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Das frieüensgefpenft.
ftobelfpane. r©
Die Entente: Um Gottes willen, laßt den Kerl nicht rein — wir
müßten ja dann unsere Schulden bezahlen!!
Und immer wieder, bald dumpf, bald hell,
Rumpelt und rasselt das Kälberfell,
Querpfeifen quieken zwischen hinein —
So ziehn sie auf iu Rotten und Reihn.
Denn mehr und mehr und immer mehr
Müssen sich reihen ins deutsche Heer,
Stets stärker wird die Farbenschau:
Die Frauen schwarz und die Männer grau!
Noch immer holt mau aus Hof und Haus
Die Söhne, die Brüder, die Gatten heraus, —
Wann wird er enden, der furchtbare Krieg?
Wann winkt unfern Waffen der letzte Sieg?
Rußlands finanzielle Klemme ist vorbei: die Diebstahl- und Kor-
ruptionssteuer wird so reiche Erträge bringen, daß man sogar die
Juden von der geplanten Pogromsteuer befreien kann.
In England stehen Fabriken aus Mangel an Farbstoff still. Man
hat eben zu viel davon beim Färben der Kriegsberichte verschwendet.
Die Reichstagsinschrift „Dem deutschen Volke", über deren Schrift-
art sich die Gelehrten nicht einigen konnten, soll nach endgültiger Ent-
scheidung in Runen angebracht werden. Man will hierdurch dem
Volksempfinden, verkörpert durch die „Deutsche Tageszeitung", in
weitgehendem Maße Rechnung tragen.
EinKlub beschäftigungsloser Diplomaten hat sich in derHauptstadtNeu-
traliens gebildet. Er erfährt unausgesetzt neuen Zuzug aus allen Ländern.
Das Meer macht frei, sagt ein berühmter Dichter. Aber erst müssen
wir die Freiheit der Meere selbst haben.
Ihr getreuer Säge, Schreiner und Landstürmer.
Zwei neue Gegner.
Der Räuberhauptmann Musolino hat sich zum Eintritt
in die italienische, der Negerhäuptling Behanzin zum
Eintritt in die französische Armee gemeldet.
Musolino und Behanzin,
Tapfer, fromm und engelrein.
Traten jetzt, uns zu verderben.
In des Feindes Leere ein;
Zu dem Kreis der Alliierten
Fühlen sie sich hingezogen.
Opferfreudige Begeist'rnng
Lat sie zu dem Schritt beivogen.
Gleichwie Frankreich und Italien,
Treibt auch diese beiden nur
Edelmut und Freihcitsliebe
In den Kampf für die Kultur:
Sein erprobtes Räubermesser
Wetzt der eine ernst und still.
Und der andre fletscht die Zähne,
Weil er gern uns fressen will.
Froh grüßt Ioffre den Behanzin:
„Laß die Bruderhand dir reichen!
Unter meinen Kameraden
Triffst du viele deinesgleichen!"
„Brav, mein Räuber!" ruft Cadorna,
„Wir erobern das Trentino,
Dann erschließt du deinem Laubwerk
Reue Stätten, Musolino!"
Doch wir Deutschen sehen schmunzelnd,
Und in ungestörter Ruh
Dieser neuesten Vergrößrung
Unsrer Feindesscharen zu:
Ehrenmänner sind sie alle.
Und auf lumpige zwei Mann
Menschenfresser und Banditen
Kommt es wirklich nicht mehr an. Sulla.
Lieber Jacob!
„Unverhofft kommt oft," sagt der Volksmund.
Aber manchmal kommt et ooch noch janz an-
ders. Un bet von Rechts wejen. Also zuerst, wie
der Krieg anfing un de Franzosen un Engel-
länder jeschlagen wurden, da hieß et in Paris
un London: „Det macht jar nischt, denn de Ent-
scheidung fällt im Osten, wo sich de russesche
Dampfwalze in unwiderstehliche Jlanzleistun-
gen jejen Berlin bewegt und bei ihren Sieges-
zug bereits bis hinter Insterburg anjelangt is!"
