aber bitte,
beeilen Sie sich, damit die Sache noch vor
den Landtag kommt, ehe der Streik zu Ende
ist. Denn auf die Arbeiter ist heutzutage in
keiner Hinsicht mehr ein Verlaß." _ti.

Splitter.

Die kapitalistischen Ausbeuter gleichen den
Fliegen und anderem Ungeziefer: zuerst nähren
sie sich vom Proletariat, dann setzen sie ihren
Unrat darauf ab.

vie vier Wenzel im deutschen Gesellschaftrskat.

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