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https://doi.org/10.11588/diglit.8272#0421
7751
„Christen".
H. G.Jentzsch
O O O
„Du hättest wirklich an Ort und Stelle gehen
sollen, übrigens wird dein Werk ein hoch-
aktuelles Buch werden. Ein großer Erfolg ist
ihm sicher."
„Nicht wahr," sagte er, „du meinst es auch.
Ich werde noch mal mit meinem Hausarzt
sprechen."
Ich rief den Kellner, um zu zahlen.
„Gehen wir ein paar Schritte miteinander,
um noch darüber zu sprechen. Du kannst mir
vielleicht auch Adressen deiner dortigen Partei-
freunde geben. Ich will alle Stimmen hören."
Wir traten hinaus. Er knöpfte den Pelz fest
zu, um der Novemberluft zu trotzen. Der Grey-
hound war über den Damm gesprungen und
stand in graziösester Position vor einem sehr
proletarisch aussehenden, schmutzigen Pintscher,
offenbar bereit, eine nähere Bekanntschaft ein-
juteite».
„Dandy, hierher!" rief Dagobert entrüstet
hinüber.
Der Hund sprang dem Ruf folgend über
den Damm. Da — da — schrecklich! Ein heran-
sausendes Auto hatte ihn gefaßt! Ein gellen-
der Schrei — und das Tier schleppte seinen
blutigen, zermalmten Hinterleib noch ein paar
Schritte über den Damm, um zu den Füßen
seines Herrn zu verröcheln.
Dagobert starrte wie geistesabwesend auf das
Phänomen, wankte und wäre auf seinen ver-
endeten „Dandy" gestürzt, wenn ich den Ohn-
mächtigen nicht in meinen Armen aufgefangen
hätte.
Als er wieder zu sich gekommen war, hals
ich dem noch an allen Gliedern Zitternden in
ein Auto, das ihn zu seinerWohnung führte.-
Am nächsten Tag erkundigte ich mich telepho-
nisch nach seinem Befinden. Eine weibliche
Stimme antwortete, ihr Mann sei noch sehr
angegriffen.
Auf meine Frage, ob ich ihm die gewünschten
Adressen für die Balkanhauptstädte zuschicken
sollte, erhielt ich die Antwort: „Mein Mann
läßt danken; aber er hat den Plan, auf den
Kriegsschauplatz zu gehen, endgültig aufge-
geben." —«— W
Die Erben.
Fünfzig fremde Kriegsschiffe ankern bereit»
am Bosporus.
Ein Kranker kam zum Sterben,
Der längst schon schwach und matt.
Nun sammeln sich die Erben
An seiner Lagerstatt.
's ist keine Totenfeier
Im schwarzgeschmückten Saal —
Die Adler und die Geier
Versammeln sich zum Mahl.
Die Adler und Geier krächzen
Und rufen andre herbei;
Zn des Erblassenden Ächzen
Mischt sich ihr ekles Geschrei.
Sie suchen in wildem Drang«
Sich schon die Bissen aus:
Sie wetzten ja schon lange
Die Schnäbel sich zum Schmaus.
Bald rauft sich um die Beute
Bei dieser Iusammenkunft
Die hungrig lauernde Meute:
Die — Leichenräuberzunst.
Lieber Wahrer Jakob!
Der vierjährige Nachbarssohn erzählte mir, daß
er zu seiner Freundin zur Kindtause gehe.
„Ei sieh," sagte ich zu ihm, „da hat also die
Johanna ein Brüderchen, und du hast noch immer
lein Schwesterchen!"
Worauf er erwiderte: „Na, da kann ich doch
nicht dafür!"
vermischte Anzeigen.
Empfehlenswerte Weihnachtsgeschenke!
Für Sultane, Schahs und andere Monarchen:
Das neueste Kursbuch.
Für Sozialpolitiker:
Kompottschüsseln
in allen Größen zu haben.
Für deutsche Staatsmänner:
Urnen
Wahl», Aschen- und Tränen-Urn-n
Für Kongo-Kolonisten:
Esetse-Zliegenfänger.
Für Streikbrecher:
Revolver
mit Garantieschein gegen gerichtlich« Verurteilungen.
Für alldeutsche Kriegshetzer:
Eisbeutel.
Proklamation des soeben vollzogenen Thronwechsels
in Nordamerika:
Yankees!
Euer republikanischer König Dollar ist tot — Cs lebe
euer demokratischer König Dollar!
gcz.: Prasident-Negent Wilson.
Heißgeliebter Weltfriede!
Unser gemeinsames „Stelldichein- mutz jetzt vorsichts-
halber für einige Wochen
nach Ronstantinopel
verlegt werden. Erkennungszeichen: je ein Panzer-
kreuzer im „Doldnen ljorn".
Deine ewig treuen Dräute,
die europäischen Grobmächte.
Danksagung.
Ich bedank« mich für das viele Gute, Edle, Schöne,
was mir in und durch Europa widerfahren if!; ich
wünsche ihm hundertfältige Frucht und ziehe mich still
getröstet In ein „besseres Jenseits" nach Asien zurück!
