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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 32.1915

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https://doi.org/10.11588/diglit.8259#0187
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— 8743

Zur Tagung der rullMen Duma.

„Väterchen wünscht seine lieben sozialistischen Abgeordneten auch bei
der Eröffnung der Duma zu sehen, — hier sind die
Fahrkarten für die Hin- und Rückfahrt!"

M KovekMne. LT

Wie klang einst der Name weithin durch die Welt:
Garibaldi, der Freiheit stolzester Held!

Man hat ihn schon lange zu Grabe gebracht
Und hat ihn darauf zum Popanz gemacht.

EinKriegsschiffward mitdem Namen geschmückt,
Die D'Annunzio-Leute waren entzückt.

In Grund werde bohren, sie haben gemeint,
Der „Garibaldi" jeglichen Feind.

Doch kam für sie eine böse Stund',

Das Schiff liegt jetzt auf des Meeres Grund.

D'Annnnzio zieht nun ein schiefes Gesicht —
Garibaldi der Alte, der paßt zu ihm nicht.

Der „Rjetsch" meint, daß die Tage des Alkoholverbots in Rußland
bald vorüber sein würden. Das ist erklärlich: man hat dort so viel
Katzenjammer, daß man endlich auch mal einen Rausch haben möchte.

Die italienische Regierung verbot die Veröffentlichung der Todes-
anzeigen von Soldaten in der Presse. Solange sie nicht das Sterben
der Soldaten verbietet, wird man dort den „Druck" des Krieges doch
verspüren.

Man spüret jetzt den Wucher
Bei jed?m Schritt und Tritt;

Es schimpft das Volk gar mächtig,
Die Wuchrer schimpfen mit.

Das ist es, was dem Gauner
Noch immer übrigblieb,

Zn schimpfen und zu schreien
Am lautsten: „Haltet den Dieb!"

Die Westfälisch-Nnhaltische Sprengstoff-Aktiengesellschaft verteilte
fünfundzwanzig Prozent Dividende. Wenn nur die Aktionäre aus An-
laß dieses guten Ergebnisses nicht das — Platzen kriegen!

Ihr getreuer Säge, Schreiner und Landstürmer.

richten, die er mit sehr kummervolle Miene vor-
las, haben mir in eine schivermütige Stimmung
versetzt, und ich bitte Dir dahcr dringend, mir
umgehend mitzuteilen, wie es in Berlin aussieht.

Dein beängstigter Freund

August Säge jun., Garde-Grenadier.

?. 8. Irgendwelche Liebesgaben nehme ich
bis auf weiteres nicht entgegen, da ich Euch
in Eure bedrängte Lage nicht berauben möchte.
Sollten sich die englischen Zeitungsnachrichten
aber vielleicht nicht bewahrheiten, so würdest
Du mir mit eine Flasche Mampe sehr ange-
nehm berühren. _^_

Das praktische Denkmal.

Eine Berliner Firma empfiehlt Reiterdenkmäler mit
aufschraubbaren Feldherren.

Wie hat man's bei uns über Nacht
Doch gar so herrlich weit gebracht!

Ward sonst ein Denkmal wo bestellt
Für einen nationalen Äeld,

Schuf man es gleich von Kopf bis Fuß
Und weiht es ein mit Lochgenuß.

Doch heut'gen Tags ist man nicht so.

Man macht die Sache jetzt an gros!

Man macht den Sockel, macht das Pferd,
Doch — daß die Auswahl nicht verwehrt —
Wird ein beliebtes Leldenhaupt
Mitsamt dem Korpus aufgeschraubt.

So feiert man an jedem Tag,

Wozu man Lust verspüren mag;

Bald Mackensen, bald Beseler,

Bald Lindenburg, bald Läseler,

Bald Kluck in aller Seelenruh —

Und braucht ein Denkmal nur dazu!