Aber denn kam et uff eenmal anders, deDampf-
walze machte kehrt, un feen Mensch hätte es
for meejlich jehalten, det eene Dampfivalze
sonne impulsive Eilfertigkeit entwickeln kenne
wie de russesche, — aber in umjekehrte Rich-
tung. Un da hieß et denn uff eenmal: „Ach
wat, det is allens janz Wurscht! De Entschei-
dung fällt janz natierlicherweise im Süden,
sowie man bloß erst mal de Jtaljener werden
in 'n Weltkrieg rinjetreten sind." Un de Jtal-
jener traten in den Weltkrieg rin, aber ob det
Wetter ruhig war oder stirmisch oder warm
oder kalt oder trocken oder naß — se kamen
un kamen nich vorwärts un eene Entschei-
dung fiel nich. „Hat nischt zu sagen!" hieß et
da, „wartet man ab, bis Ioffre seine jroße
Offensive im Westen fertig hat! Da liegt der
Hund bejraben!" Na, de Offensive kam een
Mal, un se kam noch Mal un se kam zum
dritten Mal, aber de Entscheidung kam noch
immer nich. „Det habe ick jewußt" sagte der
Vierverband, „un wenn ick jemals sollte wat
anderes behauptet haben, denn habe ick mir
ebent falsch ausjequetscht. Denn det de Ent-
scheidung uff 'n Balkan fallen muß, det kann
een Blinder mit 'n Hiehnerooge fiehlen. De
Balkanvelkcr kennen ja schon jar nich mehr de
Zeit erwarten, det se sich Arm in Arm mit
die siegjewohnten russeschen, franzeeschen, eng-
lischen un italjenischen Heere uff det verfluchte
Deitschland stirzen derfen!" Un nu is et wirk-
lich uff Balkan munter jeworden, aber —
wie jesagt: Unverhofft kommt oft. De Buljaren
haben ihre leidenschaftliche Liebe for dem sieg-
reichen Vierverband sehr enerjisch zu bezähmen
verstanden un sichnichdetjeringstedavoumerken
lassen, un ooch de Jriechen un de Rumänen
scheinen von ihre jeheimen Herzensrejungen
bis jetz keenen Jebrauch nich machen zu wol-
len, un ick firchte, French un Ioffre werden
sich bald nach 'neu ueien Schauplatz for ihren
siegreichen Entscheidungskampf umkieken missen.
Mit den Jlobus sind se aber bald fertig, un
deswejen is die Vermutung nich' janz von die
Hand zu weisen, det se ihren Endtriumpf man
bloß noch uff ’n Monde werden feiern kennen.
Womit ick verbleibe mit ville Jrieße Dein
jetreier Jotthilf Rauke,
an 'n Jörlitzer Bahnhof jleich links.
(^eldpostbestellungen
\J aus den Wahren Jacob
werden gegen Einsendung von 10 Pfennig pro
Nummer, oder 65 Pfennig pro Vierteljahr,
jederzeit angenommen und pünktlich ausge-
führt durch die
Expedition des Wahren Jacob
Stuttgart, Furtbachstraße 12.
Um genaue und deutliche Angabe der Feldpostadressen
rvird gebeten.
Redaktionsschluss t8. Oktober 1915.
Das frieüensgefpenft.
ftobelfpane. r©
Die Entente: Um Gottes willen, laßt den Kerl nicht rein — wir
müßten ja dann unsere Schulden bezahlen!!
Und immer wieder, bald dumpf, bald hell,
Rumpelt und rasselt das Kälberfell,
Querpfeifen quieken zwischen hinein —
So ziehn sie auf iu Rotten und Reihn.
Denn mehr und mehr und immer mehr
Müssen sich reihen ins deutsche Heer,
Stets stärker wird die Farbenschau:
Die Frauen schwarz und die Männer grau!
Noch immer holt mau aus Hof und Haus
Die Söhne, die Brüder, die Gatten heraus, —
Wann wird er enden, der furchtbare Krieg?
Wann winkt unfern Waffen der letzte Sieg?
Rußlands finanzielle Klemme ist vorbei: die Diebstahl- und Kor-
ruptionssteuer wird so reiche Erträge bringen, daß man sogar die
Juden von der geplanten Pogromsteuer befreien kann.
In England stehen Fabriken aus Mangel an Farbstoff still. Man
hat eben zu viel davon beim Färben der Kriegsberichte verschwendet.
Die Reichstagsinschrift „Dem deutschen Volke", über deren Schrift-
art sich die Gelehrten nicht einigen konnten, soll nach endgültiger Ent-
scheidung in Runen angebracht werden. Man will hierdurch dem
Volksempfinden, verkörpert durch die „Deutsche Tageszeitung", in
weitgehendem Maße Rechnung tragen.
EinKlub beschäftigungsloser Diplomaten hat sich in derHauptstadtNeu-
traliens gebildet. Er erfährt unausgesetzt neuen Zuzug aus allen Ländern.
Das Meer macht frei, sagt ein berühmter Dichter. Aber erst müssen
wir die Freiheit der Meere selbst haben.
Ihr getreuer Säge, Schreiner und Landstürmer.
Zwei neue Gegner.
Der Räuberhauptmann Musolino hat sich zum Eintritt
in die italienische, der Negerhäuptling Behanzin zum
Eintritt in die französische Armee gemeldet.
Musolino und Behanzin,
Tapfer, fromm und engelrein.
Traten jetzt, uns zu verderben.
In des Feindes Leere ein;
Zu dem Kreis der Alliierten
Fühlen sie sich hingezogen.
Opferfreudige Begeist'rnng
Lat sie zu dem Schritt beivogen.