Der kranke Mann.
„Christen".
H. G.Jentzsch
O O O
„Du hättest wirklich an Ort und Stelle gehen
sollen, übrigens wird dein Werk ein hoch-
aktuelles Buch werden. Ein großer Erfolg ist
ihm sicher."
„Nicht wahr," sagte er, „du meinst es auch.
Ich werde noch mal mit meinem Hausarzt
sprechen."
Ich rief den Kellner, um zu zahlen.
„Gehen wir ein paar Schritte miteinander,
um noch darüber zu sprechen. Du kannst mir
vielleicht auch Adressen deiner dortigen Partei-
freunde geben. Ich will alle Stimmen hören."
Wir traten hinaus. Er knöpfte den Pelz fest
zu, um der Novemberluft zu trotzen. Der Grey-
hound war über den Damm gesprungen und
stand in graziösester Position vor einem sehr
proletarisch aussehenden, schmutzigen Pintscher,
offenbar bereit, eine nähere Bekanntschaft ein-
juteite».
„Dandy, hierher!" rief Dagobert entrüstet
hinüber.
Der Hund sprang dem Ruf folgend über
den Damm. Da — da — schrecklich! Ein heran-
sausendes Auto hatte ihn gefaßt! Ein gellen-
der Schrei — und das Tier schleppte seinen
blutigen, zermalmten Hinterleib noch ein paar
Schritte über den Damm, um zu den Füßen
seines Herrn zu verröcheln.
Dagobert starrte wie geistesabwesend auf das
Phänomen, wankte und wäre auf seinen ver-
endeten „Dandy" gestürzt, wenn ich den Ohn-
mächtigen nicht in meinen Armen aufgefangen
hätte.
Als er wieder zu sich gekommen war, hals
ich dem noch an allen Gliedern Zitternden in
ein Auto, das ihn zu seinerWohnung führte.-
Am nächsten Tag erkundigte ich mich telepho-
nisch nach seinem Befinden. Eine weibliche
Stimme antwortete, ihr Mann sei noch sehr
angegriffen.
Auf meine Frage, ob ich ihm die gewünschten
Adressen für die Balkanhauptstädte zuschicken
sollte, erhielt ich die Antwort: „Mein Mann
läßt danken; aber er hat den Plan, auf den
Kriegsschauplatz zu gehen, endgültig aufge-
geben." —«— W
Die Erben.
Fünfzig fremde Kriegsschiffe ankern bereit»
am Bosporus.
Ein Kranker kam zum Sterben,
Der längst schon schwach und matt.
Nun sammeln sich die Erben
An seiner Lagerstatt.
's ist keine Totenfeier
Im schwarzgeschmückten Saal —
Die Adler und die Geier
Versammeln sich zum Mahl.
Die Adler und Geier krächzen
Und rufen andre herbei;
Zn des Erblassenden Ächzen
Mischt sich ihr ekles Geschrei.
Sie suchen in wildem Drang«
Sich schon die Bissen aus:
Sie wetzten ja schon lange
Die Schnäbel sich zum Schmaus.
Bald rauft sich um die Beute
Bei dieser Iusammenkunft
Die hungrig lauernde Meute:
Die — Leichenräuberzunst.
Lieber Wahrer Jakob!
Der vierjährige Nachbarssohn erzählte mir, daß
er zu seiner Freundin zur Kindtause gehe.
„Ei sieh," sagte ich zu ihm, „da hat also die
Johanna ein Brüderchen, und du hast noch immer
lein Schwesterchen!"
Worauf er erwiderte: „Na, da kann ich doch
nicht dafür!"
vermischte Anzeigen.
Empfehlenswerte Weihnachtsgeschenke!
Für Sultane, Schahs und andere Monarchen:
Das neueste Kursbuch.
Für Sozialpolitiker:
Kompottschüsseln
in allen Größen zu haben.
Für deutsche Staatsmänner:
Urnen
Wahl», Aschen- und Tränen-Urn-n
Für Kongo-Kolonisten:
Esetse-Zliegenfänger.
Für Streikbrecher:
Revolver
mit Garantieschein gegen gerichtlich« Verurteilungen.
Für alldeutsche Kriegshetzer:
Eisbeutel.
Proklamation des soeben vollzogenen Thronwechsels
in Nordamerika:
Yankees!
Euer republikanischer König Dollar ist tot — Cs lebe
euer demokratischer König Dollar!
gcz.: Prasident-Negent Wilson.
Heißgeliebter Weltfriede!
Unser gemeinsames „Stelldichein- mutz jetzt vorsichts-
halber für einige Wochen
nach Ronstantinopel
verlegt werden. Erkennungszeichen: je ein Panzer-
kreuzer im „Doldnen ljorn".
Deine ewig treuen Dräute,
die europäischen Grobmächte.
Danksagung.
Ich bedank« mich für das viele Gute, Edle, Schöne,
was mir in und durch Europa widerfahren if!; ich
wünsche ihm hundertfältige Frucht und ziehe mich still
getröstet In ein „besseres Jenseits" nach Asien zurück!
Der kranke Mann.