And jeder Schöppenstedter Preist
Der neuen Zeiten neuen Geist
Und denkt: Wie praktisch ist das doch!

Und da bestreite einer noch.

Daß jeder Krieg ganz unbedingt

Der Menschheit mächt'gen Fortschritt bringt!

Lieber Jacob!

Also mit det Aushungern is et nischt - bet
muß doch allmählich ooch der dämlichste eng-
lische Lord bejriffen haben. Det Brot reicht
un det Fleesch ebentfallS, wenigstens for die,
die det ncetige Kleinjeld besitzen. Un jetz is
obendrein noch die neie jroßartige Erfindung
mit det Eiweiß jeinacht, det unsere Jelehrten
bekanntlich aus de pure Luft herzustellen ver-
stehen. Wie se det fertig kriejen, is mir aller-
dings schleierhaft, aber bet et meejlich is, kann
ick mir denken. Freilich hatte ick bisher in de
'Atmosphäre noch niemals nich wat Nahrhaftes
wahrjenommen, aber det lag an meine Un-
wissenheit, un jetz, wo ick ieber det wissen-
schaftliche Problem unterrichtet bin un weeß,
wo de Eier zu finden sind, betrachte ick de
Luft mit ville mehr Verständnis, un wenn et
mal 'n kleenen Wirbelwind jibt, denn freie ick
mir un denke: Siehste woll, det jibt 'n feines
Riehrei! Un wie mein Jingster neilich aus de
Sommerferien zu Hause kam, die er bei meine
Schwester an de pommersche Kiste verlebt hatte,
da wunderte ick mir janich weiter, det er um
jute zehn Pfündeken dicker jeworden war, denn
ick mußte aus naturwissenschaftliche Jrinde, det
det von die ville Sooleier herkommt, die der
Bengel aus die salzige Seeluft jeschluckt hatte.
Jetz verstehe ick ooch, woso de Berliner Hunds-

tagsluft immer so wat Merkwirdiges in sich
hat. Det schreibt sich nämlich von die ville faule
Eier her, die sor de Volksernährung nich recht-
zeitig sind verwendet worden. Det kann ja
nu nich mehr Vorkommen, indem det die be-
treffenden Bestandteile immer schon in den
frischen Zustand des Trinkeis aus de Luft
werden jepolkt werden, bevor det se bei die
Hitze stinkig jeworden sind. Ooch hat sich sor
mir jetz die sehr merkwirdige Tatsache enl-
rätselt, det jejenwärtig ville weniger Reden
jehalten werden als wie in de verflossene Frie-
denszeit. Det jeschieht nämlich aus Sparsam-
keitsrücksichten, verstehste, indem man sich an
die betreffenden Stellen sagte, det man mit
den kostbaren Stoff nich aasen derf, sondern
villemehr de Luft nnhalten muß. Ick freie mir,
det ick ieber alle diese Punkte Uffklärung je-
wonnen habe, un bemiehe mir nach Kräften,
mit die moderne Errungenschaft ooch meiner-
seits Schritt zu halten. Wie ick daher letzten
Sonntag mit meine Olle in unsere Lauben-
kolonie war, jab ick ihr dem eindringlichen
Rat, det se sollte ihre Hiehner abschaffen, weil
doch jetz de Eier aus de Luft jclegt werde»
un et nich mehr zeitjemäß is, diese Produkte
aus eine so veraltete Quelle zu schepfen. Aber
so ville Miehe wie ick mir ooch jab, belehrend
uff ihr einzuwirken - se bejriff mir nich un
wollte beileibe keene Bildung nich annehmen.
Wie jewehnlich behielt se wieder det letzte
Wort, un dieses Wort hieß wie jewehnlich:
Oller Quatschkopp!

Womit ick verbleibe mit ville Jrieße Dein
jetreier Jotthilf Rauke,

an '» Jörlitzer Bahnhof jleich links.

NedaktionSschlub 26. Juli 1915.
 
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