Gleichwie Frankreich und Italien,
Treibt auch diese beiden nur
Edelmut und Freihcitsliebe
In den Kampf für die Kultur:
Sein erprobtes Räubermesser
Wetzt der eine ernst und still.
Und der andre fletscht die Zähne,
Weil er gern uns fressen will.
Froh grüßt Ioffre den Behanzin:
„Laß die Bruderhand dir reichen!
Unter meinen Kameraden
Triffst du viele deinesgleichen!"
„Brav, mein Räuber!" ruft Cadorna,
„Wir erobern das Trentino,
Dann erschließt du deinem Laubwerk
Reue Stätten, Musolino!"
Doch wir Deutschen sehen schmunzelnd,
Und in ungestörter Ruh
Dieser neuesten Vergrößrung
Unsrer Feindesscharen zu:
Ehrenmänner sind sie alle.
Und auf lumpige zwei Mann
Menschenfresser und Banditen
Kommt es wirklich nicht mehr an. Sulla.
Lieber Jacob!
„Unverhofft kommt oft," sagt der Volksmund.
Aber manchmal kommt et ooch noch janz an-
ders. Un bet von Rechts wejen. Also zuerst, wie
der Krieg anfing un de Franzosen un Engel-
länder jeschlagen wurden, da hieß et in Paris
un London: „Det macht jar nischt, denn de Ent-
scheidung fällt im Osten, wo sich de russesche
Dampfwalze in unwiderstehliche Jlanzleistun-
gen jejen Berlin bewegt und bei ihren Sieges-
zug bereits bis hinter Insterburg anjelangt is!"
Aber denn kam et uff eenmal anders, deDampf-
walze machte kehrt, un feen Mensch hätte es
for meejlich jehalten, det eene Dampfivalze
sonne impulsive Eilfertigkeit entwickeln kenne
wie de russesche, — aber in umjekehrte Rich-
tung. Un da hieß et denn uff eenmal: „Ach
wat, det is allens janz Wurscht! De Entschei-
dung fällt janz natierlicherweise im Süden,
sowie man bloß erst mal de Jtaljener werden
in 'n Weltkrieg rinjetreten sind." Un de Jtal-
jener traten in den Weltkrieg rin, aber ob det
Wetter ruhig war oder stirmisch oder warm
oder kalt oder trocken oder naß — se kamen
un kamen nich vorwärts un eene Entschei-
dung fiel nich. „Hat nischt zu sagen!" hieß et
da, „wartet man ab, bis Ioffre seine jroße
Offensive im Westen fertig hat! Da liegt der
Hund bejraben!" Na, de Offensive kam een
Mal, un se kam noch Mal un se kam zum
dritten Mal, aber de Entscheidung kam noch
immer nich. „Det habe ick jewußt" sagte der
Vierverband, „un wenn ick jemals sollte wat
anderes behauptet haben, denn habe ick mir
ebent falsch ausjequetscht. Denn det de Ent-
scheidung uff 'n Balkan fallen muß, det kann
een Blinder mit 'n Hiehnerooge fiehlen. De
Balkanvelkcr kennen ja schon jar nich mehr de
Zeit erwarten, det se sich Arm in Arm mit
die siegjewohnten russeschen, franzeeschen, eng-
lischen un italjenischen Heere uff det verfluchte
Deitschland stirzen derfen!" Un nu is et wirk-
lich uff Balkan munter jeworden, aber —
wie jesagt: Unverhofft kommt oft. De Buljaren
haben ihre leidenschaftliche Liebe for dem sieg-
reichen Vierverband sehr enerjisch zu bezähmen
verstanden un sichnichdetjeringstedavoumerken
lassen, un ooch de Jriechen un de Rumänen
scheinen von ihre jeheimen Herzensrejungen
bis jetz keenen Jebrauch nich machen zu wol-
len, un ick firchte, French un Ioffre werden
sich bald nach 'neu ueien Schauplatz for ihren
siegreichen Entscheidungskampf umkieken missen.
Mit den Jlobus sind se aber bald fertig, un
deswejen is die Vermutung nich' janz von die
Hand zu weisen, det se ihren Endtriumpf man
bloß noch uff ’n Monde werden feiern kennen.
Womit ick verbleibe mit ville Jrieße Dein
jetreier Jotthilf Rauke,
an 'n Jörlitzer Bahnhof jleich links.
(^eldpostbestellungen
\J aus den Wahren Jacob
werden gegen Einsendung von 10 Pfennig pro
Nummer, oder 65 Pfennig pro Vierteljahr,
jederzeit angenommen und pünktlich ausge-
führt durch die
Expedition des Wahren Jacob
Stuttgart, Furtbachstraße 12.
Um genaue und deutliche Angabe der Feldpostadressen
rvird gebeten.
Redaktionsschluss t8. Oktober 1915.