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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 28.1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.6709#0033
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— 6931

W. Lehmann

Dem Verdienste feine Krone!

(ein Zrolcgelpräct).)

Oer Ccutnant.

wo ich erschien mit meinen DIauen,
hielt ich ein grausig Strafgericht;
heroisch war es anzulchauen,

NIs gegen Greife, Krüppel, Frauen
Die Sturmkolonne ich geführt,

Ich habe mörderisch gehauen,

Der Pöbel hat es wohl gespürt —

Dier Wochen spSter vor Gericht
Gntfann ich mich des Dorgangs nicht.
Für alles dies Ilt mir geworden
N!s Lohn der Note Fldlerorden!

Oer Schulimnnn.

ha, wie lie rennen, wie sie keuchen!
Noch sehe ich den blut'gen Pfad!

Was unsre Plempe könnt' erreichen.
Das HSKlelten wir zu Spinat;

Und ob man weinte, ob man bat —
kein Flehen konnte uns erweichen:

Ein Kind, das aus der Haustür trat,
Lautlos erlag es meinen Streichen!

Doch leine Stützen ehrt der Staat:

Ich kriegt' kür diese Heldentat
Und ein'ge andre ihresgleichen
Das Allgemeine Ehrenzeichen!

Beide.

In den Prozehoerhandlungstagen
Ging es beinah uns an den Kragen,
ks hie>, der Kechtsanwälte Lhor
^inios alle Sünden vor.

Und lelblt im bell'ren Publikum
Nahm man uns untre Daten krumm.
Doch jetzt ward plötzlich alles ltumm.
Im kreis der Nörgler und der lädier!
Nun hat die liebe Seele Kuh'!

Das Ehrenzeichen und der Fidler
Deckt alle, alle Nlöhen zu! ut)ni

Ostelbisches.

DerOrtsarmeKappuleit hatte sich in früheren
Jahren öfters mit Hilfe des Majestätsbcleidi-
gungsparagraphen bei Eintritt der Winterkälte
von Amts wegen freie Kost und warme Unter-
kunft verschafft.

Seitdem aber neuerdings die hier in Frage
kommenden Verbrecher sehr genau auf ihre ver-
hältnismäßige Strafwürdigkeit hin untersucht
und ausgesiebt werden, ist ihm dieser berühmte
Kniff schon mehrfach vorbeigelungen, so daß er
zum Beispiel im Monat Februar des vorigen
Jahres ganz schändlich hungern und frieren
mußte. Heuer hat er es dafür um so geriebener
angefangen und auch sofort damit einen glatten
Erfolg gehabt.

Er stellte sich nämlich vor den Gendarmen
hin und schimpfte auf den — Herrn Landrat!

Ein Lehrer, der bei seiner Vorgesetzten Be-
hörde durch all seine Eingaben betreffend
den menschenunwürdigen Zustand des Schul-
gebäudes nichts weiter als eine Geldstrafe wegen
hartnäckigen Querulierens erzielen konnte,
wandte sich schließlich an den soeben gewählten
liberalen Abgeordneten des Reichstagswahl-
kreises. Der Abgeordnete kam, sah, staunte und
photographierte den Jntelligenzpalast in eine
fürsorglich mitgebrachte Kamera hinein.

In Berlin entwickelte er das Bild und ging
dann mit ihm zum preußischen Minister des
Geistes. Dieser nahm die Beschwerde halb-
amtlich entgegen und meinte mit einer gewisse»
Leutseligkeit: es sei wohl nicht ganz so schlimm.
Denn wenn auch zum Beispiel mal, wie hier,
direkt an das Schulzimmer ein Schweinestall an-
gebaut sei, so sei doch bekanntlich Raum genug
selbst in der kleinsten Hütte, um die Liebe zum
Staat in die Herzen der Jugend zu pflanzen!

Und dabei tippte er mit dem Finger nach-
drücklich auf den Schweinestall, weil er ihn
für das Schulzimmer hielt. T.

Krokodilstränen.

Ein schwarzer Landsmann aus Kamerun,
Der wirkt als Kondukteur
Bei der Äochbahn in Berlin und fährt
Stolz über das Läusermeer.

Das hat das rheinisch-westfälische Blatt
— In Essen es erscheint —

In patriotischen Schmerz gebracht.

So daß es laut geweint.

Es rief das Anternehmerblatt:

„O weh, der schwarze Mann

Nimmt deutschen Männern weg das Brot,

Drum fort mit dem Kumpan!

„Der Arbeitslosen gibt es viel
In unsrem eignen Land;

Drum, laßt den schwarzen Kondukteur
Im afrikanischen Sand."

Da zogen in die Grube grad
Am Leim des Blattes vorbei.

Aus Russisch-Polen viel tausend Mann
In strammer Kompanei.

Die rief das Kohlensyndikat
Vom Ausland in sein Laus
Und warf dafür den deutschen Mann
Als arbeitslos hinaus.

Demselben Kohlensyndikat
Gehört das edle Blatt,

Das über den schwarzen Kondukteur
Sich so entrüstet hat.

So falsche Tränen weinte am Nil
Noch nie ein Krokodil,

Wie über den deutschen Arbeitsmann
In Essen das Reptil. R.W.
 
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