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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 32.1915

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https://doi.org/10.11588/diglit.8259#0043
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Albanien.

Essad Pascha sorgt dafür, daß die Balkanfragen nicht aussterben.

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Es sprach die Dortmunder Gemeind':

„O hoher Kirchenrat,

Betracht' den Traub nicht mehr als Feind!
llb' Gnad'!

Bedenk', daß er ein Deutscher ist
Und daß Burgfrieden herrscht zur Frist!"

Der hohe Oberkirchenrat
Sprach: „Mit Verlaub!

Das paßt nicht auf den Apostat,

Den Traub!

Wer nicht will wie der Kirchenrat,

Der geht verlustig aller Gnad'.

„Bei uns gibt's kein Versöhnen, nein!

Wir stell'n uns taub:

Wir können niemals nicht verzeih'n
Dem Traub.

Sei's auch der Wunsch des ganzen Land's —

Wir sind die höhere Instanz!"

Die Petrograder Telegraphenagentur verbreitet folgende sensationelle
Nachricht: „Der neu ernannte Generalgouverneur von Warschau hat als
erste Amtshandlung dem Feldmarschall Hindenburg das weitere Krieg-
führen in Polen als ruhestörenden Lärm untersagt. Damit dürfte der
russische Sieg über die deutschen Barbaren endgültig entschieden sein."

Zur Ergänzung dieser Nachricht berichtet das Bureau Reuter: „End-
lich ist den Niederländern die deutsche Brutalität zu arg geworden:
Holland bombardiert jetzt die deutsche Grenze und zwar mit den kugel-
runden, feurigroten Geschossen aus den berühmten Edamer Artillerie-
werkstätten." Ihr getreuer Säge, Schreiner und Landstürmer.

„In der Leimctt, in derÄeimat."

Immer noch hallt mir im Ohr der Sang,
Der mir in einer Augustnacht klang.

Kamen Jäger aus flinkem Rad,

Jeder mit Leib und Seele Soldat.

Junge Kerle, wohl hundert Mann,

Äatt' meine helle Freude dran.

Durch die Nacht Latern uin Latern
Blitzt' und flimmerte wie ein Stern.

And von den Lippen, da klang das Lied,
Allwärts gesungen, wo Kriegsvolk schied:

„Böglein im Walde, so wunderschön",
„Äeimat" und „freudiges Wiedersehn".

Singend verschwanden sie durch die Nacht —
Meine Gedanken sie hielten Wacht.

Ward mir innen so bang und zag.

Sah der flimmernden Schlange nach.

And nach wenigen Wochen schon
Kam die Liste vom Bataillon.

Mancher Name ein Kreuzlein trug.

Manches Äerze, das nicht mehr schlug.

Manche Lippe, die singt nicht mehr

Von der Äeimat und Wiederkehr. Ernst Klaar.

Vom Tage.

Die beschäftigungslos gewordenen deutschen
Getreidehändler beschlossen, um gemeindliche
Arbeitslosenunterstützung nachzusuchen und
ihren grundsätzlichen Standpunkt zum Reichs-
getreidemonopol durch Herrn Parabellum im
Staatsanzeiger der Republik San Marino
geltend machen zu lassen.

Die Zrühstücksrevolution.

kjerr kjuber baut fein Frühstücksbrot

Und brummt verdrießlich: „Schwerenot!

Tagtäglich wachsen die Sorgen

In dieser Zeiten Lauf:

klein frisches Brötchen am Ulorgen —

Oa hört doch alles auf!"

Fräulein Adele, das Töchterlein,

Stimmt flötend in das Ulaglied ein:

„Nicht Buchen, nicht Hörnchen soll's geben!
Und die Törtchen sind bald ein Traum!

Uann Deutschland denn wirklich so leben,
Papa?? Ich glaube es kaum!"

Und seufzend hört es die Mama,

Ihr Brötchen mühsam kauend: „Ach ja!
was hat,man von seinem Gelds?

Man könnte verzweifeln schier.

Ich glaube, die draußen im Felde

Haben es besser als wir...." <t.

Lieber Jacob!

Also mit det Aushungern is et Essig: bis
zu de nächste Ernte halten ivir allemal durch!
Denn jetz is endlich det janze Mehl un Je-
treide in't Deitsche Reich beschlagnahmt un
jeder kriegt bloß so ville davon ab, ivie er
neetig hat, un zum veraasen jibt et nischt. Un
wenn eener Kuchen verlangt, denn heeßt et:
„Ja Kuchen!" Un in de feinsien Familjen ivird
ejal K-Brot jepräpelt, wat sehr anjenehm
schmecken tut. Ick bin mit diesen Znstand sehr
einverstanden un stelle mit Befriedijung fest,
dat det Vaterland sich endlich >lff dem richtijen
Weje befinden tut, nämlich uff dem Weje zu
eenen Zukunstsstaat, >vo der Konsum josetzlich
jerejelt wird, >vie man sagt; det heeßt uff
deitsch: det eener den anderen nischt ivegfressen

darf. Un ooch uff de Moralität wird jetz
obrigkeitlich scharf injewirkt, >vat mir ebent-
falls sehr anjenehm beriehrt, indem ick längst
in det landsturmfreie un sittenreine Lebens-
alter anjelangt bin, wo eener schon nur Zehne
jerne in de Klappe kriecht un 'ne Abneijung
jejen Tanzlustbarkeiteit hat, wo der sittlich
reife Mensch mit seine steifen Beene keen Je-
fallen »ich mehr dran finden kann un ooch
selbst keen Jefallen »ich mehr errejen tut. Wat
meine vier Töchter sind, die denken ja nu
anders dadrieber. Ick habe die Mächens
deshalb neilich eene väterliche Ermahnung zu
teil werden lassen un se mit de Reese uff die
jroße Zeit jestoßen, wo wir jetz drinne leben,
un habe se von die englische Weiblichkeit erzählt,
dieeensojenannteSAmazonenkorpsjejrindethat
un Stechschritt iebt un demnächst jejen unsere
Truppen ins Feld zieheit >vird. Aber damit
hatte ick ivat scheenet anjerichtet: se erklärten
alle viere, wenn de Londoner Leedis aus-
ricktcn, denn ivollten se ooch mobil werden
un mit ihre vier Bräutijams Schulter an
Schulter fechten un nebenbei uffpasscn, det die
mit de englischen Missen keene Menkenke nich
machten! Ick bemiehte mir erjebenst, die
Mächens uff det Umveibliche ihrer Sehnsucht
hinznwcisen un se klar zu machen, det et in
de deitschen Schitzenjräben keene Abteilung
„For Damen" nich jibt aber se sahen det
allens partuh nich ein, un ick schmiß se schließ-
lich alle viere raus. Aber Sorjen inacht et
mir, wenn ick bedenke, wat for een iveibliches
Jeschlecht jetz unter die verrohenden Wirkungen
des Weltkriejes heranwachsen tut!

Womit ick verbleibe mit ville Jrieße Dein
jetreier Jotthilf Rauke,

an 'n Jörlitzer Bahnhof jleich links.
 
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